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Zischup-Interview

"Nur so gut wie der Nutzer"

  • Hendrik Metzger, Klasse 9b, Max-Planck-Gymnasium (Lahr)

  • Fr, 28. April 2023
    Schülertexte

Martin Ries ist Schulleiter des Max-Planck-Gymnasiums Lahr. Er hat bereits Erfahrung mit künstlicher Intelligenz gesammelt. Ein Gespräch über den Umgang mit KI und dem Chatbot ChatGPT.

Martin Ries  | Foto: foto-phositiv
Martin Ries Foto: foto-phositiv
Zischup: Herr Ries, was halten Sie von künstlicher Intelligenz ?
Ries:
Künstliche Intelligenz bietet große Chancen für den Fortschritt der Menschheit, aber auch große Risiken. Es ist wie immer mit Technologie: Sie kann zum Guten und zum Schlechten verwendet werden.

Zischup:
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in der KI?
Ries: Vorteile, die sich jetzt zeigen, sind zum Beispiel, dass man bei Recherchen, oder wenn man nach Informationen sucht, schneller und zielgerichteter Informationen bekommen kann. Ein Nachteil ist, wenn man wenig weiß. Denn dann weiß man nicht, ob diese Informationen korrekt sind, oder ob sie aus dem Zusammenhang gerissen sind – und ob sie so stimmen können. Deshalb bedarf es immer einer Überprüfung und diese geht nur, wenn man schon Wissen hat.

Zischup:
Welche KI benutzen Sie im Allgemeinen?
Ries:
Da kommt als Erstes die Frage auf, was eine KI ist. Im Gegensatz zu Science-Fiction-Filmen ist eine KI heute in erster Linie ein Expertensystem, das eine bestimmte Sache sehr gut kann und differenziert darauf reagieren kann. Das kann ein Fahrzeugunterstützungssystem sein, es kann eine Gesichtserkennungssoftware sein, außerdem kann das eben der Chatbot ChatGPT sein, der jetzt die Runde macht. Ich habe zum Beispiel in der Vorbereitung auf einen Volkshochschulkurs nach Informationen, nach Statistiken und nach Fakten und Zahlen zu Klimawandel und Landwirtschaft in Spanien gesucht. Ich glaube, dass man teilweise gar nicht merkt, dass man KI benutzt, und ganz bewusst nutze ich eben jetzt zum Beispiel hier mit ChatGPT eine neue, starke KI. Diese steht aber nur begrenzt zur Verfügung, weil das System ja noch in einer Testphase ist, mit einem Datensatz, der nur bis zum September 2021 reicht. Es ist aber geplant, dass solche Systeme in die Suchmaschinen bei Google, bei Microsoft und so weiter eingebaut werden, deshalb wird sich die Nutzung wahrscheinlich bei allen erweitern.

Zischup:
Sie haben ja ChatGPT schon als "Schüler" ausprobiert, da Sie ja gerade einen VHS-Kurs dazu machen. Was sind Ihre Erfahrungen und wie viel Zeit hätten Sie gebraucht, um auf bestimmte Ergebnisse ohne diese KI zu kommen?
Ries: Wie bei anderen Systemen auch ist es gut, wenn man schon Vorkenntnisse hat, und ich habe parallel zum Beispiel auch Statistikprogramme verwendet, die landesweite Statistiken anbieten, aber es ging schneller mit dem Chatbot. Alles in allem hätte ich auf dieselben Ergebnisse auch anderweitig kommen können. Ich habe ChatGPT genutzt, um Grundlagen zu haben, Zahlen zu haben zur Bildung einer eigenen Meinung für ein geplantes Gespräch.

Zischup:
Wer sagt Ihnen, dass das Ergebnis Ihrer Recherche stimmt? Es könnte ja auch sein, dass die Antworten von den Erstellern manipuliert wurden?
Ries:
Das System ist lernfähig und der Chatbot macht auch Fehler. Wenn man zum Beispiel gefragt hat, welches Tier die größten Eier legt, dann hat die KI geantwortet, es sei der Elefant. Deshalb ist es hilfreich, wenn man selbst Bildung beziehungsweise Wissen hat. Dann kann man sich, wenn man kritisch ist, fragen: Kann das so stimmen? Man kann dann weitere Quellen, weitere Recherchen nutzen. Bei den Quellenangaben ist das Programm noch nicht wirklich gut, die KI macht Fehler oder erfindet teilweise Quellen. Aber auch hier gilt: Je mehr ich mich noch absichere, je mehr ich im Vorfeld schon weiß, desto besser kann ich Informationen, die angeboten werden, dann auch nutzen.

Zischup:
Welche KI hat Ihr Leben verbessert, zum Beispiel die Navigation im Auto oder die Sprachfunktion auf dem Handy?
Ries:
Die KI hat das Leben vereinfacht, ob es dadurch besser ist, weiß ich nicht. Früher kannte ich den Weg vielleicht besser, wenn ich ihn mir selbst suchen musste. Heute spare ich Zeit, aber wenn das System ausfällt, habe ich keine Karte im Auto und bin sozusagen aufgeschmissen, wenn kein Empfang ist.

Zischup:
Kann man ChatGPT als Lernhilfe nutzen?
Ries:
Auch hier ist wichtig, dass man schon etwas weiß, um die richtigen Fragen stellen zu können. Das Programm ist nur so gut wie der Nutzer, der davor sitzt. Je besser gefragt wird, desto besser sind die Antworten. Mit diesen Antworten zu arbeiten ist gut, sie jedoch als eigene Leistung auszugeben, ist schlecht.

Zischup:
Wie können die Lehrer herausfinden, ob der Schüler ChatGPT genutzt hat oder nicht?
Ries:
Das können sie nicht. Es gibt zwar ein Programm, das das feststellen könnte, jedoch ist das auch nicht zu 100 Prozent zuverlässig und damit kann es dazu keine verlässliche Antwort geben.

Zischup:
Sollte man ChatGPT verbieten oder den verantwortungsvollen Umgang mit der KI fördern?
Ries:
Die Entwicklung und Nutzung von KI lässt sich nicht verbieten, weil man nicht nachweisen kann, ob sie genutzt wurde. Deshalb muss man den Schülern den Umgang damit lehren, einen verantwortungsvollen Umgang, der dann auch Vorteile für die Schüler bringt.

Martin Ries ist Oberstudiendirektor und seit September 2021 Schulleiter am Max-Planck-Gymnasium in Lahr. Er unterrichtet Biologie, Sport und Psychologie. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 28. April 2023: PDF-Version herunterladen

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