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Odyssee eines Flüchtlingsjungen

  • Di, 17. November 2015
    Theater

Für Menschen ab 5: "Der kleine Ritter Trenk" im Theater Freiburg.

-  | Foto: Korbel
- Foto: Korbel
Eine Geschichte über das Menschenrecht auf Freiheit und Chancengleichheit, ungeachtet von Abstammung und Geschlecht – im Geiste mag man Religion, Nationalität und Hautfarbe hinzufügen. Soviel Utopie riecht schon fast nach Belehrung. Nicht so bei der vielfach ausgezeichneten Kinderbuchautorin Kirsten Boie: Ihr 2006 erschienener Roman "Der kleine Ritter Trenk" packt existentielle Anliegen in ein spannendes Mittelalterabenteuer mit allem, was dazu gehört. Jetzt ist die Bühnenadaption als quicklebendige, mitreißende Inszenierung mit viel Musik und schönen Liedern im Großen Haus des Freiburger Theaters zu sehen (Regie: Robin Telfer, Komposition: Günter Lehr).

Macht Stadtluft
nicht frei?
"Wenn ich groß bin, werd’ ich der tapferste Ritter der Welt!" jauchzt Bauernjunge Trenk (Jürgen Herold), während er sein fiktives Schwert kampfeslustig durch die Luft sausen lässt. Die Ernüchterung kommt prompt, unerbittlich und von den eigenen Eltern: "Leibeigen geboren, leibeigen gestorben, leibeigen ein Leben lang." So lautet das Gesetz, da kann man noch so dringend wollen... Was das bedeutet, zeigt eine Art Prolog: Auf nackter Bühne steht nur eine winzige Kisten-Kate; die von der hungernden Familie eben aus der Erde gekratzte Karotte wird sofort von den Schergen des grausamen Ritters Wertold einkassiert, ebenso wie der Vater und um ein Haar Trenks geliebtes Ferkelchen. Voll fies und gemein! Aber stopp: Macht Stadtluft nicht frei? Dann die Mutter (Stefanie Mrachacz) zum Abschied fest gedrückt und mit dem Plüsch-Schwein im Arm nichts wie los!

Die Odyssee dieses unbegleiteten Flüchtlingsjungen kommt als turbulentes Stationentheater auf die Bühne: Riesige Bäume schweben von der Decke, schon tappst Trenk ängstlich durch den dunklen Wald, stolpert über ein seltsames Mädchen, das ein Gaukler ist, und liefert sich eine lustige Wolf-Verfolgungsjagd samt Hypnosenummer. Mit Momme (Heiner Bomhard) geht es in die Stadt – und nun wird die Welt groß und bunt (Ausstattung: Sabina Moncys): Meterhohe Sandsteinmauern, ein Tor samt Zugbrücke, davor das Marktvolk. Die Musiker spielen dazu auf: Drehleier, Trommel und Schalmei, später wird auch eine E-Gitarre dabei sein (Band: Thomas Blau, Manuel Mühl, Tim Schicker, Peer Kaliss). Genau so stellt man sich mittelalterliches Treiben vor, hier ist das Wimmelbild noch um witzige Details bereichert: "Leute, kauft Ratten!" kräht die gruselige Alte mit dem fahrbaren Bullerofen, während Zauberkünstler Momme der Apfelfrau eine meterlange Girlande aus dem Ohr zieht und ein Adelsbürschchen mit seinem Pappmachépferd in die Ware tänzelt.

Dieser schusselige Zink (Martin Weigel) ist dann auch Trenks Rettung: Der will nämlich gar nicht Ritter werden, sondern viel lieber Zuckerbäcker – und so tauschen die beiden per Schattentheater flugs die Kleider. In der Burg vom dicken Hans (Holger Kunkel) fällt dieser Betrug zum Glück nur seiner gewitzten Tochter Thekla (Lena Drieschner) auf. Und auch die will nicht, was sie soll: Statt öder Stickerei übt sie heimlich mit der Erbsenschleuder für große Abenteuer. Eigenwillige Helden, die zusammen halten und beherzt ihre Rollen brechen – schon das ist bester Mutmachstoff. Dazu kommt kraftvoll-lockeres Schauspiel in rasenden Rollenwechseln, ein Augenschmaus sind die opulenten Bilderbuchszenen bei Burgüberfall, Turnier und Drachenjagd. 75 Minuten mit Happy End, die vergehen wie im Fluge – und gerade in ihrer Märchenhaftigkeit Denkfutter bieten.

Weitere Termine bis 24. Januar. Ab 5.

Ressort: Theater

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 17. November 2015: PDF-Version herunterladen

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