Hilfe! Die Eltern sind entführt!

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Die zehnjährige Marlene schlägt sich tapfer: Jeden Morgen fährt sie stundenlang mit Fähre und Bus zur Schule, nachmittags jobbt sie im "Café zur glücklichen Ziege", dazwischen schmeißt sie ihren chaotischen Hippie-Eltern Flo und Mildred den Haushalt, während diese Marimba spielen und Muschelschmuck basteln. Wen wundert’s, dass Marlene nicht nur auf der kleinen Aussteiger-Insel Hornby als schräger Vogel gilt, sondern auch bei ihren Mitschülern auf dem Festland. Zu allem Unglück feiert die Kommune jetzt auch noch das Lichterfest Luminara – und dabei wird soviel Geld für Kerzen und Lampions verprasst, dass Marlene sich nicht einmal mehr weiße Schuhe für ihr Abschlussfest kaufen kann. Die braucht sie aber unbedingt, schließlich kommt Prinz Charles in der Schule vorbei, um die diesjährigen Schülerpreise höchstpersönlich zu übergeben.

Schon der Einstieg gelingt der mehrfach ausgezeichneten kanadischen Autorin Polly Horvath mit leichtfüßigem Witz: Hier die sympathischen Hippies, die wie sorglose Kinder in den Tag hineinleben, dort die vernünftige und zielstrebige Marlene, die den Laden am Laufen hält. Doch kaum ist man in diese seltsame Szenerie eingetaucht, schwenkt Horvath mit einem beherzten Hakenschlag zu Herr und Frau Hase, einem ausgesprochen verschrobenen Langohr-Paar, das sich nach dem Auszug seines zwölfköpfigen Wurfs in einer Spontanaktion ein Haus gekauft hat: Murmeltierfrei, vollmöbliert und direkt neben einem Schlosspark, in dem es sich wie in den Mümmel-Austen-Romanen wunderbar herumhoppeln lässt. Doch warum sind die ehemaligen Bewohner dieser Wunderhütte spurlos verschwunden? Und wurden Flo und Mildred gerade wirklich von vier sonnenbebrillten Füchsen im Trenchcoat gekidnappt oder hatten sie nur was Halluzinogenes in den Käsestangen?

Jedenfalls findet Marlene ihr Zuhause verwaist, auf dem Küchentisch ein mysteriösen Entführerschreiben und eine Karteikarte in Geheimschrift, übertitelt mit "Fanny Fuchs’ Dosenhasen und Nebenerzeugnisse", daneben das Bild eines Fuchses, der einen verzweifelt strampelnden Hasen in einen Dampfkochtopf stopft. Böse Vorzeichen! Höchste Zeit, Onkel Runyon aufzusuchen, schließlich ist der Kanadas bester Code-Knacker, fällt dann aber kurz vor Entschlüsselung der Karte prompt ins Fieberkoma.

In höchster Verzweiflung trifft Marlene im Park auf Herrn und Frau Hase, die eben beschlossen haben, Detektive zu werden und sich mit ihren frischgekauften Bogart-Hüten auch gleich begeistert in ihren ersten Fall stürzen. Und sich dabei leider als stümperhafte, wenn auch furchtbar nette Hasenherzen erweisen.

Im turbulenten Zickzacklauf folgt schräge Episode auf groteske Situation. Und während die drei sich noch mit nach Knoblauchbrot süchtigen Murmeltieren, überspannten Hasennachbarn und allerhand pfotenuntauglichen Fortbewegungsmitteln herumärgern, rauben Mildred und Flo ihren füchsischen Entführern den letzten Nerv. Eine herrlich verrückte Geschichte: mit so viel Fantasie, Situationskomik und zum Brüllen komischen Dialogen zusammengesponnen, dass jede Seite ein Vergnügen ist.
– Polly Horvath: Herr und Frau Hase – Die Superdetektive. Roman. Aus dem Englischen von Christine Buchner. Aladin, Verlag, Hamburg 2013. 224 Seiten, 12,90 Euro. Ab 8

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