Zischup-Interview

"Gott hat einen Plan für mich"

Josua Morgalla ist eigentlich ein ganz normaler, 21- jähriger Mann, der gerade die schriftlichen Abiturprüfungen hinter sich hat, wenn da nicht seine Hörschwäche wäre. Sofie Kubiak und Antonia Heisig haben ihm ein paar Fragen zu seinem Leben gestellt.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Josua Morgalla   | Foto: Privat
Josua Morgalla Foto: Privat
Zischup: Wie gehst du im Alltag mit deiner Hörschwäche um?
Morgalla: Inzwischen ganz normal. Es gibt Momente da muss ich immer nachfragen, oder mich genau konzentrieren beim Zuhören. Im Unterricht muss ich mich doppelt und dreifach anstrengen, um den Lehrer zu verstehen. Das kostet immer sehr viel Kraft und macht auch schnell müde. Aber sonst kommt es auch auf Situationen und Umstände an, da gibt es welche, da habe ich Einschränkungen und wiederum welche, wo ich kaum oder fast gar keine Einschränkungen habe.

Zischup: Glaubst du, dass du durch deine Hörschwäche Nachteile im Abitur hast oder eher nicht?
Morgalla: Im Abitur gibt es einen so genannten Nachteilsausgleich, den kann man aber auch so als Hörgeschädigter in den Schuljahren beantragen lassen (also nicht nur im Abitur). Weil ich sehr viel länger brauche als die anderen, Dinge zu überlegen, abzuwägen, aus dem Kopf aufzurufen und umzusetzen bekomme ich zusätzliche Zeit. Ich bekomme nochmal 30 Prozent der gesamten Klausur- oder Prüfungszeit dazu. Generell denke ich schon, dass ich Nachteile habe. Ich habe eine Pädagogin die mich seit der Oberstufenschulzeit unterstützt, auch rechtlich. Wir fanden heraus, dass mein Problem ist, dass ich sehr stark autodidaktisch veranlagt bin, das heißt, ich kann mich am besten konzentrieren oder lernen, wenn ich alleine bin oder eins zu eins unterrichtet werde. Das ist aber im Schulsystem nicht möglich. Wenn es also laut ist und ich beim Zuhören von einer Person zur anderen, dann wieder zum Lehrer umschalten muss, bringt mich das durcheinander und ich kann das nicht aufnehmen. Hin und wieder kommt es vor, dass ich von Fristen und organisatorischen Dingen nichts mitbekomme, wenn also nichts in den Kalenderplänen eingetragen ist. Also wenn jetzt in einer Pause plötzlich mit der Klasse irgendwas abgesprochen wird und das ganz schnell, dann kriege ich sowas nicht mit, und erfahre erst am Tag der Frist davon. Fragen geht ja nicht, weil ich ja nicht weiß, worum es ging und was wann los war. Das ist ja auch das Problem im Zusammenhang im Alltag, ich kann mich nur auf eine Geräuschquelle konzentrieren. Wenn ich also am Straßenrand stehe und mit jemandem rede und es fahren Autos und es gehen andere Leute an mir vorbei, dann kann ich mich nicht auf das Gespräch konzentrieren, weil mehrere Geräuschquellen da sind. Das Gehirn sagt dann zu mir: Alles, was ich höre, ist gleich wichtig! Ich kann also beim Hören Wichtiges von Unwichtigem nicht trennen.

Zischup: Wenn du die Möglichkeit hättest, wieder normal hören zu können, würdest du dann diese Chance nutzen oder nicht?
Morgalla: Klar, würde ich sie nutzen, meine beruflichen und privaten Träume und Ziele wären aber nach wie vor die Gleichen. Ich würde mich zum Beispiel intensiv weiter mit Musik beschäftigen. Wenn ich wirklich wieder normal hören könnte, würde ich sagen, dass ich die Möglichkeit habe, noch musikalischer und besser zu sein, als ich es bisher bin. Für die berufliche Zukunft wäre das natürlich auch sehr gut, einfach, was die Kommunikation untereinander angeht, wäre das ein riesen Vorteil. Ich würde die Möglichkeit aber auch als Zeugnis für viele Taube und Hörgeschädigte Menschen nutzen. Also es gibt viele große neue Türen, die sich dadurch öffnen würden. Es wäre ja blöd, wenn man eine solche Chance nicht nutzen wurde.

