Für die Großherzogin und das Schwarzwaldmädel

Wie die Kirschtorte und die Kuckucksuhr ist auch der Bollenhut ein Symbol für den Schwarzwald – obwohl er aus Schwaben kommt.  

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Ein Hut, viele Bollen   | Foto: Museum Vogtsbauernhof
Ein Hut, viele Bollen Foto: Museum Vogtsbauernhof
Sofort denkt man an den Schwarzwald, wenn man den Bollenhut sieht. Prächtig, rot, strahlend kennt man ihn. Doch, welche Geschichte steckt hinter ihm? Wie wurde ein Hut so berühmt? Warum gehört ausgerechnet er zu den bekanntesten Hüten der Welt?

Dass der Bollenhut national anerkannt wurde, haben wir zwei Berlinerinnen zu verdanken – Luise von Preußen, die 1856 Großherzogin von Baden wurde, und der Schauspielerin Sonja Ziemann. Luise von Preußen trug den Bollenhut als Entgegenkommen für die Schwarzwälder, während sie im Schwarzwald zu Besuch war. Ein Jahrhundert nach Luise von Preußen machte Sonja Ziemann den Bollenhut als Schwarzwaldmädel im gleichnamigen Film 1950 bekannt, diesen sahen circa 15 Millionen Menschen.

Im Schwarzwald des 19. Jahrhunderts wurden in den verschiedenen Gemeinden verschiedene Trachten getragen. Der Bollenhut ist in den drei Dörfern Gutach, Kirnbach und Reichenbach zu Hause. Aber – eigentlich ist der Bollenhut eine schwäbische Erfindung und wurde erst 1810 badisch. Der Grund: Als er erfunden wurde, waren die drei Orte, in denen er getragen wurde, noch schwäbisch. 1797 schrieb die herzoglich-württembergische Kanzlei die Dekoration der Strohhüte rot und schwarz vor – die roten Bollen waren für unverheiratete Frauen vorgesehen, die schwarzen für verheiratete Frauen. Anfangs waren die Bollen bescheidene Wollrösche. Auf Gemälden um 1870 wurden daraus jedoch stattliche Pompons.

Als Sonja Ziemann 1950 mit dem Bollenhut vor den Kameras posiert, ist dieser bereits vom Aussterben bedroht. Um 1900 soll es nur noch eine Hutmacherin gegeben haben, die Bollenhüte fertigen konnte – unter anderem auch, weil immer weniger Frauen eine Tracht trugen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es dann keine Bollenhutmacherin mehr. Trotzdem wählte 1951 der Staatspräsident Leo Wohleb den Hut als Symbol des Widerstandes gegen die Zwangsvereinigung mit Württemberg. Von ihm bekam der Maler Eugen Falk-Breitenbach den Auftrag, die Erbin der letzten Hutmacherin zu finden. Zwar fand er diese, aber Erzählungen nach wurde er von ihrem Hof verscheucht. Letztendlich war die Retterin des Bollenhutes seine Frau Emma Falk-Breitenbach. Sie zerlegte ein historisches Original und baute ihn nach. So konnte der Bollenhut als Zeichen für den Widerstand genutzt werden.

Damit der leichte Strohhut nicht unter der Last der 14 Bollen zusammenbricht, wird er eingegipst. Deshalb kann ein Bollenhut heutzutage bis zu drei Pfund wiegen. Früher wog er nur circa 500 Gramm. Bei einem Bollenhut kann man eigentlich nur elf Bollen zählen, allerdings sind es 14. Drei der Bollen werden nämlich unter den anderen elf versteckt. Diese 14 Bollen werden kreuzförmig an den Hut genäht. Die Bollen entstehen, indem man Wollgarn um eine mittig gelochte Kartonscheibe wickelt und anschließend rundherum aufschneidet. Erstmals trugen die Mädchen den Bollenhut an ihrer Konfirmation. Kleine Mädchen und alte Frauen trugen nur eine seidene Haube, die auch unter dem Bollenhut getragen wurde. Über die Bedeutung der Bollen und ihrer Anzahl ist nichts bekannt.

Der Bollenhut steht für den Schwarzwald genauso wie die Schwarzwälder Kirschtorte und die Kuckucksuhr. Heute wird der Bollenhut zusammen mit seiner Tracht an Feiertagen und an der Konfirmation in Gutach, Kirnbach und Reichenbach getragen. Und das alles nur dank Luise von Preußen, Sonja Ziemann, Leo Wohleb und Emma Falk-Breitenbach.

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