Schöne Illusion!

Spinnweben aus der Spraydose: Ein Besuch in den Fernsehwerkstätten des Südwestrundfunks.  

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Glaubt ihr alles, was ihr im Fernsehen seht? Dass all die Spinnweben in Gespensterfilmen beispielsweise wirklich von Spinnen gewebt sind? Wenn ihr die Fernsehwerkstätten des Südwestrundfunks in Baden-Baden besichtigt habt, traut ihr euren Augen nicht mehr. Über 200 Mitarbeiter werkeln dort an Illusionen: Schreiner zimmern Wohnzimmerkulissen, Gewandmeister nähen Prinzessinnenkostüme, Maskenbildner schminken Monstergesichter und Bühnenmaler pinseln Berge auf Leinwand, die wir im Film für den Schwarzwald halten. In der Bildhauerei schläft ein Baby im Regal, geboren in der Sendung "Kinderärztin Lea". Ehrlich gesagt, hat Bildhauer Marcus Arneth das Kleine aus flüssigem Schaumstoff gegossen und seine Kollegen aus dem Malsaal haben täuschend echte Hautfarbe draufgetupft. So wie auf die zwei Stockwerke hohe Baumwurzel im Dschungel von "Oli's wilder Welt" (Kinderkanal, Samstag, 14 Uhr), dort wo sich Löwenmann Oli durch die Lianen schlägt. Die Mammutwurzel haben Bildhauer aus acht Styroporblöcken - jeder so groß wie ein Bett - zusammengeklebt, diese in fünf Wochen Arbeit mit Kettensägen und Raspeln zu einem Baum geformt und Stoff als Rinde rumgelegt. Den hat Malermeister Manfred Jung mit grün-braunen Fassadenfarben besprüht, bemalt und echtes Moos drangesteckt. Nun zeigt er seine Spinnweben-Spraydose: "Pfffft" - schon hängen die Spinnfäden in der Ecke. Die allerdings bestehen aus zuckerwatteähnlichen Nitrolackfäden. In der Schlosserei kracht der Hammer auf den Amboss. Bei 1100 Grad glüht das Metall. Franz Bottschek schmiedet ein Türschild für das Gasthaus "Fischerwirt". Das gibt es nicht wirklich, sondern nur in einem "Tatort"-Krimi. Später zieht Franz Bottschek ein Foto seines größten Schmiedewerks aus der Schublade: eine monströse Eisenkonstruktion auf 30 Rollen, 12,5 mal 12,5 Meter, so groß wie ein Tennisplatz und so schwer wie ein Elefant. Es ist der Unterbau für die Kulisse von "Verstehen Sie Spaß?". Auf ihr läuft Frank Elsner nun die Showtreppe hinunter. Requisiteure besorgen alle Kleinigkeiten, die man für einen Spielfilm so braucht: Tafeln fürs Schulfernsehen oder Teddies, wenn im Film ein Raum wie ein Kinderzimmer aussehen soll. Dann steigt Requisiteur Thomas Röhrig hinab in den fußballfeldgroßen Dekorations-Fundus. Dort lagern 70 000 Koffer, Zahnbürsten, Gemälde mit röhrenden Hirschen, Schultüten, Trompeten, Schwerter . . . Wenn der Requisiteur einen Spielfilm aus- stattet, schiebt er mit mannshohen Gitterkörben durch die Gänge und packt ein wie im Supermarkt: 2500 Einzelteile pro Film. Ein Stockwerk höher räumt Maskenbildnerin Ute Lindner-David ihre Schminkkiste ein und zupft die aufgetürmte Lockenperücke einer Schauspielerin zurecht, die eine Hofdame spielt. "Waschen, legen, fönen, wie beim Friseur." Jedes einzelne der über tausend echten Haare hat ihre Kollegin per Hand angeknüpft.

Zwei Ständer mit 20 Polizeiuniformen rollen zurück ins Kostümlager. "Baden-Württemberg, 60er-Jahre", erkennt Funduschef Manfred Schuler. 56 000 Teile hortet er hier: 240 Arztkittel, 150 Biedermeier-Roben, 20 filzige Bauernkappen aus dem 17. Jahrhundert und eine Kiste Ringelsocken rot-weiß. In einem der hintersten Schränke hängen Mönchskutten auf Bügeln, nebenan schillernde Engelskostüme. Wer darin wohl schon im Himmel herumgeflogen ist? Nur im Film natürlich.

Nicole Kohse

Tipp: Der Südwestrundfunk bietet Gruppenführungen durch die Fernsehwerkstätten in Baden-Baden an. Informationen und Anmeldung unter [TEL] 07221/929-3316 und 929-4040.

Internet: http://www.swr.de

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