Studieren gegen Stereotype
Was lernen und forschen Studierende in einem Master in Gender Studies an der Uni Freiburg? Zwei Student*innen erklären ihr Fach.
Männer weinen nicht und Frauen können nicht einparken: Das sind Stereotype, die in unserer Kultur weit verbreitet sind. Seit 2011 gibt es an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg den Masterstudiengang Gender Studies, in dem Student*innen lernen sollen, solche Sichtweisen zu hinterfragen.
Als relativ junge Wissenschaft gehören die Gender Studies auch in Freiburg zu den neueren Studienangeboten, erst seit 2011 bietet die Uni den zweijährigen Master an. Zwischen fünf und fünfzehn Student*innen fangen jedes Jahr damit an. Die meisten haben vorher eine Geisteswissenschaft studiert. "Es ist gut, eine Verankerung in einem Fach zu haben, weil der Studiengang so breit aufgestellt und ziemlich anspruchsvoll ist", sagt die Geschäftsführerin des Studiengangs, Marion Mangelsdorf. Deshalb sollten die Studierenden neben dem Interesse am Fach auch die Fähigkeit mitbringen, über den Tellerrand zu blicken und Spaß daran haben, sich mit der Vielfalt der Welt zu befassen.
"Das Geschlecht ist eine Selbstverständlichkeit, die in den Gender Studies entselbstverständlicht wird", sagt Stella. Es geht im Studium auch darum, zu überlegen, in wie weit diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten zu Diskriminierung beitragen können, etwa wenn Dinge als "typisch weiblich" oder "typisch männlich" betitelt werden.
Gender wird dabei aber nicht isoliert betrachtet, sondern als eine Schublade, in die Menschen anderen Menschen stecken – so wie auch Hautfarbe, Behinderung oder Religion eine Schublade sein können. "Ungleichverhältnisse aufgrund dieser Kategorien sind überall zu finden", sagt Marion Mangelsdorf. In den Lehrveranstaltungen werden ebendiese ausgelotet – und zwar fächerübergreifend: "Das ist ein Einblick in die Uni Freiburg, den bekommen viele andere gar nicht", sagt Balthazar. Es gibt beispielsweise zwei Ringvorlesungen, in denen Expert*innen aus verschiedenen Fachrichtungen, aus Geistes-, Sozial-, und Kulturwissenschaften und aus den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), über die Bedeutung von Gender für ihre jeweiligen Fachbereiche dozieren. Stella hat etwa im vergangenen Semester das Seminar "Wie wir lieben und begehren" besucht. "Das war spannend", sagt Stella. "Es ging darum, wie Geschlecht mit der Art, wie wir lieben, verknüpft ist."
So vielfältig wie der Studiengang sind auch die Berufe, die Absolvent*innen danach ergreifen. "Studierende lernen Visionen zu entwickeln und sich klar zu positionieren. Da ist eine Schlüsselkompetenz, die sehr gefragt ist", sagt Marion Mangelsdorf. Typische Jobs finden Absolvent*innen etwa im Personalwesen, in den Medien oder in der Öffentlichkeitsarbeit.
So weit sind Stella und Balthazar noch nicht, erst einmal steht die Masterarbeit an. Stella kann sich vorstellen dafür zum Thema Polyamorie zu forschen, der Liebe nicht zu einem Menschen (Monogamie), sondern zu mehreren. Dafür könnte man zum Beispiel Paare interviewen, die in nicht monogamen Beziehungen leben. Ein wichtiges Thema für Balthazar ist das Leben außerhalb der vorgegebenen Geschlechterrollen: "Was für mich in Frage käme, ist die Frage nach nicht binären Geschlechtern. Ich will darauf hinweisen, dass es nicht nur Männer und Frauen gibt." Balthazar ist nicht-binär und verwendet für sich selbst Es-Pronomen.
fairere Gesellschaft
Erkenntnisse der Gender Studies sollen die Gesellschaft offener und auf Ungleichverhältnisse aufmerksam machen. Balthazar findet das essentiell: "Das sind Themen, die uns alle betreffen. Es würde uns allen besser gehen, wenn es weniger Geschlechterstereotypen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gäbe."
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