Erst das Outfit, dann das Abizeugnis
Das Abitur ist fast geschafft, eine neue Lebensphase beginnt – wir waren mit drei Freiburgerinnen auf Shoppingtour für den Abiball.
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Knapp 35 000 Schülerinnen und Schüler haben in diesen Wochen in Baden-Württemberg ihre letzte, mündliche Abiturprüfung – danach wird gefeiert. Wir waren mit drei jungen Frauen in Freiburg auf der Suche nach dem perfekten Abiballkleid.
"Marilyn Monroe und Jacqueline Kennedy haben solche Kleider in den Fünfzigern getragen", sagt Lopez. "Dieses Jahr sind Teller-Röcke sehr modern." Seit 16 Jahren verkauft die 55-Jährige Abiballkleider. "Die Mädchen geben sich mit ihren Balloutfits jedes Jahr mehr Mühe. Die Kleider werden immer pompöser."
Dass der Abiball in den letzten Jahren größer geworden ist, hängt aus der Sicht von Soziologe Matthias Rohrer mit der wachsenden Eventkultur zusammen. "Wir haben einen starken Hype, was große Veranstaltungen betrifft", sagt der 29-Jährige, der am Institut für Jugendkulturforschung in Hamburg forscht. Doch es gibt noch einen weiteren Grund für den Balltrend: "Mittlerweile haben gerade junge Menschen einen überfordernden Alltag und Zukunftsängste, die sie ausgleichen wollen – zumindest für einen kurzen Augenblick", sagt Rohrer. Die Suche nach dem Besonderen, das Auskoppeln aus dem Alltag – da spiele der Abiball eine große Rolle.
Salomea hat ihr Kleid bereits an der Garderobe hängen, jetzt schaut sie sich eine pailletten-besetzte, goldene Abendhandtasche – eine sogenannte Clutch – an. Sie umgreift die Tasche mit ihren Fingern, betrachtet sie von jeder Seite. "Schön ist sie schon", sagt Salomea. "Ich weiß aber nicht, ob ich mir die noch leisten kann." Für das Balloutfit will jedes der drei Mädchen knapp 100 Euro bezahlen – weit weniger noch als der Durchschnitt.
"Man kann von ein paar hundert Euro sprechen, die Jugendliche für ihren Ball ausgeben", sagt Matthias Rohrer. "Der Abend soll perfekt sein, und das wollen die Jugendlichen, soweit es finanziell geht, umsetzen. Gerade bei jungen Frauen, bei denen das Kleid nicht gerade von H&M stammen sollte, wird es teuer."
Die drei jungen Frauen stöckeln in hohen Schuhen über den Teppichboden der Ballkleid-Abteilung. "Das Kleid ist mir zu kitschig", sagt Melina Brahm, die dritte im Bunde, und schaut an sich herab. Das Outfit soll figurbetont und elegant sein – ohne Rüschen oder Glitzer. Salomea wünscht sich einen Overall – ein Kleidungsstück, dass sie nach dem Abiball auch zu anderen Anlässen tragen kann. Die drei Mädchen fotografieren sich in ihrem Outfit – jede will fantastisch aussehen.
"Events aller Sorten bieten ideales Bildmaterial, das man in sozialen Medien zur Steigerung des sozialen Status nutzen kann. Diese Selbstdarstellung spielt beim Ballkleid eine wichtige Rolle", sagt Jugendforscher Rohrer.
Melina fühlt sich in ihrem Outfit unwohl – sie findet kein Kleid, das ihr gefällt. Die Mädchen schlendern mit leeren Taschen aus dem Modegeschäft in die nächsten Läden: erst zu Hallhuber und Breuninger in der Kaiser-Joseph-Straße, dann in die Boutique Paris Passion in der Herrenstraße. "Häufig kommen Mädchen rein, die die Kleider nur probieren und fotografieren wollen", sagt Greta Farago, Mitarbeiterin der Boutique. "Wir beraten alle Kundinnen ausführlich – und sie suchen die Kleider dann billiger im Internet". Das frustriert die Verkäuferin. Die Preisklasse ist in dem kleinen Fachgeschäft deutlich höher: Bis zu 900 Euro kann hier ein Kleid kosten. "Es gibt viele, die so teuer einkaufen", sagt die 44-Jährige. "Der Durchschnittspreis liegt bei 200 Euro für kurze und bei 300 Euro für lange Kleider." Das ist mehr, als Santina, Melina und Salomea ausgeben wollen.
Salomea ist entschlossen: Sie will zurück zu Kaiser. Sie will die Clutch kaufen. "Es ist normal, dass die jungen Mädchen zwei oder drei Mal kommen, bis sie sich tatsächlich entschieden haben", sagt Fabienne Lopez. Salomea ist beruhigt: Ihre Tasche wartet immer noch im Regal auf sie. Das Abi ist noch nicht in der Tasche – die Clutch für den Abiball aber gekauft.
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