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"Kunst muss an die Menschen"

  • Fr, 18. Dezember 2020
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit der Künstlerin Eva-Maria Übelhör über das, was Kunst mit ihr macht, und die Schwierigkeit, davon zu leben.

Beim Öffnen dieser Garage kommt einem eine Verpackungs-Bubble entgegen.  | Foto: X
Beim Öffnen dieser Garage kommt einem eine Verpackungs-Bubble entgegen. Foto: X

Wie ist es eigentlich, Künstlerin zu sein? Ist es ein Job, von dem man leben kann? Diese und viele andere Fragen hat die freischaffende Künstlerin Eva-Maria Übelhör im Interview mit Mira Auch, Schülerin der Klasse 9a des Freiburger Kepler-Gymnasiums beantwortet.

Zischup: Wie kam es dazu, dass Sie etwas mit Kunst machen wollten?
Übelhör: Ich glaube, es war schon immer so, dass ich gerne was mit den Händen gemacht habe. Schon in der Schule war unter anderem Kunst eins meiner Lieblingsfächer. Nach der Schule habe ich aber erst einen pädagogischen Beruf gelernt und einige Jahre im Bereich der Kinder -und Jugendhilfe gearbeitet. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich noch was anders machen will, und bin so wieder zur Kunst gekommen.

Zischup: Was genau machen Sie jetzt?
Übelhör: Ich hab vor sechs Jahren mein Kunststudium beendet und arbeite seitdem als freischaffende Künstlerin. Das bedeutet, ich arbeite einerseits im Atelier und mache Ausstellungen, und andererseits unterrichte ich Studenten und manchmal mache ich auch Projekte mit Kindern und Jugendlichen.

Zischup: Machen Sie nur Kunstunterricht oder haben Sie Nebenjobs?
Übelhör: Ich hab immer wieder auch andere Jobs, aber nie feste Nebenjobs.

Zischup: Machen Sie das, weil Sie als Künstlerin nicht genug verdienen?
Übelhör: Von der Arbeit im Atelier könnte ich nicht leben. Ich brauche meistens einen kleinen Job, weil ich nicht immer genug Aufträge zum Unterrichten habe.

Zischup: Die Menschen, die Sie unterrichten, wollen diese später mal von der Kunst leben?
Übelhör: Die Kunststudenten wollen später schon von der Kunst leben, aber es ist natürlich sehr schwer. Es ist schön, mit der Kunst zu leben, aber auch schwer, von der Kunst zu leben.

Zischup: Warum glauben Sie, ist es so schwer, von der Kunst zu leben?
Übelhör: Sehr gute Frage, ich weiß gar nicht, ob ich sie beantworten kann. Es gibt Künstler, die mit ihrer Arbeit viel Erfolg auf dem Kunstmarkt haben. Das sind aber vergleichsweise sehr, sehr wenige. Bei den meisten ist das anders.

Zischup: Würden Sie gerne nur Kunst machen?
Übelhör: Wenn ich davon leben könnte, gerne. Mir würde aber auch die Arbeit mit den Menschen fehlen. Darauf würde ich nicht ganz verzichten wollen.

Zischup: Was mögen Sie an Kunst am meisten?
Übelhör: Wenn ich im Atelier bin, gibt es nicht viel Regeln und Grenzen. Die einzige Grenze bin eigentlich ich selbst und das Material. Ich und ein kleiner fremder Teil der Welt außerhalb von mir. Es geht dann darum, sich dem Fremden anzunähern, es sich vertraut zu machen und gemeinsam zu etwas Neuem zu finden.

Zischup: Wollen Sie mit Ihrer Kunst eine Botschaft vermitteln? Oder soll es einfach nur Spaß machen?
Übelhör: Die Kunst macht mir Freude, aber oft ist es auch so, dass ich Dinge mache, die mich interessieren. Und das, was ich daran interessant finde, versuche ich zu zeigen. Es steckt keine Botschaft dahinter, aber da steckt etwas drin, was mir wichtig ist. Und das will ich zeigen.
Zischup: Sind Sie gerade an einem Projekt?
Übelhör: In den letzten Monaten hab ich mich viel mit Verpackungsmaterialien beschäftigt und versucht, sie von ihren alten Zwecken zu lösen und sie in einen andern Kontext zu bringen.

Zischup: Gibt es ein bestimmtes Alter, in dem die meisten Menschen mit Kunst anfangen?
Übelhör: Nee, glaube ich nicht. Ich glaube, dass man in jeder Altersklasse Kunst antreffen kann.

Zischup: Hat sich durch Corona die Situation sehr verändert?
Übelhör: Teilweise sind Kurse abgesagt worden, aber was ich am traurigsten fand, waren die Ausstellungen, die abgesagt wurden. Das ist schade, denn Kunst muss ja auch an die Menschen, muss raus aus dem Atelier und gezeigt werden.

Zischup: Wurden Ihre Werke denn schon oft ausgestellt?
Übelhör: Die Frage ist, was oft ist (lacht). Dieses Jahr hätte ich fünf Gemeinschaftsausstellungen gehabt. Davon wurden aber drei abgesagt.

Zischup: Ist es für Sie eine Art Belohnung, wenn Ihre Werke ausgestellt werden?
Übelhör: Natürlich! Es macht mich auch stolz, wenn die Werke ausgestellt werden und die Ausstellung gelungen ist. Es ist auch schön, wenn man sich dann mit anderen darüber unterhalten kann und Rückmeldungen bekommt – und man merkt, das ist nicht nur mein eigenes Ding, sondern etwas, woran auch andere Menschen teilhaben können.

Zischup: Setzen Sie die Rückmeldung, die Sie bekommen, auch um?
Übelhör: Naja, wenn die Arbeiten in die Ausstellung gehen, sind sie ja fertig. Dann ist es auch einfach, auf sie einzugehen oder auch zu hören, wenn jemand die Arbeiten nicht gut findet. Es ist schwieriger im Atelier. Manchmal ist man auch an einem Punkt, an dem es ganz schlecht ist, wenn man etwas von jemand anderem hört, weil man selbst noch nicht weiß, was man da eigentlich tut.

Zischup: Wollten Sie schon mal von der Kunst ablassen?
Übelhör: Ja, das kommt regelmäßig vor (lacht). Das ist auch das Schwierige am Künstlersein. Niemand sagt dir, wann du da sein musst oder dass du überhaupt da sein sollst. Da muss die Energie von dir aus kommen.

Zischup: Was machen Sie, wenn Sie keine Ideen mehr haben?
Übelhör: Ich räume mein Atelier auf. Zum einen, weil ich dann froh bin, dass es wieder ordentlich ist, und zum andern ist es auch so, dass man sich selbst und die Dinge sortiert. Mir ist es auch wichtig, trotzdem ins Atelier zu kommen, auch wenn ich gerade keine Idee habe.

Eva-Maria Übelhör hat 2010 im Alter von 30 Jahren mit dem Kunststudium angefangen und es 2014 beendet. Sie arbeitet als Künstlerin und unterrichtet nebenher an der Edith-Maryon-Kunstschule in Freiburg-Munzingen Kunststudenten.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. Dezember 2020: PDF-Version herunterladen

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