Scharfe Kritik an Mindestlohn von 12 Euro
Arbeitgeber erwägen Rückzug aus gemeinsamer Kommission.
Von der Erhöhung auf 12 Euro sollen etwa 6,2 Millionen Beschäftigte profitieren. Ihre Arbeitgeber müssen ihre Löhne im Jahr 2022 um insgesamt 1,63 Milliarden Euro anheben. Aktuell falle der deutsche Mindestlohn im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich gering aus, heißt es in Heils Entwurf für das Mindestlohngesetz. Auch ein Vollzeitbeschäftigter könne damit angesichts steigender Lebenshaltungskosten eine "angemessene Lebensgrundlage" nicht mehr sichern. Derzeit beträgt der Mindestlohn 9,82 Euro, ab Juli steigt er auf 10,45 Euro. Zudem meint Heil, dass derzeit "eine mit dem Mindestlohn vergütete Vollzeitbeschäftigung nicht genügt, um eine armutsvermeidende Altersrente zu erreichen."
Innungsverband wirft Minister Heil Irreführung vor
Der SPD-Politiker hatte auch betont, dass es bei der Aufstockung auf 12 Euro gerade um die Arbeitnehmer gehe, die wie beispielsweise Reinigungskräfte "in der Pandemie den Laden am Laufen gehalten haben". Diese Darstellung sei irreführend, so der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks, das 700 000 Mitarbeiter hat. Aktuell zahle man dort 11,55 Euro – also knapp 18 Prozent mehr, als es der Mindestlohn vorsehe. Es sei längst mit der IG Bau vereinbart, diesen Satz im Jahr 2023 auf 12 Euro anzuheben. Heil bediene also nur "Klischees statt Fakten" und füge so dem "Image von Deutschlands beschäftigungsstärkstem Handwerk Schaden zu".
Arbeitgeber erwägen Klage gegen das Gesetz
Ob die Arbeitgeber gegen Heils Konzept klagen werden, ist offen. Sie hatten zuletzt angedeutet, dass sie es möglicherweise tun wollen. Unklar ist auch, ob die BDA in der Mindestlohnkommission bleibt. Sollte sie sich zurückziehen und niemanden mehr für die Kommission vorschlagen, wäre Heil am Zug: Dann könnte er selbst entscheiden, wen er auf die Sitze beruft, die den Arbeitgebern in der Kommission zustehen. Sie legt bisher den Mindestlohn fest. Das soll sie nach dem Willen Heils auch künftig tun – nur das Plus auf 12 Euro will er mit dem "Mindestlohnerhöhungsgesetz" durchsetzen. Dazu wird es auch kommen, weil sich die Ampel-Parteien schon während ihrer Sondierungsgespräche im Herbst auf die Anhebung auf 12 Euro geeinigt hatten.
Damit erfüllt die SPD eines ihrer zentralen Versprechen im Bundestagswahlkampf. FDP-Vize Johannes Vogel räumt ein, dass es den Liberalen schwergefallen sei, dieses Zugeständnis an SPD und Grüne zu machen. Sie setzten im Gegenzug durch, dass Berlin die Einkommensgrenze bei den Minijobs auf 520 Euro im Monat anhebt.