Interview
Per Anhalter ans Ziel – in Freiburg geht die Tramp-Rally in eine neue Runde
Daumen raus und mitfahren: Darum geht es bei der Tramp-Rally am Samstag, 10. Mai, in Freiburg. Im Interview erklären die Veranstalter, worauf es beim Trampen ankommt und wie man sicher ankommt, auch als Frau.
Di, 6. Mai 2025, 17:18 Uhr
Junges Leben
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BZ: Wohin ging Ihre erste Fahrt per Anhalter?
Tsertsvadze: Meine erste Trampfahrt ging nach Freiburg. Das war unser erster Ausflug, denn Paul trampt schon seit Längerem und hat mich gefragt, ob ich das auch mal ausprobieren möchte.
Hußlein: Bei mir war es 2017. Ich stand in Frankfurt, wo ich herkomme, und wollte nach Berlin. Nachdem es in der ersten Stunde nicht funktioniert hat, habe ich den Ort gewechselt. Dann ging es los und Stück für Stück weiter. Bei Einbruch der Dunkelheit stand ich an der S-Bahn-Station in Berlin und war total glücklich, dass es tatsächlich funktioniert hat. Seitdem bin ich jeden meiner Urlaube getrampt. Ich habe aufgehört zu zählen, aber so 70.000 Kilometer habe ich wahrscheinlich ungefähr erreicht. Mittlerweile ist das Trampen zum Verkehrsmittel geworden.
Alexander Tsertsvadze und Paul Hußlein veranstalten als Verein Abgefahren e.V. die Tramp-Rally, die am 10. Mai ab Freiburg startet. Um 9 Uhr geht es per Anhalter am Rathausplatz in Zweierteams los. An einem noch geheimen Zielpunkt, etwa 250km entfernt, erwartet die Teilnehmenden meist ein Campingplatz und ein Lagerfeuer, an dem sich gemeinsam über die Erlebnisse ausgetauscht wird. Auf https://tramprally.de/ kann man sich anmelden.
BZ: Was ist für Sie der größte Reiz am Trampen?
Tsertsvadze: Es sind das Abenteuergefühl und der Austausch, den man bei jeder Fahrt hat. Man kommt in direkten Kontakt mit vielen verschiedenen Leuten und man lernt immer wieder etwas Neues. Es ist ein Nervenkitzel an der Tankstelle zu stehen, den Daumen rauszuhalten und plötzlich kommt dann das eine Auto, das einen mitnimmt. Ich renne dann immer noch ganz euphorisch herum.
Hußlein: Ich bin einmal nach Istanbul getrampt, da hat der Lkw-Fahrer nachts um 2 Uhr seinen Cousin in Deutschland angerufen, weil er nur Türkisch konnte. Er hat mir übersetzen lassen, dass er das nächste Auto für mich sucht. Es ist also gerade nicht dieses Scheuklappendenken, das wir ganz viel in unserer Gesellschaft haben. Beim Trampen denkt man miteinander und ist füreinander da. Es ist natürlich ökonomisch und ökologisch besser, weil Autos meistens nicht ausgelastet sind. Für mich ist es auch das Nichtvorhersehbare am Reisen. Wenn dich beispielsweise ein Rentner auf der Landstraße mitnimmt und dir sein Dorf zeigt, dann ist das eine Stadtführung, die du nicht buchen kannst.
BZ: Was war Ihre interessanteste Mitfahrgelegenheit?
Hußlein: Man hat als Tramper eine Checkliste, wo man mal mitfahren möchte. Mal ein schnelles Auto, mal ein Lkw oder ein Reisebus. Letztes Jahr nach der Tramp-Rally wollten wir wieder nach Hause und wie es sich gehört natürlich per Anhalter. Dann ist eine Pferdekutsche vorbeigekommen, in der wir zu dritt mit unseren riesigen Rucksäcken eineinhalb Kilometer mitgefahren sind. Das war ein sehr besonderer Lift.
BZ: Wie waren die Erfahrungen der Teilnehmenden der Tramp-Rally im letzten Jahr?
Hußlein: Wir hatten letztes Jahr einige dabei, die schon sehr erfahren waren. Einige sind aber auch zum ersten Mal getrampt. Das Positive war, dass alle Teams am Ziel angekommen sind. Die Freiburger Studis waren alle fix und gut im Zeitplan. Schön ist es auch, wenn man sich gegenseitig auf der Strecke begegnet. Abends treffen wir uns immer am Lagerfeuer und erzählen von unseren Erlebnissen.
BZ: Was raten Sie Menschen, die mit dem Trampen anfangen wollen?
Tsertsvadze: Ein Pappschild mit dem Ziel hilft sehr. Immer freundlich sein, auch wenn man erschöpft ist.
Hußlein: Ich kann die Webseite, Hitchwiki, das Wikipedia für Trampende, empfehlen. Da findest du die besten Tramp-Spots in der Gegend und Karten mit Strecken, auf denen man gut trampen kann. Außerdem sollte man einen Plan B haben. Beim ersten Mal ist es wichtig, mit einer kleinen Strecke anzufangen. Bei 100 bis 200 Kilometern kann man erstmal reinkommen und ein Gefühl dafür entwickeln.
BZ: Wie achtet man auf die Sicherheit insbesondere als weibliche Person?
Hußlein: Bei 99,9 Prozent meiner Fahrten waren die Menschen sehr freundlich und fürsorglich. Tankstellen sind videoüberwacht und die Kennzeichen werden erfasst. Um sich sicherer zu fühlen, kann man Freunden ein Foto des Kennzeichens schicken und das den Fahrenden auch mitteilen. Wir raten insbesondere weiblich gelesenen Personen, tagsüber zu trampen, weil man besser sieht, wer anhält und die Gefahr besser einschätzen kann. Bei der Tramp-Rally haben wir ein Awareness-Team und ein Notfallauto, das jederzeit Leute einsammeln kann, falls nötig. Wir haben dieses Jahr ganz viele Anmeldungen von weiblich gelesenen Personen und freuen uns, dass wir sie genauso gut erreichen.
BZ: Wohin geht es am Samstag?
Hußlein: Das ist noch geheim. Am Samstag um 9 Uhr bekommen alle einen Umschlag mit dem Zielort. Jedes Team hat 15 Minuten Zeit die Route zu planen und dann geht es gemeinsam los.
Tsertsvadze: So ist es auch spannender. Alle stürzen sich darauf eine Route zu planen und diskutieren angeregt. Es ist unfassbar alle in verschiedene Richtungen laufen zu sehen. Jede und jeder hat etwas Unterschiedliches im Kopf, aber alle das gleiche Ziel.
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