Feuer, Eis und ganz entspannte Stimmung rund um die Zelte

Ein Bummel über das Zeltmusikfestival / Auch jenseits vom Konzertprogramm gibt es auf dem Festivalgelände einiges zu entdecken und zu genießen.  

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Zelt-Musik-Festival 2005. Für mich als Freiburger Frischling natürlich eine Pflichtveranstaltung. Aber bevor ich mich ins Getümmel der Konzerte gestürzt habe, habe ich einen Abend auf dem Gelände verbracht, ganz ohne Programm – mich treiben lassen und dem Treiben zugeschaut. Es ist einer dieser Sommerabende, von denen man im Winter immer träumt: perfekte Temperaturen nach einem unerträglich schwülen Tag, ein leichter Wind, der um die Beine streicht, der Sternenhimmel ist klar und weit, die Straßen von ausgeh- und grillfreudigen Menschen bevölkert, alles scheint schon fast eine Spur zu perfekt.

Nachdem ich den ganzen Tag auf der Flucht vor der Hitze in geschlossenen Räumen verbracht habe, drängt jetzt alles nach draußen. Einen solchen Abend allein im stillen Kämmerchen zu verbringen, gehört verboten. Schönes Wetter allein reicht aber natürlich nicht aus, die zweite wichtige Grundvoraussetzung ist: eine Gruppe netter Menschen. Das Schneeballprinzip entfaltet glücklicherweise seine volle Wirkung, und unser Tross zieht los.

Eine Festivalgrundregel lautet: Vor den Spass haben Gott/das Schicksal/die Veranstalter eine halbe Odyssee gesetzt. Leider hat noch kein Festival der Welt auf dem Rathausplatz oder an sonst einem wenigstens halbwegs gut erreichbaren Ort stattgefunden. Aber gut, nach Rieselfeld wollte ich sowieso schon immer mal.

Der Weg von der Haltestelle zum Zeltplatz ist zwar dunkel, aber selbst ich, die ich doch sonst nachts vor meinem eigenen Schatten erschrecke, habe keine Angst. Könnte daran liegen, dass hier eine halbe Völkerwanderung stattfindet; eng umschlungene Paare, lachende Gruppen und Familien, alles drängelt sich auf dem Feldweg. Von hinten klingelt es pausenlos, die Fahrräder drängeln ungeduldig vorbei. Entgegen kommen einem die Familien, bepackt mit Buggys samt schlummernder Kinder. Ich wundere mich immer wieder, wie Kinder es schaffen, in den unmöglichsten Körperhaltungen entspannt zu schlafen. Das muss es ein ideales Training sein für Langstreckenflüge.

Die Karawane erreicht ihr Ziel; die bunten Lichter und Silhouetten der Zelte erscheinen – das Ganze wirkt fast ein bisschen orientalisch-märchenhaft. Verstärkt wird der Eindruck noch durch eine Gruppe von Feuerakrobaten, die mitten auf dem Platz ihre Show zeigen. Nach der Show gönne ich mir zur Abkühlung zunächst mal ein Eis bei "Jogo Eis". Hier verkauft Sandra Romanowicz, 37, selbstgemachtes Eis, eine Freiburger Spezialität. "Was möchtest du denn? Such dir was davon aus, ich mach es dir", sagt sie und deutet auf die ausgestellten Schälchen. Wie jetzt? Ich kann mir mein Eis selbst zusammenstellen? "Klar," lacht sie, als sie meinen verdutzten Gesichtsausdruck sieht. "Der Favorit bei Kindern ist Brause-Schokolade – aber du kannst dir natürlich auch eine Vitaminbombe aus Himbeere-Kiwi zusammenstellen", schlägt sie vor. Ich nehme Himbeere-Amaretto, ein bisschen "gesund" reicht. Schmeckt super, ich glaub, mir gefällt es hier. Nicht nur mir, denn erst beim Herumschlendern fällt auf, was das ZMF so einzigartig macht: Es sind weder die Fressbuden, die tausend kleinen Bühnen oder das Volleyballfeld. Es ist vielmehr die Atmosphäre, die sich aus der Zusammensetzung des Publikums ergibt.

Es klingt abgedroschen, ist aber wahr: Hier treffen alt und jung aufeinander, es herrscht eine entspannte Volksfestatmosphäre. An den Tischen sitzen sowohl ältere Ehepaare mit einem Glas Wein sowie kichernde Teenies mit einem Radler. Thomas, 20, war heute Abend mit seiner Mutter bei einem Fadokonzert und trifft sich jetzt noch mit seinen Freunden um "noch gemütlich was zu trinken"- sowas gäbe es bei Rock am Ring bestimmt nicht.

Die beiden Parkplatzwächter Jimmy "Tiger", 28 und Ali, 31, sind leider nicht ganz so entspannt - jobbedingt. "Wir haben gerade Pause, und müssen noch den ganzen Abend arbeiten," seufzt Jimmy, während er versucht, ein Stück Pizza in Rekordzeit zu verschlingen. "An manchen Tagen kann es schon mal lang werden – so bis um sechs, sieben Uhr morgens."

"Aber es macht trotzdem Spaß, ganz einfach deshalb, weil die meisten Besucher hier hinkommen, um einen schönen Abend zu haben, und deshalb selbst gut gelaunt sind", betont er, während er schon wieder auf dem Weg zu seinem Posten ist. Das gleiche erzählt auch Barry, amerikanischer Comedian, der mit seinen fünf Jahren ZMF-Erfahrung schon zu den Alteingesessenen gehört. "Das Freiburger Publikum ist das offenste und netteste überhaupt", schwärmt er.

Wir laufen weiter, entfernen uns vom Gewimmel, von den bunten Lichtern und setzen uns auf den Hügel. Unter uns erstreckt sich der bunte Teppich aus Lichtern, Buden und Menschen, aber hier oben ist es überraschend still. Ab und zu schweben Fetzen von Gelächter herauf, der Geruch nach gebratenen Würstchen und einzelne Musikklänge. Ich glaube, hier werde ich jetzt erst mal eine Weile bleiben.

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