"Hier lebt man im Hier und Jetzt"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Melanie Kursawe über ihr Jahr in Peru.  

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Das ländliche Peru ganz traditionell – ein Mädchen und eine Frau in Tracht und mit ihren Lamas. Foto: Andrea Schiffner/privat

Nach dem Abitur hat es Melanie Kursawe ins südamerikanische Peru verschlagen. Dort macht sie in der Hauptstadt Lima ein freiwilliges, soziales Jahr. Das Interview führte Alexa Stein aus der Klasse 8d der Montfort-Realschule in Zell im Wiesental.

Zischup: Wie bist Du darauf gekommen, ein soziales Jahr in Peru zu machen?
Melanie: Nach der Schule ein Jahr ins Ausland, das war mir schon immer klar. Die Idee kam mir, schon als ich ganz klein war. Meine Großeltern sind immer viel gereist, und das hat mich fasziniert.

Zischup: Du warst erst auf der Realschule und hast trotzdem dein Abitur gemacht. Warum?
Melanie:
Am Anfang ging ich in die Realschule, weil ich die Realschulempfehlung hatte. Im Nachhinein finde ich, war es eine gute Entscheidung, da ich einfach super Lehrer hatte. So konnte ich immer mehr Ordnung in mein Schulleben bringen und habe auch mein Niveau gesteigert. Trotzdem war für mich eigentlich immer klar, dass ich nicht bei der Mittleren Reife bleibe, sondern Abitur machen will. Anfangs dachte ich, ich mache mein Abi einfach an einem ganz normalen Gymnasium. Dann habe ich erfahren, dass es eine Art weiterführende Schule gibt. Das sind dann drei Jahre, die angehängt werden. Es sind zwar statt zwei drei Jahre, aber das ist gut, weil alle Schüler dann auf ein Level gebracht werden. So ist es einfacher, bis zum Abitur zu kommen, als auf einem normalen Gymnasium. Deshalb habe ich dann das sozial-wirtschaftliche Gymnasium gewählt.

Zischup: Weshalb machst du dein soziales Jahr ausgerechnet in Peru?
Melanie:
Da meine Großeltern immer in Madagaskar waren, war anfangs meine Idee, nach Afrika zu gehen. In den letzten Jahren kam dann die Idee in mir auf, nach Südamerika zu gehen, auch wegen der Sprache. Eine Lehrerin von mir ist Venezolanerin, und so habe ich immer ein bisschen etwas von der südamerikanischen Kultur mitbekommen. So entstand immer mehr Interesse an Südamerika. Für Peru habe ich mich dann letztendlich entschieden, weil es ein Land ist, das ziemlich weit von der europäischen Kultur entfernt ist.
Zischup: In Peru wird ja Spanisch gesprochen. Wie hast Du Dich auf die spanische Sprache vorbereitet?
Melanie: Spanisch habe ich in Deutschland schon sechseinhalb Jahre gelernt, ohne zu wissen, dass ich später nach Peru gehen würde. Ich liebe die spanische Sprache. Dass in Peru spanisch gesprochen wird, sprach bei der Entscheidung natürlich für Peru. In ein Land, in dem portugiesisch gesprochen wird, also zum Beispiel Brasilien, wollte ich nicht. Ich wollte auf jeden Fall meine Spanischkenntnisse nutzen.

Zischup: Wie bist du in Peru untergebracht?
Melanie: Ich bin in einer Gastfamilie untergebracht. Sie wohnt in einem armen Stadtviertel von Lima. Die Familie besteht aus Mutter, Vater und deren zwei Töchtern. Die Kinder sind acht und vierzehn Jahre alt. Ihre Oma wohnt auch noch bei ihnen.

Zischup: Noch bist Du in Peru. Wie unterscheidet sich die Kultur dort von unserer deutschen Kultur?
Melanie: Die Kultur ist schon ziemlich anders. Die Menschen gehen anders miteinander um. Häufig wird viel offener und schneller geredet. Aber es werden auch einige Sachen verschluckt, die man in Deutschland direkt sagen würde. Die Essenskultur ist auch anders. Es wird mehr gegessen, in meinem Umfeld weniger Gemüse. Was Pünktlichkeit angeht, ist auch einiges anders. Hier ist es normal, zu spät zu kommen. Zum Beispiel bei einem Geburtstag: Man lädt die Gäste zu einer bestimmten Uhrzeit ein, rechnet aber nicht damit, dass die Leute pünktlich kommen. Die Ersten kommen rund drei Stunden später. Wenn man für andere Kulturen offen ist, lebt man sich schnell ein. Aber wie man die Kultur sieht, das ist, denke ich, Ansichtssache.

Zischup: Was wirst du aus Peru mitnehmen?
Melanie: Was ich aus Peru auf jeden Fall mitnehmen werde, sind ganz viele tolle Erinnerungen. An viele Erlebnisse oder an Menschen, seien es Freunde oder meine Gastfamilie. Rezepte auf jeden Fall auch! Ich hoffe, dass ich ein paar Rezepte in Deutschland machen kann. Allerdings werden mir die Zutaten teilweise fehlen. Ich wünsche mir, dass ich die Art zu leben mitnehmen werde. Hier denkt man nicht:
Was passiert morgen? Was passiert in einer Woche? Was passiert in einem Jahr? Hier lebt man im Hier und Jetzt. Ich kann nicht komplett so denken, aber in diese Richtung versuche ich mich schon ein bisschen zu bewegen. Auch die Art mit einem Job umzugehen, ist hier anders. Man wechselt schneller.

Zischup: Was machst du eigentlich in Peru? Wird das Jahr gesponsert? Jobbst Du?
Melanie: Ich arbeite für einen Freiwilligendienst. Das heißt, ich arbeite an einer Grundschule. Es sind Erst- bis Sechstklässler hier an der Schule, und ich gebe Deutschunterricht. Nebenbei unterrichte ich noch eine Jugendliche in Deutsch. Sie wird bald nach Deutschland gehen. Im anderen Unterricht helfe ich auch mit, da es viele Kinder mit Behinderungen oder Lernschwierigkeiten gibt. Die Nachmittagsbetreuung beinhaltet Backen, Spielen, handwerkliche Sachen und vieles mehr. Vor meinem sozialen Jahr musste ich Spenden zur Finanzierung sammeln. Sie wurden dann an eine Organisation geschickt. Von diesem Geld, das alle Freiwilligen in einen Topf werfen, werden die Flüge finanziert. Meine Gastfamilie bekommt etwas Geld. Monatlich bekomme ich etwas Taschengeld.

Zischup: Wenn du dich in Deutschland wieder eingelebt hat, was wirst du von Peru vermissen?
Melanie: Auf jeden Fall werde ich die tollen Menschen, die ich hier kennen gelernt habe, vermissen. Ich denke meinen Alltag auch. Man geht zur Arbeit, kommt wieder nach Hause und trifft Leute. Die Orte, an denen ich häufig war, werde ich vermissen. Die Kinder, die ich in der Schule kennengelernt habe, auch. Man gewöhnt sich an all das – und dann ist es plötzlich weg.

Melanie Kursawe (19) hat für ein Jahr in Perus Hauptstadt Lima gelebt.
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