ESC
Kontroversen, Klänge, Klicks: zum Mitreden beim ESC
Der Eurovision Song Contest ist das meistgesehene Musikspektakel der Welt. In diesem Jahr kommt es aus Basel. Was man wissen muss.
Christiane Oelrich (dpa)
Fr, 16. Mai 2025, 5:00 Uhr
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Basel (dpa) - Der Eurovision Song Contest (ESC) in Basel ist ein Spektakel der Superlative: Mit mehr als 160 Millionen Zuschauern ist es das größte Musikspektakel der Welt. 37 Länder kämpfen am Samstagabend ab 21.00 Uhr in der St. Jakobshalle um die Siegestrophäe.
In der Schweizer Stadt direkt an der deutschen Grenze ist seit Tagen Rambazamba mit Live-Bühnen, Quiz- und Fernsehshows direkt aus der Fußgängerzone und ESC-Selfieboxen für schräge Fotos mit viel Glitter. Bei bestem Wetter tanzen die ESC-Fans bis in die Nacht. Basel rechnet mit einer halben Million Besuchern, auch wenn nur rund 60.000 live bei den neun Shows dabei sein können. Was man wissen muss, um mitreden zu können:
Wer ist der umstrittenste Act?
Wie 2024 in Malmö ist das der Auftritt Israels. Wegen des Gazakriegs mit mehr als 50.000 Toten protestieren viele Menschen dagegen, dass Israel teilnimmt, darunter auch 70 frühere Teilnehmer. Sie schrieben in einem offenen Brief, Russland sei 2022 auch ausgeschlossen worden wegen des Überfalls auf die Ukraine. "Wir akzeptieren diese Doppelmoral gegenüber Israel nicht", schrieben sie. Ähnlich äußerten sich Sender und Politiker in Spanien, Island und Slowenien. Es sind in Basel vereinzelt palästinensische Flaggen zu sehen, größere Zwischenfälle gab es aber anders als 2024 in Malmö bislang nicht.
Israels Sängerin Yuval Raphael (24) hat die Anschläge in Israel von Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 als Besucherin des Nova-Musikfestivals überlebt, stundenlang versteckt unter Leichen, wie es heißt. In ihrem Song "New Day Will Rise" geht es um Verlust und Hoffnung. Israel ist beim ESC mit vier Siegen bis heute doppelt so erfolgreich wie Deutschland. Zuletzt gewann 2018 Netta. Israel darf als Mitglied der Europäischen Rundfunkunion (EBU) teilnehmen. Die EBU richtet den Song Contest aus.
Wen schickt Deutschland ins Rennen?
Die Geschwister Abor (26) und Tynna (24) aus Wien haben die deutsche Vorentscheidung gewonnen und bekommen Lob aus sehr berufenem Munde: "Ein unglaublich starker Act", sagt Nemo, 2024 siegreich für die Schweiz, der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist ein Sound, bei dem es einfach Spaß macht mitzusingen. Ich habe das Gefühl, Top 10, das könnte wirklich drin liegen."
Abor &Tynna, mit bürgerlichem Namen Attila (26) und Tünde (24) Bornemisza, treten mit dem Popsong "Baller" auf. Darin geht es um die Wut einer Verlassenen. Kein Wunder, dass die beiden dazu nicht so eine zündende Fröhlichkeit wie einst Lena beim deutschen Sieg 2010 mit "Satellite" an den Tag legen. Textprobe: "Ich baller’ Löcher in die Nacht" und "Ich krieg wieder diesen Drang, ich will den Weltuntergang". Sie singt, er spielt Cello.
Was macht Schweden zum heißesten Favoriten?
Die Schweden treten mit einem Spaß-Trio aus Finnland an. Die Gruppe KAJ frönt mit ihrem Spaßsong "Bara bada bastu" (Einfach in die Sauna gehen) genau dem: dem Saunagang. Sie haben tief in die Trickkiste der Ohrwürmer gegriffen: mit Mitgröl-Parollen wie "Ohhh-ee-oh-ee-oh-ee-ohhh" und "Saunaaaaa", garniert mit lustigen Tanzmoves im Saunahandtuch.
Bei Wettbüros liegen die drei seit Wochen vorn. Ebenso ganz oben stehen Österreich mit dem Countertenor JJ, der auf einer Schiffsattrappe vor Bildern eines tosenden Ozeans singt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes in den höchsten Tönen. Dabei geht es um vergebene Liebesmüh. Die Niederlande mit Claude, gebürtig im Kongo, mit dem seichten Schlager "C'est la vie" ist in den Favoritenkreis gestoßen, wo sich auch Frankreichs Louane befindet. Sie besingt auf der Bühne in einem Haufen Sand ihre verstorbene Mutter.
