Regionalgeschichte
Der Rümminger Friedrich Neff war bis zu seinem Tod ein glühender Verfechter der Revolution
In einem Gemälde hat der Historienmaler Friedrich Kaiser die Revolutionsjahre 1848/49 dargestellt. Zu sehen ist auch Friedrich Neff, ein junger, radikaler Revolutionär, der schließlich zum Tode verurteilt wurde.
So, 15. Jun 2025, 12:00 Uhr
Lörrach
Thema: Regionalgeschichte
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Auf dem Gemälde "Einzug der Freischaren unter Weißhaar in Lörrach" porträtierte Friedrich Kaiser auch den 26-jährigen Friedrich Neff. Eine zylinderförmige Studentenmütze auf dem Kopf steht er etwas verdeckt rechts hinter dem Revolutionsführer Gustav Struve. Als einer der wenigen schloss er sich in Lörrach dem Weißhaar-Zug an. Während der Revolution wurde Struve zu seinem Idol. Dieser wiederum schätzte Neffs Offenheit, Zuverlässigkeit und Organisationstalent.
Friedrich Neff wurde 1821 in Rümmingen geboren, einem Ort mit damals 200 Einwohnern. Er war das einzige Kind des Küfermeisters Jacob Neff, der auch als Gardist für die großherzogliche Domanialverwaltung tätig war, und seiner Frau Anna Maria Neff, geborene Scherer, die aus einer wohlhabenden großbäuerlichen Familie stammte. In Lörrach besuchte Friedrich Neff das Pädagogium, wo er französische Sprachkenntnisse erwarb. Auf Wunsch seines Vaters ließ er sich danach ebenfalls zum Küfer ausbilden. Während seiner Wanderschaft in der Schweiz, vor allem in Genf und Lausanne, perfektionierte Neff sein Französisch und kam in Kontakt mit freiheitlichen Ideen. In Aarau lernte er den liberalen Dichter und Pädagogen Heinrich Zschokke kennen, mit dessen Söhnen er sich anfreundete. Er beschloss, sich von Zschokke auf ein Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie vorbereiten zu lassen. Neffs verwitwete Mutter unterstützte diese Pläne und kümmerte sich in seiner Abwesenheit eigenständig um Landwirtschaft und Weinberge in Rümmingen. Während seines Studiums in Basel, Freiburg, Tübingen, Heidelberg und München verkehrte Neff intensiv in republikanischen Kreisen. Reisen führten ihn nach Paris, London und Brüssel, wo er dem Arbeiterführer Carl Schapper und Friedrich Engels begegnete. Den Kommunismus lehnte Neff jedoch ab.
Auch blutige Gewalt sei ein legitimes Mittel
Als Verfechter der Republik forderte er im März 1848 in einer Rede vor einer Volksversammlung in Lörrach die Abschaffung der Monarchie. Nach dem Scheitern des ersten Badischen Aufstands im April 1848 floh er in die Schweiz. Seine Mutter vermachte daraufhin in weiser Voraussicht ihr Vermögen offiziell einem ihrer Brüder, um es vor einer möglichen Konfiszierung zu bewahren. Beim folgenden Aufstand unter Struve im September 1848 war Neff als einer der Hauptanführer für die Beschlagnahmung der Gemeindekassen in Lörrach und anderen Orten zuständig, womit er sich viele Feinde machte. Als auch dieser Aufstand nach wenigen Tagen von Regierungstruppen niedergeschlagen wurde, floh Neff nach Birsfelden. Mit Johann Phillip Becker ließ er in Biel Schuldscheine zur Finanzierung der Republik drucken. In Basel publizierte Neff mit anderen führenden Revolutionären eine Rechtfertigungsschrift zum letzten Aufstand. In ihr spiegelt sich seine zunehmende Radikalisierung wider: Auch blutige Gewalt sei gerechtfertigt, um eine Republik durchzusetzen. Ironisch bezeichnete sich Neff als "roter Republikaner", so wie ihn die "Geldsäcke" beschimpften. Diese und weitere Pamphlete führten schließlich zu seiner Ausweisung. Einige Zeit lebte er in der Schweiz im Untergrund, bevor er nach Paris floh.
Bei Neff heiligte der Zweck die Mittel, wenn es um die Durchsetzung der Republik ging. "Um der edlen Menschlichkeit ihre Geltung zu verschaffen, müssen diejenigen, welche ihr im Weg stehen, vertilgt werden" ließ er in einer Exilschrift verlauten. Neff unterschied zwischen socialen Republikanern und politischen Republikanern, die nur herrschen wollten. Sich selbst bezeichnete er als "Socialdemokraten". Im Unterschied zu Struve verneinte er die Existenz Gottes und sah "im Socialismus und der Menschenverbrüderung" die wahre Religion der Liebe.

Zu Beginn des dritten Badischen Aufstands im Mai 1849 kehrte Neff nach Südbaden zurück, um als Kriegskommissar Freiwillige für ein Volksheer anzuwerben. Dies misslang, sodass er gezwungen war, deutsche Flüchtlinge in der Schweiz zu rekrutieren. Mit ihnen zog er nach Rastatt, um dort vereint mit dem Revolutionsheer gegen die preußischen Truppen zu kämpfen und die provisorische badische Republik zu verteidigen. Mitte Juni schrieb er seiner Mutter, dass viele Freunde gefallen seien und er sie darum beneide. Er glaube an einen Sieg. Die militärisch weit überlegenen Preußen beendeten jedoch bald die Revolution. Anfang Juli 1849 wurde Neff bei seinem Versuch, über Breisach nach Frankreich zu fliehen, an der Grenze verhaftet. Nach einmonatiger Haft verurteilte ihn ein Standgericht in Freiburg zum Tod. In seinem letzten Brief bat er seine Mutter, die Erinnerung an ihn und den Kampf für die Freiheit wachzuhalten. Diesen Wunsch erfüllte sie durch die Errichtung eines Grabdenkmals in Rümmingen. Einen Teil seines Vermögens sollte seine Mutter befreundeten Revolutionären und seiner Verlobten Anna Maria Frei in Rümmingen vermachen. Am Folgetag, dem 9. August 1849, wurde Neff in Freiburg erschossen.
In einer Schrift hatte Neff für die deutschen Staaten eine demokratisch-soziale Politik und "Bundesrepublik" gefordert. Mit der Gründung der BRD im Mai 1949 haben sich – 100 Jahre nach der Badischen Revolution – diese Ziele langfristig verwirklicht. Freiheit, Wohlstand und Bildung für alle sind für uns heute eine Selbstverständlichkeit.
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