Zischup: Welche beruflichen und privaten Ziele hast du?
Morgalla: Mein Traum wäre, das Berufliche mit dem Privaten zu verbinden. Würde ich wieder normal hören, könnte ich zum Beispiel viel schneller neue Sprachen lernen und die vorhandenen verbessern. Also mein berufliches Ziel ist künstlerischer Art. Ich würde gerne 3-D-Design und Animation studieren, weil es mein Wunsch ist, christliche Animationsfilme, generell christliche Filme, aber eventuell auch Zeichentrickbücher zu machen. Privat würde ich natürlich gerne heiraten und Kinder haben, aber ich würde auch gerne Projekte machen, wie sich Jesus das vorstellt. Also Menschen, die in Not sind, helfen. Beispielsweise jedes Jahr nach Afrika für ein paar Wochen gehen und dort helfen, Häuser und Dörfer aufzubauen, oder sogar kleinen Kindern was beizubringen, unterrichten sowas in der Art. Aber dafür braucht es eine gute Grundlage im Leben.

Zischup: Was für eine Grundlage brauchst du für dein Leben?
Morgalla: Einmal eine finanzielle Grundlage, dann Beziehungen in der Gemeinde, Familie, zu Freunden, aber das Wichtigste ist die Beziehung zu Gott. Ohne das würden meine Träume und Ziele keinen Sinn machen. Ich denke, es ist das Gesamtpaket aus allem. Mann kann natürlich einfach drauf losgehen und auf der Straße irgendwelchen Menschen helfen, das geht. Aber ich will eine Struktur haben, es soll für mich eine alltägliche Sache sein, die wie das Atmen dazugehört. Das Schwierigste ist, dranzubleiben, sich zu überwinden.

Zischup: Du bist ja Christ: Hattest du mit Gott schon mal eine Auseinandersetzung, in der es darum ging, wieso genau du eine Hörschwäche hast? Und zu was für einem Entschluss bist du da gekommen? Glaubst du, dass Gott dich trotzdem gleich liebt wie die anderen Menschen, oder fühlst du dich anders?
Morgalla: Das ist eine gute Frage, es gab bestimmt schon einmal einen Moment, in dem ich mich intensiv damit auseinandergesetzt habe, warum es ausgerechnet mich trifft. Aber so wirklich gefrustet oder enttäuscht war ich nicht, ich habe mich an den Zustand gewöhnt, und es gibt ja Stellen in der Bibel, die darauf Antworten haben. Da gibt es ja sogar eine Geschichte in der Bibel, in der Jesus mit seinen Jüngern unterwegs ist und in der Stadt ein Gelähmter oder so ist. Die Jünger fragen ihn dann, ob der kranke Mann irgendeinen Fehler gemacht hat. Jesus heilt den Kranken und sagt dann, dass Gott in den Schwachen mächtig ist. Die ganze Bibel erzählt von Menschen, die unter Gott groß geworden sind, obwohl sie nicht viel hatten. Sie entsprachen nicht den Vorstellungen der Gesellschaft, um Großes wirken zu können. Gott hat aber immer den Stolz der Menschen sozusagen vorgeführt, indem er oft Außenseiter, schwache Menschen benutzt hat, um seine Gnade zu zeigen. Von daher denke ich: Ich weiß, dass Gott mich liebt, dass er einen Plan für mich hat und dass er mich benutzen möchte. Auch wenn es heißt, dass ich immer wieder benachteiligte Situationen erleben muss, die nicht immer schön sind aufgrund meiner Probleme mit der Hörschädigung.

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel