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Ist doch alles gut

  • Mo, 29. Oktober 2018
    Rock & Pop

Plädoyer für Optimismus und Heiterkeit: Axel Bosses neues Album "Alles ist jetzt".

Axel Bosse  | Foto: Tim Brüning
Axel Bosse Foto: Tim Brüning
Der Gute-Laune-Bär des deutschen Pop hat wieder zugeschlagen. Auf seinem neuen Album "Alles ist jetzt" setzt Bosse, ein überaus positiver Zeitgenosse, den Umtrieben der Frustbürger seine guten Gedanken, Träume, die Liebe und diese Bosse-Grundhaltung entgegen, dass es halt verdammt geil ist, am Leben zu sein.

"Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht" singt Axel Bosse im Titelstück seines siebten Albums "Alles ist jetzt", und im Grunde ist damit schon eine Menge gesagt über die Platte. "Ich wollte ein helles und leichtes Album machen", sagt Bosse. Der unmittelbare Vorgänger "Engtanz" sei reichlich melancholisch und "eine ganz schön schwarzmalende" Sammlung von Songs gewesen, "deshalb hat es mich bei den neuen Liedern von Anfang an unbewusst hin zu mehr Optimismus und Heiterkeit gezogen".

Im Stück "Alles ist jetzt" selbst, so Bosse, gehe es um eines der Hauptübel unserer Zeit, nämlich um dumme, vom eigenen Leben frustrierte Menschen, die online wie offline ihren Hass weitergeben und am liebsten gegen Leute pöbeln, denen es vielleicht noch dreckiger geht als einem selbst, im Deutschland 2018 sind das nach wie vor die Geflüchteten. "Ich denke, es ist Zeit für jeden für uns und sogar für jeden Jugendlichen, der sich sonst nur um sein Instagram-Profil kümmert, aufzumucken und für die politisch gute Sache einzustehen." Wenn in einem Bosse-Song Minderheiten durch den veganen Kakao gezogen werden, dann solche, die das vertragen können, in "Robert de Niro" sind das Sojamilch-Trinkerinnen. "Ich selbst mag am liebsten Polizistenkaffee, starken, schwarzen Filterkaffee mit einem Schuss kalter Milch drin."

Die ganze Platte geht ziemlich nach vorne, genau das wollte Bosse: "Positive Songs werden ja gern als oberflächlich und naiv abgetan, während Melancholie schnell als große Kunst gilt." Doch das sei ein verbreiteter Irrglaube. "Es ist viel einfacher, eine Ballade zu komponieren als einen vernünftigen Uptempo-Song. Als ich damals in der Schule meine ersten Lieder schrieb, waren die alle ganz schrecklich traurig. Auch weil ich dachte, Schwermut zündet bei den Mädchen."

Er kennt keine Berührungsängste

Tat es dann aber nicht, und Mutmacher Bosse hat aus persönlicher Anschauung gelernt, "dass du dich am Ende gar nicht verstellen musst, wenn du jemanden findest, den du wirklich magst und umgekehrt". Der große Melancholiker, "der es nicht schafft, abends in den Supermarkt zu gehen", sei er sowieso nie gewesen. "Ich lebe schon ganz gern und ich mag Menschen, ich liebe Kommunikation."

Stilistisch kennt Bosse auf "Alles ist jetzt" wie gewohnt keine Berührungsängste. Auf "Augen zu, Musik an", seiner Liebeserklärung an die Musik als solche, holt er sogar die Disco-Kugel aus dem Keller. "Seit ich 16 bin", so Bosse, "versuche ich mein Glück als Musiker, manchmal ist das anstrengend, jahrelang konnte ich nicht davon leben, aber eigentlich ist es das Tollste, was es auf der Welt gibt. Deshalb war es höchste Zeit, einen Song zu schreiben, der dieses Gefühl preist, das man zum Beispiel beim Hören eines Tom-Petty-Songs hat, nämlich Glück." Mit seinem zwölf Jahre älteren Bruder durfte der kleine Aki schon früh auf Konzerte, Petty hat er zweimal gesehen, Sting, Springsteen ebenfalls. "Ich war kein verbissenes Geigerkind, aber ich habe sehr jung angefangen, Schlagzeug, Klavier und Gitarre zu spielen. Musik zu machen, war immer mein größter Traum."

Für manches Indie-Kid mag diese Musik zu gefällig, vielleicht auch zu beliebig, zu demonstrativ gut gelaunt und zu wenig abgründig sein, aber im Auto, auf Festivals, beim Kochen sind diese, etwas böse formuliert, energie- und lebenstrunkenen Alternative-Schlager kaum zu toppen. Bosse ist in der deutschsprachigen Musiklandschaft inzwischen ein großer gemeinsamer Nenner, mit "Engtanz" gelangte er vor zwei Jahren zum ersten Mal an die Spitze der deutschen Charts. Wenn Axel Bosse, der gern raucht und sich mit Tennis, Kung Fu und Fußball, so gut es geht, fit hält, am Schluss des Albums in der Klavierballade "Ich bereue nichts" darüber singt, wie er "voll wie ein Pferd" ist, kleine Würstchen auf dem Grill brät und von Frau, Tochter und Freunden umgeben ist, dann weiß man: Dieser Mann hat alles, wirklich alles, richtig gemacht. "Dass das Leben ziemlich in Ordnung ist, halte ich für ein Gefühl, das man sich ruhig mal zugestehen darf."

Bosse: "Alles ist jetzt" (Vertigo). Konzert: Sa, 24. Nov., Freiburg, E-Werk, 20 Uhr.

Ressort: Rock & Pop

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 29. Oktober 2018: PDF-Version herunterladen

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