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Zischup-Interview

"Es ist nie langweilig"

  • Marcel Pollex, Klasse 8d, Kolleg St. Sebastian & Stegen

  • Do, 10. August 2017, 11:56 Uhr
    Schülertexte

     

Der vom europäischen Forschungsrat ausgezeichnete Wissenschaftler Markus Roth arbeitet als Astrophysiker im Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik. Marcel Pollex aus der Klasse 8d des Kollegs St. Sebastian in Stegen hat ihn interviewt.

Markus Roth ist Astrophysiker und arbe...epenheuer-Institut für Sonnenphysik.    | Foto: Universität Freiburg
Markus Roth ist Astrophysiker und arbeitet für das Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik. Foto: Universität Freiburg
Zischup: Was ist eigentlich Helioseismologie und was macht ihre Forschergruppe?
Roth: Wir sind ein Forschungszweig, der zu der Astrophysik gehört. Wir beschäftigen uns damit, wie die Sonne und Sterne im Inneren aufgebaut sind. Wir führen also seismische Untersuchungen der Sonne und Sterne durch, ähnlich wie man den inneren Aufbau der Erde mit seismischen Messungen von Erdbeben zu erklären versucht. So versuchen wir mit Hilfe von Sonnenbeben und Sternbeben, die Wellen die dabei entstehen, zu nutzen, um zu sehen wie ein Stern und die Sonne im Inneren aufgebaut sind. Wir erfahren so, was im Inneren passiert.
Zischup: Wozu benötigt man diese Daten?
Roth: Um zu erfahren, wie Sterne und Sonne funktionieren, wieso die Sonne leuchtet, wo die Sonne unentwegt ihre Energie hernimmt, damit wir davon leben können. Hinzu kommt, dass dieser Energieausstoß von der Sonne sehr variabel ist, dies zieht sich zum Teil über Jahre. Sind diese Ausstöße zur Erde gerichtet, so können Satelliten davon betroffen werden, die dadurch in ihrer Funktion gestört werden. Bisher ist auch noch nicht ganz geklärt, welchen Einfluss die Sonnenaktivität auf das Erdklima hat.

Zischup: Das Kiepenheuerinstitut hat seit 1987 auf der Kanareninsel Teneriffa ein Sonnenteleskop. Inzwischen ist dort das größte Sonnenteleskop der Welt in Betrieb gegangen. Hat dieses neue Teleskop die Daten erbracht, die man sich von ihm erhofft hat?
Roth: Es sieht vielversprechend aus, dass wir die Daten von diesem Teleskop bekommen, die wir uns erhoffen.
Zischup: Wie unterscheidet sich das neue Sonnenteleskop von dem alten. Was kann es besser?
Roth: Das neue Sonnenteleskop hat einen Spiegel von vier Meter Durchmesser und ist somit deutlich größer als alle anderen Teleskope in Europa. Es kann die Sonne mit viel höherer Auflösung abbilden. Wir können damit auf der Sonne Details mit einer Größe von etwa 75 Kilometer erkennen.
Zischup: Die Amerikaner bauen zurzeit auf Hawaii für rund 300 Millionen US-Dollar das größte Sonnenteleskop der Welt. Das Kiepenheuerinstitut fertigt auch Teile dafür. Welche eigentlich?
Roth: Wir bauen für das Teleskop ein Instrument, mit dem man die Sonne in verschiedenen Wellen- längen beobachten kann. Das ist ein ganz trickreiches, technisches Instrument. Das nennt sich Filtergraph. Damit kann man die Sonne in verschiedenen Spektrallinien beobachten. Dafür müssen Extraspiegel gefertigt werden, die ganz glatt sind, damit man sehr präzise die Sonnenoberfläche untersuchen kann. Die Spiegel in unserem neuen Instrument müssen so extrem glatt sein, dass die Wellen auf dem Bodensee kleiner wären als ein halber Millimeter. Die Spiegel sind aber nur 25 Zentimeter groß. Es sind mit die glattesten Spiegel, die man zurzeit auf der Welt bauen kann.


Zischup:
Und wo werden die gebaut?
Roth: Die werden von Spezialfirmen für uns gebaut, und wir bauen diese Spiegel dann in unsere Instrumente ein.
Zischup: Für den Bau dieser Projekte hat das Kiepenheuerinstitut neue Räume bekommen?
Roth: Ja, dafür haben wir Extraräume in der Stadt angemietet, die wir entsprechend ändern mussten, damit wir ein Optiklabor haben, das sechs Meter hoch ist. Hierfür mussten wir ein Loch in den Fußboden stemmen, sodass wir bis in den Keller runterkamen. Dort haben wir unsere Arbeitsmaterialien aufgebaut. Das Instrument, das wir für Hawaii bauen, wird sechs Meter groß.
Zischup: Sie haben auch schon einmal nach ihrem Physikstudium für das National Solar Observatory in Tuscan, Arizona gearbeitet. Wie war das?
Roth: In den USA zu arbeiten war ein richtiges Abenteuer. In einem Land, das ich so nicht kannte. Alles war sehr aufregend. In den USA ist alles ein bisschen größer, alles ein bisschen freier. Ich fand es einfach toll, dort zu sein. Das Arbeiten selbst hat sich nicht groß von der Arbeit in Deutschland unterschieden.

Zischup: Würden Sie heute wieder Astrophysiker werden und Sonnenforschung betreiben?
Roth: Ja, ich denke schon. Also auf jeden Fall würde ich wieder in der Astrophysik landen.
Zischup: Was ist das Interessanteste an Ihrem Beruf?
Roth: Dass er so abwechslungsreich ist, denn in der Forschung ändert sich jeden Tag etwas. Man hat jeden Tag neue Aufgaben und man entdeckt ständig was Neues. Es ist nie langweilig, man ist viel unterwegs. Man sieht die Welt, reist viel, ist im Kontakt mit vielen anderen Wissenschaftlern aus aller Welt, lernt viele Kulturen kennen, das finde ich einfach toll. Meine Arbeit hat ein breites Spektrum und ist sehr abwechslungsreich.
Zischup: Wie oft sind Sie im Jahr auf Dienstreise?
Roth: Ich habe aufgehört zu zählen, aber ich schätze mal, dass ich so 15 bis 20 Mal im Jahr für jeweils eine Woche auf Dienstreise bin.

Zischup: Obwohl Sie vor rüber zwei Jahren ein neues Teleskop auf dem Schauinsland bekommen haben, ist da eigentlich niemand. Wieso ist das so?
Roth: Das neue Teleskop wird im Sommer für die Ausbildung der Studenten benötigt. Es ist ein Nachtteleskop, deswegen sieht man tagsüber auch nur selten jemand dort. Die Teleskope auf dem Schauinsland gibt es seit 1943, sie werden heute nur noch wenig genutzt. Der Schauinsland ist mehr oder weniger ein Museum geworden. Im Sommer findet dort einmal im Monat ein Tag der offen Tür statt. Dort kann man sich dann die Geräte aus den vierziger Jahren zeigen lassen. Diese Tage sind immer recht gut besucht, meistens kommen über 100 Leute.

Ressort: Schülertexte

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