"Gelassen bleiben bei Gewusel"

ZISCH-INTERVIEW mit der Grundschullehrerin Anne Weh über den Schulhund Bailey und das Homeschooling in ihrer Klasse.  

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Lehrerin Anne Weh und ihr Hund Bailey, der gern mit ihr in die Schule geht.  | Foto: privat
Lehrerin Anne Weh und ihr Hund Bailey, der gern mit ihr in die Schule geht. Foto: privat

Ich, Zisch-Reporterin Theresa Allgeier aus der Klasse 4 der Hofackerschule in Freiburg-Waltershofen, habe ein Interview mit der Grundschullehrerin Anne Weh geführt. Sie unterrichtet eine vierte Klasse an der Tunibergschule in Opfingen. Seit zwei Jahren begleitet sie ihr Schulhund Bailey in den Unterricht.

Zisch: Wie ist es möglich, dass Ihr Hund Bailey Sie täglich in den Unterricht begleiten darf? Wurde er speziell ausgebildet?
Weh: Ja, Bailey ist dafür ausgebildet worden. Bereits im Alter von zehn Wochen habe ich ihn mit in die Schule genommen. So hat er das Klassenzimmer und die Kinder schon als Welpe kennengelernt und erlebt den Schulalltag als ganz normal. Eine Hundetrainerin hat uns in den ersten Monaten begleitet und beraten. Neben der normalen Hundeausbildung muss ein Schulhund vor allem lernen, geduldig zu sein und mit Gewusel und Lärm umzugehen. Dabei muss er stets ruhig und gelassen bleiben und auf sein Frauchen hören. Das ist eine große Herausforderung für einen Hund.
Zisch: Lenkt es die Kinder nicht ab, wenn Bailey im Unterricht dabei ist?
Weh: Manchmal lasse ich Bailey am Anfang der Unterrichtsstunde ein bisschen Quatsch machen. Er stibitzt mir dann zum Beispiel einen Gegenstand und hüpft damit durchs Klassenzimmer. Das lieben die Kinder und müssen dann immer sehr lachen. Aber er weiß auch genau, wann Schluss ist. Normalerweise döst Bailey während der Stunde still bei meinem Schreibtisch oder vor der Tafel. Manchmal gähnt oder grunzt er im Schlaf, das ist dann auch immer sehr lustig.
Zisch: Welche speziellen Aufgaben hat ein Schulhund?
Weh: Ein Schulhund ist in erster Linie einfach nur da und macht eine schöne Klassenatmosphäre durch seine Anwesenheit. Er ist geduldig, zutraulich und lieb zu den Kindern. So kann er sie aufmuntern oder sogar auch mal trösten. Ich hatte schon einmal den Fall, dass eine Schülerin aus einer anderen Klasse regelmäßig zu mir gekommen ist, um sich von Bailey trösten zu lassen. Es ging der Schülerin aus familiären Gründen sehr schlecht und sie konnte während der Schulzeit nicht lernen, weil sie so viel weinen musste. Dann kam sie zu mir und kuschelte für ein paar Minuten mit Bailey. Danach ging es ihr wieder besser und sie konnte in ihre Klasse zurückkehren.
Zisch: Was hat sich für Bailey durch die Pandemie im Schulalltag geändert?
Weh: Bailey ist jetzt nicht mehr so viel im Unterricht dabei. Das liegt aber auch daran, dass meine eigenen Kinder im Homeschooling sind und sich freuen, wenn Bailey bei ihnen zu Hause bleibt.
Zisch: Dürfen die Kinder ihn trotz der Hygieneregeln streicheln?
Weh: Ja, Hunde sind keine Überträger der Krankheit.
Zisch: Wie haben Sie selbst den Wechsel vom Schul- zum Fernlernunterricht erlebt? Was gab es für Herausforderungen?
Weh: Für mich ist der persönliche Kontakt zu den Kindern beim Unterrichten ganz wichtig. Ich möchte wissen, wie es den Kindern geht, und ob sie mit dem Lernstoff zurechtkommen. Auch geht es beim Lernen hauptsächlich um Motivation. Dabei ist es wichtig, den Unterricht so zu gestalten, dass er trotz der Anstrengung auch Spaß macht. Im Fernlernen ist es aber schwierig, die Kinder zu motivieren. Hier kann ich immer nur den Stoff vermitteln. Üben müssen die Kinder dann alleine. Ich kann mir vorstellen, dass das für sie auf Dauer ganz schön langweilig wird, auch weil die Klassenkameraden fehlen. Am Ende der Woche habe ich außerdem immer sehr viel Korrekturarbeit. Das macht mir keinen Spaß. Viel lieber würde ich zusammen mit den Kindern die Aufgaben besprechen. Das bringt den Kindern mehr, als wenn ich die Fehler in den Heften nur anstreiche.
Zisch: Ist es schwer, Mathe und Deutsch im Fernlernunterricht zu erklären?
Weh: Nein, eigentlich nicht. Ich nutze für Erklärungen Videokonferenzen. Die Kinder sind dabei in Kleingruppen eingeteilt. Dafür habe ich zwei Kameras. Über die eine kann man mich sehen und die andere funktioniert wie eine Tafel. Hier kann ich den neuen Lernstoff zeigen. Das funktioniert ganz gut. Ich finde Videokonferenzen gut, sie sind interaktiv und die Kinder können Fragen stellen, oder ich kann sie drannehmen – so wie im normalen Unterricht. Ich glaube, die Videokonferenzen machen den Kindern sogar ein bisschen Spaß – mir übrigens auch.
Zisch: Wie erleben es die Kinder, dass nur noch die wichtigsten Fächer unterrichtet werden?
Weh: Für mich sind alle Fächer wichtig. Deshalb gebe ich meistens auch in Musik und Kunst etwas auf. Allerdings fehlt mir beim Fach Musik im Fernunterricht das tatsächliche Musizieren. Hier kann ich nur Höraufgaben geben, das ist schade. Aber natürlich liegt der Schwerpunkt auf Mathematik und Deutsch. Ohne die Nebenfächer wäre das aber sehr einseitig.
Zisch: Was macht Ihnen an Ihrem Beruf trotz Corona besonders viel Freude?
Weh: Wenn ich am Ende der Woche – wir arbeiten mit Wochenplänen – die Ergebnisse zurückbekomme, bin ich oft überrascht über die tollen Ergebnisse und die Mühe, die sich viele Kinder gemacht haben. Es ist ein bisschen wie Weihnachten, wenn man dann spannende Geschichten, liebevoll gestaltete Plakate oder ausdrucksstarke Bilder zurückbekommt. Dann bin wirklich stolz auf meine Schüler, denn ich weiß, dass es für die Kinder im Augenblick auch nicht leicht ist.

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