Gipfel in Madrid

Nato zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine bereit

Der Nato-Gipfel ist mit harten Worten in Richtung Moskau zu Ende gegangen. Zum Abschluss kontert Kanzler Scholz Russlands Vorwürfe und kündigt zusätzliches ein Engagement der Bundeswehr an.  

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ...Olaf Scholz beim Nato-Gipfel in Madrid  | Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (links) mit Bundeskanzler Olaf Scholz beim Nato-Gipfel in Madrid Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)
"Durch seine aggressive Politik stellt Russland wieder eine Bedrohung für Europa, für die Allianz dar", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Tag nach der Verabschiedung der neuen Militärdoktrin, in der Russland nicht mehr als potenzieller Partner, sondern wie im Kalten Krieg als Hauptgegner des Verteidigungsbündnisses definiert wird.

Den vom russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen des eingeleiteten Nato-Beitritts von Finnland und Schweden erhobenen Imperialismus-Vorwurf wies der Kanzler als "ziemlich lächerlich" zurück. Dieser treffe vielmehr Putin selbst, der durch seinen völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine selbst auf Geländegewinne aus sei. "Lass es bleiben", sagte Scholz an Putin gewandt.

In Deutschland soll der Ratifizierungsprozess für den Beitritt der beiden skandinavischen Länder, die über Jahrzehnte neutral gewesen sind und erst nach dem russischen Überfall auf die Ukraine Mitgliedsanträge stellten, Scholz zufolge noch in dieser Woche beginnen. Er erneuerte auch die Sicherheitsgarantie der Bundesrepublik in dieser "brenzligen Lage", da die Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens zwar angekündigt, aber noch nicht vollzogen ist und die Beistandspflicht nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages offiziell noch nicht gilt. Obwohl Kremlchef Putin die Nato davor warnte, dort neue militärische Infrastruktur aufzubauen, ist Scholz der Meinung, dass sich Moskau mit dem Beitritt der beiden Staaten "abgefunden" hat.

Über die strategische Neuausrichtung hinaus reagierte das Bündnis in Madrid mit einer massiven Erhöhung seiner militärischen Präsenz im Ostteil des Nato-Territoriums auf die russische Aggression gegen die Ukraine und entsprechende Sorgen gerade osteuropäischer Nachbarn Russlands. In den einzelnen Staaten werden die Nato-Bataillone zu Brigaden aufgestockt. Insgesamt sollen im Laufe des nächsten Jahres, mehr als 300.000 Soldatinnen und Soldaten in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt werden. Der entsprechende Beschluss vom Mittwoch stellt in etwa eine Versiebenfachung der bisherigen Personalstärke dar.

Über den bereits bekannten deutschen Zusatzbeitrag einer gepanzerten Division mit 15.000 Mann, 60 Flugzeugen und 20 Marineeinheiten, den Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bereits zum Auftakt des Gipfels genannt hatte, kündigte Scholz am Donnerstag einen weiteren an, der gerade für die künftigen Mitgliedstaaten aus dem hohen Norden von besonderer Bedeutung ist. So soll in Rostock ein regionales Marinekommando für die Ostsee aufgebaut werden. Auf die schon im Vorfeld des Treffens ausgeweiteten beziehungsweise neuen Bundeswehr-Engagements in Litauen und der Slowakei verwies Scholz ebenfalls. Er meint, dass einem Großteil der deutschen Bevölkerung "die Logik einleuchtet", dass diese Maßnahmen vor dem Hintergrund der russischen Handlungen notwendig sind.

Wie US-Präsident Joe Biden, der der Ukraine militärische Unterstützung zusicherte, "solange es notwendig ist", erklärte sich auch der Bundeskanzler zu weiteren Waffenlieferungen bereit. Er verwies auf die Abgabe weiterer Panzerhaubitzen 2000, die Deutschland zusammen mit den Niederlanden am Rande des Nato-Treffens angekündigt hatte. Eine Einschätzung der aktuellen militärischen Lage im russisch-ukrainischen Krieg wollte der Kanzler auf eine Frage hierzu nicht abgeben. Genauso wenig ließe sich prognostizieren, bis zu welchem Zeitpunkt in welchem Umfang weiteres schweres Gerät geliefert werden müsse: "Wie lange das sein wird, kann man seriöserweise nicht sagen."

Die Zugeständnisse Finnlands und Schwedens an die Türkei, die anschließend den Weg für deren Beitritt zur Allianz freimachten, sind vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als "Sieg" gefeiert worden. Die Regierungen in Helsinki und Stockholm hatten der Türkei unter anderem zugesagt, ihre Waffenexportrichtlinien diesbezüglich zu lockern. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte nach der Einigung zudem gesagt, dass es unter Mitgliedern der Allianz generell keine Lieferbeschränkungen geben sollte. US-Präsident Biden kündigte aus diesem Grund am Donnerstag an, die Modernisierung der türkischen F-16-Kampfjet-Flotte nicht länger blockieren zu wollen.
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