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Fünf Juwelendiebe verurteilt

  • dpa

  • Mi, 17. Mai 2023
    Panorama

Es war ein dreister Coup mit Beute im Millionenwert. Dreieinhalb Jahre nach dem Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden sind fünf junge Männer aus einem Berliner Clan verurteilt worden.

Das Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes ...rosengarnitur (links) fehlt weiterhin.  | Foto: Rainer Weisflog via www.imago-images.de
Das Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes in Dresden vor dem Einbruch. Der Degen aus der Diamantrosengarnitur (links) fehlt weiterhin. Foto: Rainer Weisflog via www.imago-images.de
Das Dresdner Landgericht sprach die Männer aus dem Berliner Remmo-Clan am Dienstag der besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls mit Waffen, Sachbeschädigung und vorsätzlicher Brandstiftung schuldig. Das Strafmaß fußt auf einem "Deal". Ein 25-Jähriger wurde freigesprochen, er hat ein Alibi.

Für drei inzwischen 26, 27 und 29 Jahre alte Männer aus der bekannten arabischstämmigen Großfamilie verhängte die Strafkammer Haftstrafen von sechs Jahren und drei Monaten, fünf Jahren und zehn Monaten sowie sechs Jahren und zwei Monaten. Ein 24-Jähriger bekam vier Jahre und vier Monate Jugendstrafe. Dessen Zwillingsbruder sahen die Richter als Mittäter, er bekam fünf Jahre Jugendstrafe unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung.

Der Kunstdiebstahl aus Sachsens berühmtem Schatzkammermuseum am 25. November 2019 gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. Die Täter erbeuteten 21 Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von 116,8 Millionen Euro und verursachten über eine Million Euro Schaden, als sie einen Stromverteilerkasten in der Altstadt sowie in der Tiefgarage eines Wohnhauses ein Fluchtauto in Brand setzten, um Spuren zu verwischen. Der Freistaat hatte vor Gericht Schadenersatz in Höhe von fast 89 Millionen Euro geltend gemacht – für die zurückgegebenen, teils beschädigten und die noch fehlenden Schmuckstücke sowie für Reparaturen der zerstörten Vitrinen und am Museumsgebäude.

Die Angeklagten waren Monate nach dem Einbruch nach und nach bei Razzien in Berlin gefasst worden. Im Januar gab es eine Verständigung zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht. Bis dahin hatten sich die Männer ausgeschwiegen zur Sache. Im Dezember 2022 stellte die Verteidigung die Herausgabe der Beute in Aussicht. Kurz vor Weihnachten aber lagen nur 18 der 21 gestohlenen Schmuckstücke, teils beschädigt, auf dem Tisch einer Berliner Kanzlei.

Der Anfang Januar 2023 getroffenen Vereinbarung von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht stimmten vier der Angeklagten zu und verpflichteten sich zu "glaubhaften Geständnissen" und Befragungen – gegen verminderte Strafen. Was sie vor Gericht erzählten, fügt sich zu einem filmreifen Szenario.

Am Anfang stand demnach das Handyfoto vom "Dresdner Grünen", aufgenommen beim Schulausflug eines Kumpels ins Grüne Gewölbe, das einer der beiden jüngsten Angeklagten erhalten hatte. Die Idee wurde dann aber nach Besuchen im Neuen Grünen Gewölbe in der ersten Schlossetage als zu schwierig verworfen. Das rekonstruierte Juwelenzimmer im Erdgeschoss schien zugänglicher, zumal eine Aufsicht einem der Angeklagten versicherte, dass "die Steine echt sind" und ihm die Vitrine mit den "teuersten" zeigte.

Der Einbruch wurde über Monate vorbereitet, es wurden Autos, Kennzeichen, Handys beschafft. Bevor die Täter zuschlugen, fuhren mehrfach Teams nachts von Berlin nach Dresden und testeten die Sicherheitsanlagen am Residenzschloss. Mit einer hydraulischen Rettungsschere, wie die Feuerwehr sie benutzt, schnitten sie aus dem historischen Gitter vor einem Fenster, das der Fassadenscanner wegen eines Vordachs nicht erfassen konnte, ein Stück heraus und setzten es mit Klebeband wieder ein. Zu ihrer Verwunderung passierte nichts, obwohl das Schneiden "schon sehr laut war" oder sie vor der Fassade herumhüpften.

Am frühen Morgen des 25. November 2019 rasten die Männer erneut von der Bundeshauptstadt gen Süden – zu sechst. Ein 26-Jähriger setzte dort, mit Hilfe von Benzin in Kochtöpfen, zuerst einen Stromverteiler in Brand, um das Licht im Schloss zu löschen und die Alarmanlage außer Betrieb zu setzen – aber nur die Straßenlaternen gingen aus.

Der Hauptakt war dann Minutensache: Um 4.56 Uhr stiegen der mit 29 Jahren älteste Angeklagte und eine bisher nicht angeklagte Person ins Museum ein, schlugen mit einer Axt Löcher in die Vitrine mit den prächtigsten Preziosen und rissen heraus, was sie zu fassen bekamen. Nach kaum fünf Minuten waren sie wieder draußen, mit Schmuck aus Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro. Wenige Kilometer entfernt wechselten sie in das andere Auto, nachdem sie ihren Wagen in der Tiefgarage eines Wohnhauses in Brand gesetzt hatten, um Spuren zu verwischen – mit Erfolg.

Trotz des Deals blieben viele Details im Dunkel, auch weil die Verteidiger zur Bedingung machten, dass ihre Mandanten nicht zur Belastung Dritter verpflichtet sind. Diese nannten ihre beiden Mittäter nur "X" und "Y" und machten keine Angaben, wer die Tat plante. Wo die Beute versteckt worden war und was mit dem Rest ist, wüssten sie nicht. Die Rückgabe eines Teils der Juwelen ändert nichts daran, dass die Gesamtheit der Garnituren "wohl für immer zerstört ist", wie es der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel ausdrückte. Die wichtigsten Stücke fehlen. In Dresden glaubt kaum einer, dass sie wieder auftauchen.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 17. Mai 2023: PDF-Version herunterladen

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