Eishockey
Für den ERC Ingolstadt endet die Saison im Halbfinale nach einem Krimi
Das plötzliche Saisonende ereilt Hauptrundensieger Ingolstadt in der Verlängerung. Der Traum von der deutschen Eishockey-Meisterschaft endet jäh. Für den Kapitän ist das besonders bitter.
Christian Kunz (dpa)
Di, 15. Apr 2025, 18:15 Uhr
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Während die Fans der Kölner Haie nach dem Final-Einzug euphorisiert Karnevalsmelodien grölten, stützten sich die schwer getroffenen Ingolstädter Eishockey-Profis an der Bande ab. Nach einer kuriosen Halbfinal-Serie ist der Hauptrundensieger aus Oberbayern im Kampf um die deutsche Meisterschaft gescheitert. In einem Playoff-Krimi schockte Justin Schütz die Ingolstädter, nachdem diese selbst die Chance auf den Sieg in Köln hatten. Durch das 3:2 nach Verlängerung im sechsten Spiel entschieden die Kölner die Best-of-seven-Serie mit 4:2 für sich.
"Es ist immer schwer, gleich nach dem Spiel die richtigen Worte zu finden", haderte Kapitän Fabio Wagner. "Es war die ganze Serie der eine Fehler zu viel." Dabei hatte diese Serie mit einem 7:0 für den ERC begonnen. Der erwartete Selbstläufer ins Finale gegen Rekordmeister Eisbären Berlin blieb aber aus. Die Haie erwiesen sich als hartnäckiger Widersacher.

"Wir haben bis zum Ende dran geglaubt", sagte Wagner bei Magentasport. "Wir hätten uns heute noch mal zurückkämpfen können in die Serie." Für den Nationalspieler war die Niederlage vielleicht noch schmerzhafter als für die Kollegen. Nach elf Jahren verlässt der 29-Jährige die Ingolstädter. Spekulationen zufolge soll er in die bayerische Landeshauptstadt zum EHC München wechseln.
Zahlreiche Experten hatten dem ERC den großen Coup zugetraut
Das war nach dem jähen Ende aller Titelträume aber kein Thema. "Natürlich ist es sehr enttäuschend, auch für mich persönlich", sagte Wagner nach "elf tollen Jahren in Ingolstadt". Es sei bitter, dass "eine geile Saison" so ende. "Das Finale wäre ein Traum gewesen."
Zahlreiche Experten hatten dem ERC den großen Coup zugetraut. Erst recht nach der starken Hauptrunde. "Bei den Gegentoren haben wir den falschen Spielern leider zu viel Raum gelassen", analysierte Trainer Mark French nach dem Tiefschlag sehr sachlich.
Der Kanadier führte den Verein nach seiner Verpflichtung im Sommer 2022 auf Anhieb auf den zweiten Tabellenplatz, ins Playoff-Finale und in die Champions Hockey League. In der vergangenen Saison wurde French mit den Ingolstädtern Tabellenneunter und erreichte das Viertelfinale. Diesmal war das Halbfinale Endstation.
Vertrag von Ingolstadts Trainer ist trotz des Halbfinal-Aus bereits verlängert
"Ich brauche ein bisschen Zeit, um das zu reflektieren", sagte French. "In den Playoffs geht es um Momente, und wir hatten auch unsere." Man werde sicher auf die vergebenen Möglichkeiten zurückschauen, sagte der Trainer, dessen Vertrag im Dezember bis zum Ende der Saison 2026/27 verlängert worden war. Vor der Saisonabschlussfeier am Ostermontag stellte der 53-Jährige seinem Team auch ohne den Final-Einzug ein positives Zeugnis aus. "Wir wollten stolz darauf sein, wie wir aufgetreten sind, und ich bin stolz auf die Jungs und auf den Weg."
Der Sieg vor mehr 18.600 begeisterten Kölner Fans lieferte einen Vorgeschmack, was da für die Haie in der Finalserie gegen Titelverteidiger Eisbären Berlin noch kommen könnte – das erste Spiel findet am Gründonnerstag (19.30 Uhr) in der Hauptstadt statt. . "Natürlich wollen wir jetzt Meister werden. Wir sind im Finale. Du spielst Playoffs, um zu gewinnen. Wir wollen "All the Way" gehen und das Ding holen", sagte Justin Schütz. Der deutsche Nationalstürmer hatte das Match in der zehnten Minute der Verlängerung mit seinem Siegtor zum 3:2 gegen die Oberbayern entschieden.
"Wir nehmen die ganze Energie mit, wir saugen die auf. Wenn dich 18.000 pushen, kriegst du schon auf der Bank Gänsehaut", schwärmte Schütz und Haie-Kapitän Moritz Müller ergänzte: "So laut hört man die Arena selten. Viel Herz und Leidenschaft von allen."
Vierte Final-Teilnahme für Moritz Müller
Müller muss es wissen. Seit mehr als 20 Jahren spielt der 38-jährige Routinier in der Domstadt, bei den drei schmerzlichen Final-Niederlagen 2008, 2013 und 2014 stand er auf dem Eis. Die Sehnsucht nach dem ersten DEL-Triumph ist riesengroß. "Es waren harte Zeiten. Nach der letzten Finalniederlage 2014 ging es schon ein bisschen drunter und drüber", berichtete Müller und ergänzte: "Der Weg geht wieder nach oben. Das freut mich sehr."
Geht es sogar nach ganz oben? "Berlin ist auch eine der Top-Mannschaften der Liga über Jahre hinweg. Die wissen, wie das geht. Wir kommen da als Außenseiter hin und wollen uns natürlich nicht verstecken im Finale", so Müller.
Der achtmalige Meister fühlt sich wohl in der Außenseiterrolle. Als Hauptrunden-Sechster haben die Haie im Viertelfinale erst den Dritten Pinguins Bremerhaven ausgeschaltet, ehe der Vorrunden-Primus Ingolstadt dran war. Ein gutes Omen übrigens für die Rheinländer: Bei ihren letzten beiden von insgesamt acht deutschen Meisterschaften, nämlich 1995 und 2002, waren sie ebenfalls vom sechsten Platz aus in die Playoffs gestartet.
Der letzte Schritt soll nun gegen Top-Favorit Berlin folgen, der in den vergangenen vier Jahren dreimal den Titel holte. "Wer Meister werden will, muss an Berlin vorbei. Berlin ist das Nonplusultra der Liga", sagte Sportdirektor Matthias Baldys: "Im Finale traue ich uns definitiv etwas zu."
Das Team sei durch schwierige Phasen gegangen. "Das ist nicht am Reißbrett entworfen. So eine Mannschaft wächst über ein Jahr, so ein Erfolg wird nicht im August gemacht, sondern über das Jahr hinweg", so Baldys. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der finnische Trainer Kari Jalonen, der Ex-Bundestrainer Uwe Krupp vor einem Jahr ablöste. In seiner Heimat und in der Schweiz hat er bereits Meisterschaften geholt, nun soll es auch in Köln gelingen.
Einer, der aus der Ferne mitfiebert, ist der deutsche NHL-Starspieler Leon Draisaitl. "Ich drücke dem KEC alle Daumen. Für die Fans, für den Verein wäre das etwas ganz Besonderes", sagte der Topscorer von den Edmonton Oilers, der in Köln geboren wurde und bei den Haien in der Jugend seine ersten Tore auf dem Eis schoss.