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Faszinierend vielfältig: Flechten

  • Edwina Sereni, Klasse 9d, Kreisgymnasium (Bad Krozingen)

  • Fr, 16. Dezember 2022
    Schülertexte

Flechten sind überall – aber fast keiner bemerkt sie. Dabei könnten sie helfen, manche ökologischen und medizinischen Probleme zu lösen. Edwina Sereni hat sich über die Gewächse informiert. .

Die Flechtenart „Parmelia sulcat... ihren „Blättern“ wachsen.  | Foto: Edwina Sereni
Die Flechtenart „Parmelia sulcata” wächst neben etwas Moos auf einem Ast. Man sieht die Fruchtkörper der Flechte (kreisförmige Wucherungen), Apothezien genannt, in Haufen auf ihren „Blättern“ wachsen. Foto: Edwina Sereni
Flechten sind Meister der Luftreinigung. Sie sind für ihre Ernährung völlig von der Atmosphäre abhängig, da sie keine Wurzeln haben. Ihre Nahrung besteht aus Kohlendioxid, Wasser, Mineralsalzen und Sonnenlicht. Sie betreiben teilweise Fotosynthese, das heißt, sie geben Sauerstoff in die Luft ab, was uns bessere Luftqualität verschafft. Das bloße Vorhandensein bestimmter Flechtenarten ist ein Indikator für gute Luftqualität. Parmelia sulcata, die Sulcatflechte, ist einer dieser Arten.

Neben der Reinigung der Luft, die wir atmen, dienen Flechten, die oft mit Pilzen oder Moosen verwechselt werden, auch vielen Tieren wie Rehen, Vögeln, Schnecken und Nagetieren als Nahrung und Nistmaterial. Dies ist für viele Tiere im Winter lebenswichtig, wenn wenig andere Vegetation gedeiht. Einige Insekten haben sich sogar so entwickelt, dass sie wie Flechten aussehen. Sie verwenden das zur Tarnung, um sich vor Raubtieren zu verstecken. Ein ganz besonderer Fall ist die Florfliegenlarve, die sich tatsächlich mit Flechten bedeckt, um sich vor ihren Fressfeinden zu verstecken.

Außerdem schützen Flechten je nach Art ihr jeweiliges Substrat vor Erosion und extremer Verwitterung. Dies spielt eine große Rolle bei der Erhaltung von Bäumen und Felsen, auf denen sie oft wachsen. Flechten können an vielen Orten leben, an denen Pflanzen niemals zu finden wären, und sie haben eine sehr faszinierende Wirkung auf die Oberflächen, auf denen sie wachsen. Sagen wir zum Beispiel, es wachsen Flechten auf einem Felsen. Wenn die Flechten nass werden, dehnen sie sich aus und wenn sie austrocknen, schrumpfen sie wieder. Diese Hin- und Herbewegung weicht das Gestein nach einiger Zeit gerade so weit auf, dass Moos darauf wachsen kann. Das Moos wiederum schafft einen Lebensraum für bestimmte kleine Pflanzen und Unkräuter, die dann durch größere Sträucher und Büsche und schließlich sogar Bäume ersetzt werden. Das ist eine sehr langsame Abfolge, die ein Mensch in seinem Leben wahrscheinlich nicht beobachten kann, aber ökologisch betrachtet kommt sie einem Wimpernschlag gleich.

Flechten sind auch wirksame Antibiotika, die bei der Heilung von Atemwegs- und Nebenhöhlenentzündungen, Bronchitis, Lungenentzündung, Halsentzündung, Erkältungen, Grippe sowie Harnwegs-, Nieren- und Blaseninfektionen helfen können. Man spricht über eine bestimmte Flechtengattung namens Usnea, die zu den häufigsten strauchartigen Flechten in Europa gehört. Man kann Tee mit Usnea-Flechten aufbrühen, um Erkältungsheilmittel herzustellen.

In Südindien ist es sogar üblich, Flechten als Gewürze zu sehen, deren Geschmack als "erdig und würzig" beschrieben wird. Eine weitere menschliche Verwendung für Flechten ist als Zutat in Sonnenschutzmitteln.

Viele, wenn nicht alle Flechtenarten, haben eine verblüffende Toleranz gegenüber Strahlung, die helfen könnte, sich vor Sonnenstrahlen zu schützen. Tatsächlich konnte Circinaria gyrosa, eine der widerstandsfähigsten Arten, kürzlich in einem Experiment einer höheren Gammastrahlung als im Weltraum standhalten – ohne irgendwelche negativen Auswirkungen.

Aufgrund ihrer extremen Robustheit und Fähigkeit, in fast jedem Klima zu leben, sogar in der Antarktis, sind Flechten auf absehbare Zeit nachhaltig. Eine gewisse Verschmutzung von Flechten ist jedoch nicht unbekannt: Ende des 20. Jahrhunderts war die Hauptursache für die Verschmutzung von Flechten Schwefeldioxid, das von der Kohleindustrie und von Kraftwerken produziert wurde. Dadurch wurde die einzige Nahrungsquelle der Flechten, nämlich die Luft, effektiv vergiftet. Dennoch bleiben die Bemühungen der Menschheit, den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu minimieren, von Flechtengemeinschaften in weniger besiedelten Gebieten, wie am Rande von Städten und auf dem Land, nicht unbemerkt.

Ein weiterer nützlicher Aspekt von Flechten ist ihr Duft nach dem Austrocknen. Bestimmte Flechtenarten scheiden vor allem nach dem Austrocknen Geruchsstoffe aus, mit denen sie den Fraß verhindern wollen. Je nach Flechtenart können diese für uns Menschen sehr angenehm riechen, weshalb die jüngste Erfindung von Parfums und Deodorants auf Flechtenbasis immer beliebter bei Kennern wird. Aufgrund ihrer zusätzlichen antibakteriellen Eigenschaften werden Flechten in Japan auch in Zahnpasta und als Bestandteil von Mehltaubehandlungen verwendet.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 16. Dezember 2022: PDF-Version herunterladen

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