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Messer schärfen und ran an den Speck!

Verlagsthema Quer gegen den Trend zu veganer, vegetarischer und fettarmer Ernährung: Loblied auf den fetteren Bruder des berühmten Schwarzwälder Schinkens.  

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Speck ist haltbar gemachtes rohes Schweinefleisch.  | Foto: Heinz Siebold
Speck ist haltbar gemachtes rohes Schweinefleisch. Foto: Heinz Siebold
Kaum ein anderes Lebensmittel hat sich so intensiv in der Sprache festgesetzt wie der Speck: abspecken, speckig, Speckbauch, Speckschicht, Specknacken, Speckbacke, Mäusespeck, Kummerspeck, Speckgürtel – alles Wortkombinationen, die im eigentlichen und übertragenen Sinne etwas Fettes oder Fettiges an sich haben. Das althochdeutsche Wort spek bedeutet "dickes" und "fettes".
Und Speck ist nichts anderes als ein "zwischen Haut und Muskelfleisch liegendes Fettgewebe". Jenes vom Tier hat der Mensch über Jahrhunderte für seinen Fett- und Kalorienbedarf kultiviert. Und mit ursprünglich aus der Not geborenen Methoden konserviert, mit salzen und räuchern.

Nicht alles ist Speck, was auf das Vesperbrettle kommt: Hirschspeck, Rinderspeck, Lammspeck – das sind alles ehrenwerte Delikatessen, aber kein Speck, nur getrocknetes Fleisch. "Speck gibt es nur vom Schwein", stellt Uwe Baumann kategorisch fest. Und der muss es wissen.

Zwei Jahre hat er recherchiert über ein Lebensmittels, das die Schwarzwälder wie kein anderes verehren und seit vielen Generationen mit Genuss verzehren. Der in Lahr wohnende Moderator, Kulturveranstalter und Inspirator des Netzwerks "Kosmos Schwarzwald" bezeichnet Speck als Kulturgut und hat sich mit dem Buch "Speck:takel" zu dessen Botschafter geschrieben. Wer von Speck spricht, muss wissen: Speck ist haltbar gemachtes rohes Schweinefleisch, mit Salz gepökelt und geräuchert. Rückenspeck und Nackenspeck verraten im Namen die anatomische Herkunftsstelle.

Am weitesten verbreitet ist der Schinkenspeck von den Hinterläufen des Schweins. Der Bauchspeck hingegen, mit oder ohne Kotelettstück, stammt von den seitlichen Partien. Im Gegensatz zum sehr mageren, mit einem leichten Fettrand versehenen Schinken, ist der schmalere Speck von breiten Fettschichten durchzogen.

Im Volksmund heißt er "Hosenträgerspeck". Der Breitnauer Kabarettist Martin Wangler nennt ihn auch "Addidas-Speck – der mit den drei Streifen". Wangler ist wie Baumann ein begeisterter Speck-Propagandist, er zelebriert Speck bei seinen Auftritten als "Fidelius Waldvogel" rustikal: "Man bruucht, ein Brettli – und kein Teller", stellt er klar. "Ein scharfes Messer – und keine Gabel! Und natürlich e recht Stuck Speck mit viel Fett. Fett isch de Geschmacksträger Nummer eins!" Und: "Nie längs schniide, immer quer und hauchdünne Schnäfeli, keini Mogga nabhaue."

Was aber ist ein guter Speck? Schwarzwälder Schinken darf nur so genannt werden, wenn er im geographisch klar abgegrenzten Gebiet nach verbindlichen Regeln hergestellt wird. Dazu gehören das Räuchern mit Nadelhölzern und Sägemehl aus dem Schwarzwald, ein Austrocknungsgrad von 25 Prozent und ein Wasser-Eiweiß-Verhältnis von 2,2:1.

Über die Einhaltung der Regeln wacht mit Adleraugen der Schutzverband Schwarzwälder Schinken. Allerdings kommt das Schlachtfleisch zum größten Teil von auswärts. In ganz Baden-Württemberg werden etwa 1,3 Millionen Schweine gehalten, im Schwarzwald selbst schätzungsweise nur um die 60.000 Stück.

Speck hingegen ist keine geschützte Marke. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen selbst herausfinden, wo er besser ist als anderswo. Denn genau wie beim edlen Schinken wächst auch beim simplen Speck die Qualität über eine lange Strecke. "Das fängt schon beim Schwein selbst an", betont Michael Müllerleile. Der Metzger, Jäger und Landwirt kauft Ferkel der Deutschen Landrasse im Markgräflerland und zieht sie auf dem eigenen Kasperhof im Schuttertal groß. Und zwar unter dem Tier angemessenen Bedingungen, mit Auslauf im Freien und gutem Futter.

Nach einem Dreivierteljahr haben die Schweine ausreichend Speck auf ihren Rippen. Dass sie achtsam im eigenen Schlachthaus auf dem Hof geschlachtet werden, ist nicht nur eine moralische Frage: Stress macht zähes Fleisch. Nach dem Schlachten beginnt ein wochenlanger Prozess des Salzens, Würzens, Waschens, Trocknens und Räucherns, weitaus länger als in den konventionellen Schlachtbetrieben. "Da hat jeder seine Erfahrungen, Kniffe und Geheimnisse" schmunzelt Müllerleile. Er und seine Frau Brigitte können buchstäblich noch spätnachts schnuppern, ob Schinken, Speck und Würste (alles übrigens auch zusätzlich vom Wildschwein) bald fertig sind.

Die Räucherkammer liegt zwischen Büro und Kinderzimmer, die Würze zieht durch die ganze Wohnung.

Das Ergebnis nach 12 Wochen Räucherkammer und sechs Wochen Reiferaum ist ein Lebensmittel, "wie es schon mein Großvater so gemacht hat", sagt Müllerleile zufrieden. "Mir kommt es darauf an, ein ehrliches Produkt herzustellen." Der rege Kundenzuspruch im Hofladen gibt ihm Recht. Beim guten Speck ist Fett eben nicht gummiartig, sondern schmackhaft und zart.

Und dennoch: Speck liegt quer gegen den Trend zu veganer, vegetarischer oder fettarmer Ernährung. Der Schutzverband der Schinkenhersteller hat unlängst gemeldet, dass 2022 nur noch 5,3 Millionen Schwarzwälder Schinken verkauft wurden, dafür brauchte es 2,65 Millionen Schweine. Vor fünf Jahren waren es noch über neun Millionen Schinken. Für eine pauschale Verdammung von Speck und Schinken gibt es aber keinen Grund, es gilt, wie bei anderen Lebens- und Genussmitteln auch: Das Maß macht’s. Und Speck ist in angemessener Dosis vielfältig in der Küche verwendbar.

Aus dem einstigen Kalorienlieferant armer Waldbauern ist längst ein Stammgast alltäglicher und auch gehobener Küche geworden: Etwa als Mantel feiner Kalbsbrust, als Würze und Beilage in Suppen und Eintöpfen, im Rührei, im Sauerkraut, geschnitten und gewürfelt auf dem Feldsalat und natürlich auf dem Zwiebel- oder Flammkuchen. Speck ist nicht mehr in aller, aber immer noch in vieler Munde.
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