Bildungsprojekt

Migranten in Offenburg auf den Spuren jüdischer Schicksale

In Zeiten von aufkeimendem Antisemitismus und muslimfeindlicher Graffiti in Offenburg ist es wichtiger denn je, Brücken zu schlagen und in den Dialog zu treten. Ein Projekt für Migranten führte nun zu den Stolpersteinen in der Stadt.  

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Eine symbolische Geste - Stolpersteine wurden nicht nur betrachtet: Ein bei Bauarbeiten beschädigter Stein, der demnächst wieder verlegt wird, konnte auch angefasst werden. Foto: Fabian Linder
Für rund 30 Interessierte mit Migrationshintergrund bot sich die Möglichkeit, sich über jüdische Schicksale in der NS-Zeit zu informieren und eigene Parallelen zu ziehen.

Im Rahmen eines Projekts der Evangelischen Erwachsenenbildung Ortenau wird ein umfangreicher Kurs für Migranten angeboten, der sich nicht nur mit der regionalen Geschichte beschäftigt, sondern auch ganz praktische digitale Hilfestellungen bietet. Wie arbeitet man mit Übersetzungs-Apps oder welchen der unzähligen Informationsquellen kann man überhaupt trauen?

Überraschende Erkenntnisse für die Teilnehmer

Die bunt gemischte Gruppe traf sich am Samstagmorgen auf dem belebten Offenburger Marktplatz, um mehr über die Deportierten aus Offenburg zu erfahren. Die Teilnehmer selbst stammen aus der Ukraine, Kasachstan, Afghanistan, Iran und China und sind nun alle in der Ortenau gestrandet. Fachkundig geführt wurde die Gruppe von Jenny Haas von Aufstehen gegen Rassismus Offenburg, die sich nicht nur mit ihrer Initiative um die Stolpersteine in Offenburg kümmert, sondern auch Guide im KZ Natzweiler-Struthof ist.

Viele in der Gruppe kennen die NS-Zeit, und doch gab es auch viel Neues zu erfahren. Unter anderem, dass nicht nur die jüdische Bevölkerung, sondern auch Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen, anderer politischer Überzeugung oder Religion, Obdachlose oder Familienangehörige dieser Gruppen in den Lagern endeten.

Überrascht waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch darüber, dass dies nicht erst mit Kriegsbeginn begann, sondern dass schon 1933 Menschen öffentlich abgeholt wurden und in frühen KZ interniert wurden, eine Tatsache, die auch in der erst vergangene Woche eröffneten Ausstellung im Salmen-Museum thematisiert wird (siehe untenstehenden Bericht). Eine ältere Ukrainerin aus Enerhodar erzählte begeistert von ihren freitäglichen Besuchen im Ritterhaus Museum, dass sie die Videos über die traditionelle Fastnacht sehr spannend fand und nun für ihre ukrainischen Kolleginnen eigene kleine Führungen durch das Ritterhaus Museum macht.

Kleine Geschichten, die Hoffnung machen

Es sind kleine Geschichten wie diese, die in dieser Zeit Hoffnung machen und Wertschätzung für die kulturellen Angebote der Stadt bedeuten. Trotz der weihnachtlichen Stimmung in der Innenstadt gab es auch bedrückende Momente, wie die Schilderung einer ukrainischen Teilnehmerin, die der Gruppe von der Säuberung ihrer örtlichen Bibliothek berichtete, bei der alle ukrainische Literatur von den Besatzern verbrannt wurde. Oder von Teilnehmenden, die auch in ihrer Heimat auf Listen standen, wie die Nationalsozialisten Sie auch über ihre Opfer führten.

Es war beeindruckend, mit welchem Interesse die Gruppe den Erzählungen folgte und dabei vieles selbst reflektieren konnte.

Das große Interesse überraschte und erfreute auch Mitinitiatorin Ingrid Vielsack, die als Fotografin bereits ein Fotoprojekt zu geflüchteten Frauen initiiert hat. Als durch den Überfall auf Israel Stimmen laut wurden, das Projekt nochmal zu verschieben, bekundeten die Initiatorinnen, "Im Gegenteil, gerade deswegen ist es so wichtig", verrät Vielsack. "Eigentlich sollte das Projekt bereits vor der Pandemie starten, so hat es nun leider sehr viel Aktualität”, erzählt Gabriella Balassa, die als Kirchenbezirksbeauftragte für Migration und Flucht das Projekt leitet.

Neben dem Besuch des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof stehen im Rahmen des Projekts auch Termine in der Synagoge und mit der jüdischen Gemeinde noch auf dem umfangreichen Programm bis März.
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