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Rekordhoch

In Freiburg gibt es so viele Kirchenaustritte wie noch nie

Julia Littmann
  • Sa, 08. Februar 2020, 08:56 Uhr
    Freiburg

Freiburg verzeichnet schon lange hohe Zahlen bei den Kirchenaustritten, aber einen so plötzlichen Sprung wie 2019 gab es noch nie. Die Austritte lagen 24 Prozent über denen des Vorjahres.

Die Kirchen in Freiburg verzeichnen 1,6 Prozent Mitgliederschwund. Foto: Patrick Seeger
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Die Jahresstatistik des Freiburger Standesamtes für das Jahr 2019 weist für alle Bereiche recht ruhige Ergebnisse aus. Einzig einen Rekord habe man in diesem Jahr zu vermelden, erklärt Standesamtsleiterin Dominique Kratzer, und der ausgerechnet dürfte einige Bekümmerung auslösen: Mit 2034 Kirchenaustritten – bei 122 .544 Mitgliedern – fand gegenüber allen Vorjahren ein Riesensprung statt. Erstmals überstieg die Zahl der Kirchenaustritte in Freiburg damit die Zweitausendermarke – und lag im übrigen 24 Prozent über den 1642 Austritten des Vorjahres.

Einen Sprung wie diesen gab es noch nie

Diese Zahlen fallen aus dem Rahmen. Zwar verzeichnet Freiburg schon lange recht hohe Zahlen bei den Kirchenaustritten, aber einen plötzlichen Sprung wie diesen gab es noch nie. Etliche hundert Austritte vermerkt die Statistik zum Beispiel auch 1970 – Damals kehrten 756 Freiburgerinnen und Freiburger der Kirche den Rücken. 391 Menschen verließen damals die evangelische Kirche, 318 die katholische. Insgesamt liegt über die Jahre die Zahl derjenigen, die aus der katholischen Kirche austraten, dann aber immer über der Zahl der Austritte aus der evangelischen Kirche. Diese Diskrepanz erklärt sich schon aus den Mitgliedszahlen: Zu jeder Zeit ist die Anzahl der Katholiken in Freiburg bei weitem höher als die der Menschen evangelischen Glaubens.

Um also die überraschend hohe Zahl der Kirchenaustritte aus dem Vorjahr einordnen zu können, lohnt der Blick auf die aktuellen Mitgliedzahlen. Die katholische Kirche hatte mit Stichtag 31. Dezember 2018 genau 74 584 Mitglieder in Freiburg, die evangelische Kirche 47 960. Die Zahl der Austritte verteilte sich so: 1158 Menschen traten aus der katholischen Kirche aus, 872 aus der evangelischen.

Gegenüber den Vorjahren hat damit die evangelische Kirche eine höhere Austrittsquote zu verzeichnen als die katholische Kirche. Die am stärksten vertretene Altersgruppe unter denen, die aus der Kirche austreten, erklärt Dominique Kratzer, seien die 20- bis 30-Jährigen. Aber auch ältere träten aus der Kirche aus, so die Amtsleiterin, hin und wieder mit der Bemerkung, sie hätten den Austritt lange vorgehabt und kämen erst jetzt dazu. Warum allerdings Menschen die Kirche verlassen, müssten sie nicht erklären, so Kratzer, und nur wenige fühlten sich bemüßigt, Angaben dazu zu machen.

Ein statistisches Beben in den Neunzigerjahren

Wer überhaupt etwas zum Grund des Austritts sage, führe am ehesten finanzielle Überlegungen an, sagt Dominique Kratzer. Nach einem erkennbaren statistischen Beben in den 90er-Jahren bleibt die steil gezackte Kurve in den vergangenen zehn Jahren – parallel in beiden Kirchen – ohne weitere Erklärung. Diverse Krisensituationen trafen zwar meist zunächst die katholische Kirche, spiegeln sich aber nicht in unterschiedlichen Austrittsverhalten. Das – katholische – Konradsblatt hat bereits ungläubig nachgefragt, ob die Zahlen für 2019 tatsächlich stimmen. Vermutlich werde dieser Freiburger Statistikrekord, so Kratzer, beide Kirchen in Unbehagen versetzen.

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Ressort: Freiburg

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