Account/Login

Mit spitzem Griffel

  • Christoph Arens (KNA)

  • Mo, 30. März 2020
    Deutschland

Am Montag ist der Welttag des Bleistifts – seine Geschichte ist  5000 Jahre alt.

  | Foto: Kung37 - stock.adobe.com
Foto: Kung37 - stock.adobe.com

BONN. Noch steht er nicht auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Doch der Bleistift ist ein unscheinbarer Alltagsgegenstand, der immer öfter aus dem Alltag verschwindet. Damit er nicht den Weg seines Vorgängers, der Gänsefeder samt Tintenfass, geht, wird jeweils am 30. März weltweit der "Tag des Bleistifts" begangen.

Der Anlass für den Tag: Am 30. März 1858 erhielt der US-Amerikaner Hymen L. Lipman (1817 bis 1893) das Patent für einen Bleistift mit einem befestigten Radiergummi.

Eigentlich führt die Bezeichnung Bleistift in die Irre. Denn seit dem 16. Jahrhundert enthalten die Stifte kein Blei, sondern das viel schreibfreundlichere Grafit. Schon die Ägypter sollen vor 5000 Jahren Schilf-, Bambus- oder Papyrusrohr mit flüssigem Blei ausgegossen und als Stift benutzt haben. Und der römische Gelehrte Plinius berichtet, dass in der Antike wegen der günstigen Abriebeigenschaften des Metalls reine Bleigriffel verwendet wurden. Auch im Mittelalter schrieben Mönche und Gelehrte mit Griffeln aus Blei-Legierungen, an deren Spitze Silber aufgelötet war.

Allerdings machte die Härte des Bleis das Schreiben und Zeichnen recht mühselig. Da brachte eine Entdeckung aus dem 16. Jahrhundert einen erheblichen Fortschritt: In der nordenglischen Ortschaft Keswick wurde ein blau-schwarzes, glitzerndes Gestein entdeckt, das zunächst als Bleierz bezeichnet wurde, aber deutlich bessere Schreibeigenschaften hatte. 1789 konnte der Chemiker Carl Wilhelm Scheele beweisen, dass es sich um eine eigenständige Substanz handelte: Grafit. Der Name wurde vom griechischen "graphein" abgeleitet, das so viel bedeutet wie "Schreiben". Die englischen Bleistifte wurden um 1680 in Deutschland bekannt. 40 Jahre später gab es in Stein bei Nürnberg bereits Bleistiftmacher, 1731 bildeten sie ein eigenes Handwerk. Die Region Nürnberg bot gute Voraussetzungen: Die erste Papiermühle Deutschlands ging dort 1390 in Betrieb. Auch gab es dort eine Vielzahl von Verlagen.

Allerdings: Grafit macht dreckige Finger. Deshalb wurde das Mineral mit einer Hülle umgeben. 1830 kam der Amerikaner Josef Dixon auf die Idee, die Grafitstäbe in Holzbrettchen zu leimen.

Auch mit dem Grafit wurde experimentiert: Weil der Rohstoff knapp war, wurde er mit Ton, Farbstoffen und Bindemitteln vermengt und unter Luftabschluss gebrannt. Die Tonmenge und die Brenndauer bestimmen die Härte der Bleistiftminen.

Einen Aufschwung erlebte der Bleistift bei Einführung der Schulpflicht in den deutschen Ländern im 19. Jahrhundert. Im Deutschen Kaiserreich wurde den Schulbehörden die Verwendung von Bleistiften aus deutsch-ostafrikanischem Zedernholz aus "patriotischem Interesse" nahegelegt .

Der handliche Stift hat große Geister inspiriert – von Goethe über van Gogh bis zu Picasso. Der Schriftsteller Vladimir Nabokov (1899 - 1977) soll alle seine Werke mit Bleistift geschrieben haben. Und während Donald Trump mit großer Geste und dickem Stift Gesetze unterzeichnet, schreibt Olaf Scholz (SPD) gerne mal mit dem Bleistift.

Spätestens mit dem Siegeszug von Computer und Tablet und dem Rückgang des handschriftlichen Schreibens ist auch der Bleistift in seiner Existenz bedroht – auch wenn er beispielsweise im Möbelhaus Ikea massenhaft in Gebrauch ist und auch schon als digitaler Bleistift auf dem Markt ist. Für das schlanke Schreibwerkzeug spricht, dass es bei jeder Temperatur und – anders als Kugelschreiber – in jeder Lage schreibfähig ist. Sogar über Kopf im Weltraum. Mit Bleistift Geschriebenes hat eine hohe Lichtbeständigkeit. Fehler lassen sich schnell wegradieren – auch ein Grund warum Erstklässler das Schreiben mit ihm erlernen.

Gesichert ist seine Existenz allerdings beim Zeichnen und Malen. Dabei besticht er vor allem mit der Möglichkeit, sehr feine Linien zu erzeugen, was mit Pastellkreide und Zeichenkohle nicht möglich ist.

Ressort: Deutschland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 30. März 2020: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel