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Rassehunde

Prozess um kranken Mops zeigt die Folgen der Turbozucht

  • dpa

  • Do, 16. März 2017
    Panorama

Ein Prozess um einen kranken Mops zeigt, wie schlecht es manchen Rassehunden gesundheitlich geht.

  | Foto: Kudler (photocase.de)
Foto: Kudler (photocase.de)

INGOLSTADT (dpa). Mops Ronja hat Hirnhautentzündung und wird nicht mehr lange leben. Ist das die Schuld der Züchterin, die vorgeschriebene Standards missachtet hat? Es sind komplizierte Fragen, mit denen sich Landgericht Ingolstadt seit Mittwoch beschäftigt – und sie werfen ein fahles Licht auf eine Branche, die mit Tierliebe nur noch wenig zu tun hat.

Sir Henry ist mit Frauchen Uschi Ackermann zur Unterstützung eigens aus München nach Ingolstadt gekommen. "Sir Henry ist der Robin Hood aller Möpse", sagt seine Besitzerin am Mittwoch vor dem Landgericht in die Kameras und drückt ihrem elf Jahre alten Liebling ein Küsschen auf die Wange. "Ich will, dass die Gerechtigkeit siegt." Die 69-Jährige ist die vielleicht prominenteste Mopsbesitzerin in Deutschland, zumindest aber die kämpferischste. Ackermann hat vor Gericht schon einmal einen Prozess für ihren Hund gewonnen.

Nun geht es bei Gericht wieder um einen kranken Mops, um einen todkranken sogar. Ronja leidet an der Pug Dog Encephalitis (PDE). Die Folge der unheilbaren Hirnhautentzündung: epileptische Anfälle, Blindheit, steifer Nacken, Koordinierungsprobleme beim Gehen. Jürgen und Marlies Pflaum aus dem fränkischen Ostheim vor der Rhön haben ihren Liebling vor fünf Jahren bei einer Züchterin in Kinding nahe Ingolstadt gekauft und dafür 1400 Euro hingeblättert. Zwei Welpen standen zur Auswahl. "Wir haben uns für die Hündin entschieden", berichtet der 52-Jährige den Journalisten.

Nach zwei Jahren bekam Ronja die ersten epileptischen Anfälle. Eine Untersuchung brachte die traurige Gewissheit. Der Hund hat PDE. Es begann ein Leidensweg für Ronja und das kinderlose Ehepaar. "Es sind viele Tränen geflossen." Der Hund muss regelmäßig zum Tierarzt und sogar in Tierkliniken. "Ronja ist ein Pflegefall", schildert Pflaum, der die Hündin nicht zum Prozess mitgebracht hat. "Das wäre zu anstrengend für Ronja gewesen, sie verträgt keinen Stress." In den Sitzungssaal hätte sie ohnedies nicht gedurft – vor Gericht herrscht Hundeverbot.

Während draußen die Unterstützergemeinde neun Möpse ausführt, geht es drinnen betont sachlich zu. Pflaums Anwalt Andreas Ackenheil – selbst dreifacher Hundebesitzer – behauptet, die Hirnhautentzündung gehe auf zu frühes und zu häufiges Decken von Ronjas Mutter zurück. Die vom Gericht hinzugezogene Gutachterin Marion Link gibt dem Kläger zwar recht, dass Luna zu oft Nachwuchs bekommen musste. Insofern liege ein Verstoß gegen die Zuchtordnung des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) vor. Die Erkrankung von Ronja sei aber nicht nachweisbar darauf zurückzuführen, meint die Tierärztin.

Die Züchterin lässt sich krankheitsbedingt von ihrem Anwalt Wolfgang Maus entschuldigen, der während der Verhandlung lediglich sagt, dass seine Mandantin alle erforderlichen Zuchtnachweise erbracht habe. Der Vorsitzende Richter Stefan Schwab lässt keinen Zweifel daran, dass er sich der Meinung der Gutachterin anschließen wird. Der geforderte Schadenersatz für die Behandlungskosten von Ronja in Höhe von bisher weit über 10 000 Euro scheidet nach seiner Überzeugung aus.

Den Vergleichsvorschlag des Richters, dem Ehepaar die Hälfte des Kaufpreises für Ronja in Höhe von 1400 Euro zu erstatten, lehnt Ackenheil ab. Nach 35 Minuten Austausch der Argumente ist Schluss. Das Urteil wird am 31. Mai verkündet.

Ressort: Panorama

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