Keinen Dank für die Blumen

Lebewesen beim Sterben zuzuschauen, ist keine schöne Angelegenheit. Und das ist nur ein Grund, warum Sie mir bitte keine Blumen schenken sollten.  

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Foto: BZ-Grafik
Gewisse Dinge lassen sich im Leben einer Frau nicht verhindern. Geburt. Menstruation. Tod. Und dass sie früher oder später Blumen geschenkt bekommt. Und damit einhergeht die Erwartung, dass sie sich darüber freut. "Oh, was für ein schöner Strauß!", soll sie dann ganz verzückt ausrufen. Auch wenn sie innerlich denkt: Was soll ich denn bitteschön mit diesem Gemüse anfangen? Das kann ich noch nicht mal essen.

Blumensträuße bekommt Frau, wenn der Schenkende das Gefühl hat, es müsse etwas Festliches überreicht werden und er absolut keine Ahnung hat oder haben will, über was sich die Beschenkte freuen könnte. Zum Geburtstag, zum Muttertag, zum Ehejubiläum, zur Beförderung. Oder wenn ihr Mann etwas erreicht hat, zum Beispiel Bürgermeister geworden ist, und die dekorative Frau an seiner Seite dekorativ gewürdigt werden soll. Er kriegt den Wein, sie das Grünzeug.

Ich bewundere Floristinnen. Wie sie aus Blüten, Stängeln und Blättern anmutige Gebilde konstruieren, das ist schon echte Kunst. Bedenkt man die Sache aber genau, dann sind Sträuße eine Absurdität. Blumen werden gezüchtet, um dann von unterbezahlten Erntehelfern abgeschnitten zu werden, wenn sie kurz vor der Blüte ihres Lebens stehen. Da denkt man als Frau mal besser nicht allzu genau darüber nach. Dann schaut man ihnen beim langsamen Sterben zu. Oder auch nicht. Bei mir sterben sie einen einsamen Tod. Nachdem ich sie einmal angeschnitten und das obligatorische Päckchen Dünger mit Wasser in meinen Weinkühler gegeben habe (nein, ich besitze keine Vase), stehen sie auf dem Wohnzimmertisch und werden nicht mehr weiter beachtet. Ich bin zu selten zu Hause, um meinen Blick auf die Blumen schweifen zu lassen, und immer wieder verzückt auszurufen: "Was für ein schöner Strauß!" Ich bemerke sie erst wieder, wenn sie traurig ihre Blütenteile abwerfen oder das Wasser komisch riecht. Romantisch ist das nicht.

Natürlich, Sie haben Recht: Nicht die Blumen sind das Problem, sondern mein ignoranter Umgang damit. Wer mir Blumen schenkt, will mir eine Freude machen. Wirklich? Oder macht er es einfach nur, weil man das halt so macht? Ich will keine Geschenke, weil sich das so gehört. Dann lieber nichts. Oder Wein. Wobei nee. Lieber keinen Wein als schlechten Wein. Pralinen mag ich auch nicht so besonders. Also lieber nichts.

Ich bin weiblich genug erzogen worden, um so zu tun, als würde ich mich über Blumen freuen. Nur eines sollten Sie niemals, wirklich nicht und unter keinen Umständen tun: Blumen zum Frauentag schenken. Damit offenbaren Sie, dass Sie sich keinen einzigen Gedanken gemacht haben. Weder über den Anlass noch über die Wirkung Ihres Geschenks. Blumen sind manifestierter Antifeminismus. Und jetzt höre ich schon wieder das leise Wehklagen der Männer. "Was sollen wir nur schenken? Wir meinen es doch nur gut!" Nun, ich habe einen Tipp für Sie: ehrliche Aufmerksamkeit. Ich garantiere Ihnen, dass das bei jeder Frau gut ankommen wird.

PS: Tut mir leid wegen des Ohrwurms, den sie jetzt wegen der Überschrift haben. Immerhin ist es Udo Jürgens. Es hätte schlimmer kommen können. Nicht wahr, Herzilein?
Schlagworte: Udo Jürgens
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