"Da kommen erstaunliche Sachen heraus"

BZ-INTERVIEW mit dem Sprachwissenschaftler Wolfgang Klein, der das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache leitet.
Anfang des Jahres hat in Berlin, Göttingen, Mainz und Leipzig das Institut für digitale Lexikographie seine Arbeit aufgenommen. Ziel des Unterfangens, an dem vier Wissenschaftsakademien und das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim beteiligt sind, ist es, den deutschen Wortschatz digital zu erfassen und allgemein zugänglich zu machen. Bettina Schulte sprach mit dem Sprachwissenschaftler Wolfgang Klein, der bereits das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache leitet.
Klein: Das kann man gar nicht wissen. Eine Sprache wie die deutsche mit ihren Wortbildungsmöglichkeiten hat im Prinzip unendlich viele Wörter. Man kann die Frage sinnvoll nur beantworten, wenn man von den Wörtern ausgeht, die tatsächlich verwendet werden.
BZ: Und?
Klein: Im Duden stehen 200 000 Wörter, im Grimmschen Wörterbuch 350 000 – zum Vergleich: im Oxford English Dictionary, dem besten Wörterbuch, das es gibt, stehen für das Englische 600 000 Wörter. Wir haben das Deutsche für die Zeit um 2000 herum untersucht: Es werden rund fünf Millionen verschiedene Wörter verwendet.
BZ: Kann man die denn wirklich alle erfassen?
Klein: Die kann man nicht erfassen, wenn man sie systematisch beschreiben will, wie wir es in unserem großen Wörterbuch tun. Sie können nachrechnen: Wenn Sie am Tag vier schaffen, dann würde man Tausende von Jahren benötigen.
BZ: Ist es nicht eine wahnsinnige Sisyphusarbeit, überhaupt ein Wörterbuch zu erstellen, egal ob digital oder analog?
Klein: Das Grimmsche Wörterbuch zu erstellen hat mehr als 100 Jahre gedauert: von ...