Zischup-Interview
"Keine Angst, nach Afghanistan zu reisen"
Sophia Nazar, Klasse 8a, Kreisgymnasium (Bad Krozingen)
Fr, 28. April 2023
Schülertexte
Pascale Goldenberg ist Mitglied der Deutsch-Afghanischen Initiative, einer Hilfsorganisation in Freiburg, die sich vor allem für Frauen in Afghanistan einsetzt. Dazu reist Goldenberg regelmäßig selbst in das Land.
Zischup: Was genau ist das Stick-Projekt?
Goldenberg: Das ist ein Projekt für Frauen in zwei Dörfern Afghanistans. Die Frauen sticken, wann immer sie Zeit haben und der Haushalt es zulässt, und diese Stickereien werden dann verkauft. So können die Frauen Geld verdienen. Das ist sehr wichtig, da Afghanistan in einer großen wirtschaftlichen Krise ist. Als ich im Februar dort war, hat mir jede der Frauen, die ich gefragt habe, erzählt, dass sie die einzige ist, die Geld verdient. Söhne und Ehemänner sind alle arbeitslos.
Zischup: Wie ist das Projekt entstanden?
Goldenberg: Das Handsticken gehört eigentlich zur afghanischen Tradition, ist aber durch die Kriege in Afghanistan verloren gegangen. 2004 habe ich die Frauen motiviert, dass Sticken wieder aufzunehmen.
Zischup: Für das Stickprojekt sind Sie ja auch schon nach Afghanistan gereist, was haben Sie dort gemacht?
Goldenberg: Damit das Stickprogramm zufriedenstellend funktionieren kann und sich positiv entwickelt, ist es sehr wichtig, die Frauen regelmäßig zu treffen, um darüber abzustimmen, wie es weitergeht und andere Dinge zu klären. Die Stickerinnen haben auch immer wieder neue Ideen, die wir klären müssen.
Zischup: 2021 haben die Taliban in Afghanistan ja wieder die Macht übernommen. Welche Eindrücke haben Sie von Ihrer letzten Reise?
Goldenberg: Erst einmal muss man sagen, dass in der Stadt in Kabul ein anderer Lebensstil herrscht als in den Provinzen und anderen Städten. Ich persönlich habe wenige Veränderungen in Kabul selbst gespürt. Man sieht zwar weniger Frauen auf der Straße und es sind viele Parks und Einrichtungen, in denen sich Frauen aufgehalten haben, geschlossen, die Frauen liefen, als ich da war, aber oft ohne Männer und nur mit Kopftuch herum, wie es das Gesetz eigentlich verbietet. Aber auf dem Weg zu den Dörfern wurden wir immer wieder von den Taliban angehalten.
Zischup: Wegen den Taliban ist es jetzt als Frau wahrscheinlich gefährlicher als davor. Haben Sie Angst, nach Afghanistan zu reisen?
Goldenberg: Nein, ich habe keine Angst, nach Afghanistan zu reisen. Ich denke, wenn man Angst hat, dann sollte man das nicht tun. Es gab in Afghanistan vor der Machtübernahme der Taliban mehr Kriminalität. Das hat durch die Taliban tatsächlich abgenommen.
Zischup: Wie kann man Ihr Stick-Projekt unterstützen?
Goldenberg: Am besten ist es natürlich, die Stickereien zu kaufen, da die Stickerinnen davon leben. Auch Spenden helfen sehr.
Mehr Informationen über das Stick-Projekt und die DAI sowie Bilder der Stickereien der afghanischen Frauen findet man auf unserer Website: http://www.deutsch-afghanische-initiative.de