Kunstgeschichte
Marie Sophie Hingst stellt mit Brot und Aufstrichen berühmte Gemälde nach
Den Spruch haben viele schon gehört: "Mit Essen spielt man nicht." Doch eine Reihe von Leuten sieht das anders und hat bedeutende Kunstobjekte nachgebastelt – als Brotbelag.
Julia Kilian
Do, 28. Mär 2019, 17:07 Uhr
Panorama
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Nun ist aus dem Schlagwort #KunstGeschichteAlsBrotbelag, das vergangenen Sommer aufkam, ein Buch geworden. Die Herausgeberin Marie Sophie Hingst hat einiges ausprobiert. Schlecht funktioniere, was schnell flüssig werde. Zum Beispiel Honig. Ihr Vater habe auch mit Gänseschmalz experimentiert, was sich ebenfalls als komplex erwiesen habe.
"Ansonsten ist der Kühlschrank eine unerschöpfliche Quelle von Kunstmaterial. Man kann eigentlich kaum was Besseres finden", sagt die 31-Jährige. Die promovierte Historikerin lebt in Irland, hat deutsche Wurzeln und unter anderem in Berlin studiert. Sie hat einen Blog und mit der Brotkunst im Internet angefangen.
Ihr erstes Brot war ein Nachbau eines abstrakten Werks von Piet Mondrian. "Das ist ja relativ symmetrisch. Und ich dachte, das sei ein ganz gutes Brot, um sich mal warm zu laufen." Es sei mit Tomaten, Käsewürfeln, Heidelbeeren und Ziegenfrischkäse belegt gewesen. Nach und nach hätten sich mehr Menschen angeschlossen. Eine ihrer Ideen hinter dem Projekt: Das Internet aktiv mitgestalten. Das Internet werde oft dafür verantwortlich gemacht, dass es einen Rückgang an Bildung gebe. Diese Auffassung könne man teilen oder nicht, aber es gebe selten Vorschläge, was man tun könne, um Leuten Lust auf Thomas Mann oder ein Goethe-Gedicht zu machen.
Sie habe überlegt, was man Konstruktives tun könne. Brot sei ein sehr deutsches Lebensmittel. "Jeder, der länger im Ausland lebt, wird von deutschen Besuchern gefragt: "Wie kommst Du denn mit dem Brot zurecht?", sagt Hingst. Was viele damit meinten: Wie man nur mit Toastbrot überleben könne. "Das finde ich etwas so Charmantes." Sie habe damit das Internet zur Ausstellung machen wollen.
"Das ist einer der großen Dreh- und Angelpunkte, die mich bewegen: Wie können wir eigentlich selbstbestimmte und aktive Bürger dieses Internets werden?", sagt Hingst. Dass so viele mitmachen, hätte sie nicht erwartet. Manche haben ein Selbstporträt der Mexikanerin Frida Kahlo nachgebaut, andere Yves Kleins "Monochrom Blau". Für das Buch hätten sie auch ein paar "Auftragsbrote" vergeben, damit mehr Originalwerke von weiblichen Künstlern dabei seien, sagt Hingst. Basteln mit Essen, damit dürfte so mancher Erfahrung haben. Stichwort Mettigel. Die Satirezeitschrift Titanic hat mal zum "Basteln mit Bier" aufgerufen. Und Eltern versuchen seit jeher, ihren Kindern mit Tricks Gesundes unterzujubeln.
Aber auch in der Kunstgeschichte gibt es Beispiele, in denen msn Essen findet. Der Italiener Giuseppe Arcimboldo malte im 16. Jahrhundert Gemüsemenschen. Gesichter aus Rüben, Zwiebeln, Trauben und Äpfeln.
Aber darf man mit Essen spielen? Im Deutschen gibt es dazu eben ein ganz eindeutiges Sprichwort. Auch Hingst wird immer wieder gefragt, ob man mit Lebensmitteln Quatsch machen darf. Sie glaube zum einen daran, dass Kunst alles dürfe, betont Hingst ausdrücklich.
Zum anderen denke sie, dass das Projekt zu einer tieferen Auseinandersetzung mit Ressourcen und Lebensmittelverschwendung allgemein führen könne. Dass man die Frage stelle, ob man Brot noch so schätze, wie man sollte. Mit dem Spruch "Mit Essen spielt man nicht" ist Hingst früher übrigens nie ermahnt worden.
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