Genügsame Kühe und artenreiches Grünland
Dass sich Landwirtschaft und Naturschutz ergänzen können, lässt sich beim Bruderhof oberhalb der Wutachmühle beobachten. Der Arbeitskreis Umwelt und Natur erklärt dort Hintergründe zu Biodiversität und Herdenschutz auf Weiden.
Steffen Schmidt
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Bei einem ersten Zwischenstopp geht eine Fettwiese nahtlos in ein artenreiches Grünland mit einer Vielzahl von Kräutern und Wildblumen über. Beide können und sollen zeitgleich vom Vieh beweidet werden – und das ist gut für den Magen-Darm-Trakt der Tiere, denn wenn neben der üblichen Kost noch der eine oder andere Wiesensalbei mit seinen Bitterstoffen im Menü vorkommt, unterstützt das die Verdauung und beugt dem Befall von Parasiten vor. Die Apotheke liegt also quasi neben der Speisekammer. Man nennt dies Weidemanagement.
Auch Schmetterlinge sowie zahlreiche andere Insekten und Kleintiere, finden hier ein Zuhause. Ein zwischen wilden Wiesen und alten Obstbäumen vorbeifliegender Grünspecht bedeutet, dass er mit dem Nahrungsangebot zufrieden ist.
Die Aufrechterhaltung dieser ausgewogenen und facettenreichen Flächennutzung übernehmen Fachkräfte: Circa 60 Schafe und 22 Mutterkühe plus Rinder beweiden das Gelände, da aufgrund seiner Topografie in der idyllischen, aber steilen Wutachschlucht der Einsatz von Maschinen erschwert wird. Schafe werden an abschüssigen Hängen eingesetzt, Kühe und Rinder an moderateren Stellen.
Die Auswahl des Nutzviehs muss gut überdacht sein – denn für eine Hochleistungskuh, die um die 10.000 Liter Milch pro Jahr produzieren kann, wäre laut Binninger das Futterangebot am Bruderhof zu gering. Daher setzt er auf die Rassen Angus und Limousin, die genügsam sind und unter den vorliegenden Gegebenheiten gute Ergebnisse in ihrer Produktivität erzielen.
Auch Herdenschutz ist ein Thema in einem Gebiet, das vom Umweltministerium als potenzielle Wolfsregion ausgewiesen wurde. Für das Ökosystem ist der Wolf relevant und wichtig, jedoch möchte jeder Landwirt sein Weidevieh verständlicherweise schützen. Binninger vertraut dabei auf geschätzt 13 Kilometer lange Elektrozäune, deren 8,4 Kilovolt stromführende Drähte mindestens 120 Zentimeter hoch und nicht mehr als 20 Zentimeter über dem Boden befestigt sein sollen. Der Grund hierfür: Wölfe bevorzugen das Durchkriechen eines Hindernisses, anstatt darüber zu springen. Insgesamt schirmen fünf parallel liegende Drähte die Weide vom Außenbereich ab. Sollte sich bei einem eventuellen Riss in der Herde eine Abweichung in den vom Umweltministerium vorgegebenen Parametern herausstellen, könnten Schadensersatzansprüche negativ beurteilt werden. Wie es sich in der Praxis gezeigt hat, ist es in diesem topografisch anspruchsvollen Gelände am Bruderhof jedoch mehr als eine Herausforderung, diese Vorgaben umzusetzen. Von daher muss eine praktikable und finanzierbare Lösung in Abstimmung mit der Politik erst noch erarbeitet werden.
Wer sich für die Idylle und die Symbiose zwischen Landwirtschaft und Naturschutz interessiert, kann sein Zelt nach Absprache auf dem Gelände aufbauen oder in einem der bereitgestellten Wohnfässer nächtigen. Binninger gibt Gästen in seiner Funktion als Biodiversitätspädagoge gerne Auskünfte über sein ambitioniertes Projekt auf dem Bruderhof.