Auf Protest folgt oft Annäherung

Annemarie Rösch

Von Annemarie Rösch

Do, 28. Januar 2016

Südwest

Viele Gemeinden sind heute gut in die Gesellschaft integriert.

Erst jüngst hat der Lahrer Gemeinderat dem Neubau einer Moschee zugestimmt. Auch in Freiburg gibt es Pläne, im Industriegebiet eine neue Moschee zu errichten. An beiden Standorten formierte sich Widerstand in der Bevölkerung, zum Teil massiv. Bei dem aktuellen Bau der Moschee in Lauchringen blieb der Protest allerdings aus.

"Ich bin nicht prinzipiell gegen eine Moschee", sagt Ulla Steiner, die den Protest gegen die Lahrer Moschee anführt und 1174 Unterschriften dagegen sammelte. Die Grüne, die sich in Lahr bereits erfolgreich für mehr Schutz vor dem Lärm der Bahn einsetzte, befürchtet aber, dass ihr Viertel an Wohnwert verliert. Dort leben auch viele Russlanddeutsche, die erst am Wochenende durch Proteste gegen Flüchtlinge auf sich aufmerksam machten. "Das mit der Moschee wird zu laut", meint Steiner. Sie beklagt, dass die muslimische Gemeinde, die dem türkischen Dachverband Ditib (siehe Kasten) angehört, nicht nur einen Gebetsraum für 400 Personen plant, sondern ein Restaurant, eine Cafeteria und Veranstaltungsräume. Angesichts der Größe des Vorhabens plädiert sie dafür, die Moschee 100 Meter weiter von den Wohnhäusern entfernt oder am Flughafen zu bauen. Nach dem Ja des Gemeinderats will sie einen letzten Versuch starten, die Moschee am geplanten Standort zu verhindern. Sie hat eine Petition an den Landtag gerichtet, in der sie oben genannte Vorschläge auflistet.

Ähnlich wie in Lahr tragen die Gegner in Freiburg keine prinzipiellen Einwände gegen Muslime und den Bau einer Moschee vor. Auch sie verweisen auf den Standort. Dieser sei ungeeignet, heißt es. Er liegt in einem Industrieviertel. "Die Kritiker meinen, es sei zu laut für uns, weil Güterzüge direkt neben der Moschee vorbeifahren würden", erzählt Musawar Khawaja von der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Freiburg (siehe Kasten). Äußerungen gegen Muslime habe er keine gehört, betont er. Er hofft nun, dass die Stadt Freiburg die Bauvoranfrage positiv bescheiden wird. Die Stadt hat zugesagt, die Anfrage prüfen zu wollen.

Schon als einer der ältesten Moschee-Bauten in der Region, die Alperenler Moschee in Rheinfelden (1996 errichtet), später noch ein Minarett erhalten sollte, waren die Proteste heftig, erinnert sich Dagmar Henninger, die Vorsitzende des Christlich-islamischen Vereins Hochrhein (CIHV). Es gab lautstarke Demonstrationen. Viele äußerten Ängste vor dem Islam, die Stimmung war feindselig gegenüber den muslimischen Mitbürgern, die ein repräsentatives Gotteshaus mit Minaretten begehrten.

In Rheinfelden hat sich das Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen inzwischen aber positiv entwickelt (siehe unten). Das gilt auch für Buggingen, Emmendingen, Offenburg, Kehl, Gengenbach und Waldshut-Tiengen, wo es ebenfalls seit etlichen Jahren neu gebaute Gotteshäuser gibt – nicht alle haben ein Minarett. Ähnlich wie in Rheinfelden haben sich als Konsequenz aus den Protesten mancherorts Vereine gebildet, die sich dem Dialog zwischen den Religionen widmen. "Hier in Rheinfelden sieht man die Moschee inzwischen als völlig normal", meint Dagmar Henninger.

Gleichwohl gab es vor etwa fünf Jahren eine kleine Anschlagserie: Moschee-Fenster wurden eingeschlagen, Hakenkreuze an die Außenmauern gesprayt. Doch auch da zeigten sich die positiven Seiten der intensiven Zusammenarbeit. Der Christlich-islamische Verein spendete Überwachungskameras. In den vergangenen Jahren ist nichts mehr passiert. Auch bei einem anderen Vorfall bewährten sich die engen Kontakte zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen. Ein paar Gemeindemitglieder hatten entgegen der Absprache für den Gebetsruf Lautsprecher auf dem Minarett installiert. Unter Vermittlung des Christlich-islamischen Vereins wurden sie wieder abgebaut. Die Muslime entschuldigten sich bei der Stadt.

Auch in anderen Orten hat sich eine gute Zusammenarbeit zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen entwickelt. Alle Moschee-Gemeinden bieten Führungen durch ihre Moscheen an. Oft kommen Schulklassen mit ihren Lehrern, um sich über den Islam zu informieren. Allein in Rheinfelden haben etwa 1500 Schüler seit der Moschee-Eröffnung vorbeigeschaut. In Emmendingen besucht der Imam an Heiligabend den Gottesdienst und hält eine kleine Ansprache. Es gibt dort zudem einen Verein, der das Verständnis zwischen Juden, Christen und Muslimen fördern will. "Je besser man sich kennt, desto besser versteht man sich", sagt Mehmet Bagcaci von der Moschee-Gemeinde in Offenburg. Er berichtet, dass Vertreter der Stadt und interessierte Bürger im Fastenmonat Ramadan zum Fastenbrechen eingeladen werden.