Warum Basel?
Weil jeweils das Land den Wettbewerb ausrichten darf, das im Jahr davor gewonnen hat, Basel also wegen Nemos Sieg in Malmö. Nemo tanzte damals auf einer drehenden Scheibe. Er glaubt, dass das Eindruck gemacht hat: Die Bühnendarstellungen seien dieses Mal so gut wie nie und Nemo sieht sich ein bisschen "als Inspiration für die anderen."
Was ist neu beim ESC in diesem Jahr?
Weil es in Malmö Spannungen auch hinter der Bühne mit Anfeindungen gegen die israelische Teilnehmerin gab, gibt es jetzt unter anderem Rückzugsräume hinter der Bühne und Zonen, in denen nicht gefilmt werden darf. Neu ist auch das Reglement für Flaggen und Symbole: Auf der Bühne dürfen nur noch Landesflaggen gezeigt werden, im Publikum dagegen alles, was nach Schweizer Gesetz nicht verboten ist. Pro Person ist eine Fahne im Höchstmaß ein Meter mal 70 Zentimeter erlaubt.
Welche Länder machen mit?
Der Wettbewerb findet zum 69. Mal statt. 37 Acts sind am Start. Sechs sind für das Finale gesetzt: neben dem Titelverteidiger auch Deutschland, Großbritannien, Spanien, Frankreich und Italien. Das sind die fünf größten Beitragszahler der EBU. Von den anderen 31 Teilnehmerländern sind elf in zwei Halbfinalen ausgeschieden.
Gastgeber Schweiz holte mit einer Ausländerin sogar einen Sieg: Die Kanadierin Céline Dion (57) gewann die Trophäe 1988 für die Schweiz. Mit Spannung wird erwartet, ob sie beim Finale dabei ist. In einer Videobotschaft im ersten Halbfinale sagte sie, sie täte nichts lieber als das. Dion hat aber das Stiff-Person-Syndrom mit schweren Muskelkrämpfen. Auftritte hängen immer von ihrer Tagesform ab.
Wer zählt zu den ewigen Besten?
Schweden würde mit einem Sieg das achte Mal gewinnen und auf der ewigen ESC-Bestenliste an der Spitze stehen. Noch teilt es sich den Platz mit Irland, das auch siebenmal gewann. Deutschland stand zweimal auf dem Treppchen: 1982 Nicole mit "Ein bisschen Frieden" und 2010 Lena.
Am entgegengesetzten Ende liegt Norwegen. Das Land steht mit zwölf letzten ESC-Plätzen sogar im Guinnessbuch der Rekorde. Je nach Berechnung, etwa, ob auch letzte Plätze im Halbfinale gerechnet werden, folgen dann Finnland und Deutschland. Zuletzt war Deutschland 2022 und 2023 auf dem letzten Platz.
Welche Regeln gelten bei den Auftritten?
Neben dem Flaggen-Reglement gilt unter anderem: Auf der Bühne darf es keine Tiere geben, und pro Act sind höchstens sechs Personen zugelassen. Jeder Beitrag darf höchstens drei Minuten lang sein. Politische Statements und Gesten sowie Werbung oder etwas, das den Wettbewerb in Misskredit bringen kann, sind verboten. Das Mindestalter der Teilnehmenden ist 16.
Und was hat es mit den "Douze Points" auf sich?
Jeder Act kann aus jedem Land maximal 24 Punkte bekommen - außer dem eigenen: zwölf von einer Fachjury, zwölf durch das Televoting. Daran kann jeder Bewohner eines Landes teilnehmen. Aus Deutschland kann man nicht für den deutschen Beitrag stimmen. Punkte gibt es für die besten zehn Songs. Beim Televoting bekommt der Song, der die meisten Anrufe erhält, zwölf Punkte, der zweite zehn, der dritte acht und ab da geht es in Einer-Schritten weiter.
Wie kann man vom Sofa aus dabei sein?
In der ARD gibt es eine Vor- und Nach-Finale-Show. Mit Moderatorin Barbara Schöneberger und Gästen geht es am Samstag um 20.15 Uhr los mit "ESC - der Countdown" und ab etwa 01.00 Uhr in der Nacht startet live aus Basel "ESC - die Aftershow".
© dpa-infocom, dpa:250516-930-550308/1