Umfrage

Sechs Freiburger Schüler erzählen, wie sie in Corona-Zeiten lernen

"Sehr viel Stoff verpasst": Das Frühjahr kommt – und mit ihm die Prüfungen. Freiburger Schülerinnen und Schüler aus Abschlussklassen erzählen von Online-Unterricht und Prüfungsvorbereitungen.  

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Maren Wießler und Paul Riegger von der Lessing-Realschule Foto: Michael Bamberger
Für viele Schülerinnen und Schüler in der Stadt geht es in den nächsten Wochen und Monaten auf den Abschluss zu. Einige von ihnen haben in den vergangenen Corona-Monaten mehr Zeit zuhause am Schreibtisch verbracht als im Klassenzimmer. Eine Umfrage unter Schülern, wie es ihnen bei den Prüfungsvorbereitungen ergeht.


Luca Zimmermann (20), 13. Klasse, Walter-Eucken-Gymnasium
Die Bedingungen, unter denen wir uns auf unser Abitur vorbereiten müssen, sind schon sehr anders als in früheren Jahren. Als die Schulen im vergangenen Jahr schließen mussten, waren wir gerade mal im zweiten Halbjahr der Jahrgangsstufe 1. Seither sitzen wir die meiste Zeit zuhause und lernen dort. Gerade im ersten Lockdown haben wir sehr viel Stoff verpasst, weil die Schule nicht so schnell auf digitales Lernen umstellen
"Gerade im ersten Lockdown haben wir sehr viel Stoff verpasst." Luca Zimmermann
konnte. Im zweiten Lockdown hatten wir dann zumindest regelmäßig Online-Unterricht und seit Ende Februar werden wir in den wichtigen Fächern wieder in Präsenz unterrichtet. Ich muss sagen, dass der Online-Unterricht an unserer Schule wirklich gut lief. Ich höre aber immer wieder von Bekannten, die auf andere Schulen gehen, dass sie nur zwischen zwei und sechs Stunden die Woche in Video-Konferenzen sitzen. Das reicht natürlich überhaupt nicht, um sich auf eine Prüfung vorzubereiten. Ich persönlich fühle mich gut vorbereitet. Den Unterrichtsstoff, den wir fürs Abitur brauchen, haben wir durch. Natürlich ist das Arbeitspensum gerade extrem hoch. Wir schreiben demnächst unser Probe-Abitur, das sind Klausuren, die unter Abitur-Bedingungen geschrieben werden, aber wie eine normale Klausur zählen. Das Konzept finde ich an sich nicht schlecht, es fällt aber definitiv zu stark ins Gewicht. Da wir in diesen Fächern nur diese schriftliche Note und oft keine mündliche Note haben, stürzen viele Schüler notentechnisch ab.


Sophia Sarcoli (17), 12. Klasse, Wentzinger-Gymnasium
Ich bin in der Kursstufe 1 und mache nächstes Jahr Abitur. In vielen Fächern hat es mit dem Online-Unterricht wirklich gut geklappt, viele unserer Lehrer haben ihr Bestes geben, das haben wir gemerkt. Trotzdem lernt es sich online nicht so gut wie in der Schule. Ich zum Beispiel lerne viel besser in der Gruppe, weil wir reden, diskutieren, uns austauschen. Natürlich geht das auch online, das ist aber viel umständlicher und zeitintensiver. Mitunter ist auch die Hemmschwelle teilzunehmen, deutlich höher. Viel hängt auch vom Fach ab: Einer meiner Leistungskurse ist Spanisch und ich merke zum Beispiel, dass mir beim Fernlernen die Sprachpraxis etwas abhandengekommen ist. Seit der Schulöffnung im Februar sind wir morgens wieder in der Schule und nachmittags im Fernlernen. Sport ist auch ein Leistungskurs von mir. Wochenlang hat
"Ich zum Beispiel lerne viel besser in der Gruppe, weil wir reden, diskutieren, uns austauschen." Sophia Sarcoli
das Fach nur theoretisch, aber nicht praktisch stattgefunden. Zum Notenmachen sollte man dann plötzlich in die Schule, trainieren konnte man aber vorher nicht. Keiner trainiert alleine ein Ballspiel. Ich mache mir auch schon jetzt Gedanken, vielleicht auch Sorgen über die Prüfungen im kommenden Jahr. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich will, dass das Abitur wegen Corona vereinfacht wird, nicht, dass uns dann irgendwann nachgesagt wird, dass unser Abitur so viel einfacher gewesen sei. Schule war für meine Mitschüler und mich in den vergangenen Wochen so anstrengend. Man ist zuhause, verbringt Tage vor dem Bildschirm und hat keinen Ausgleich mehr.

Paul Riegger (15), 10. Klasse, Lessing-Realschule
Das wochenlange Zuhause-Sitzen hat mich manchmal richtig traurig gemacht. Dann sitzt man da und denkt, ich mache schon wieder das Gleiche wie gestern, vorgestern und die Tage zuvor. Irgendwann hat man da keinen Bock mehr. Zuhause war vor Corona immer Freizeit und plötzlich ist es der Arbeitsplatz. Was mich stört, ist, wenn es in meinem Umfeld heißt, dass wir es wegen Corona viel leichter haben als frühere Jahr
"Das wochenlange Zuhause-Sitzen hat mich manchmal richtig traurig gemacht." Paul Riegger
gänge. Das stimmt nicht. Ich finde, die Prüfung müsste mindestens gleich viel wert sein. Ich merke, ich will da keine Unterschiede machen. Prüfungen bedeuten immer Stress, sowohl für uns als auch für die Jahrgänge vor uns. Außerdem weiß ja keiner, wie die Prüfungen in diesem Jahr werden. Wir sind außerdem der erste Prüfungsjahrgang, der nach dem neuen Bildungsplan Prüfung macht. Das verunsichert noch zusätzlich. Im Unterricht hören wir öfters den Satz, wir wissen auch nicht genau, was euch in der Prüfung erwartet. Egal, ob man jetzt oder vor einigen Jahren Prüfungen hatte, für jeden bedeutet das erst einmal Stress.

Maren Wießler (16), 10. Klasse, Lessing-Realschule
Es ist cool, dass wir wieder in die Schule gehen, zumindest für einen Teil der Kernfächer. Wenn das bleibt, dann werden wir die Prüfungen richtig gut packen. Die Nebenfächer kann man auch gut zuhause lernen, aber in den Hauptfächern braucht es eine richtige Kontrolle. Im Präsenzunterricht fällt es auch viel leichter, seine Fragen zu stellen. Angst vor der Prüfung? Nervös
"Die Nebenfächer kann man auch gut zuhause lernen." Maren Wießler
bin ich schon, vor allem vor dem taschenrechnerfreien Teil in Mathe. Aber ich merke auch, dass ich jetzt fertig machen will. Ich arbeite jetzt so richtig auf meinen Abschluss hin. Was mich auch motiviert, ist, dass ich weiß, wie es für mich nach der Schule weitergeht. Ich habe bereits einen Ausbildungsplatz als Verwaltungsfachangestellte im Landratsamt. Diesen Platz zu haben, nimmt auch viel von dem Prüfungsdruck. Für mich ist das ein Lichtblick.


Ali El-Hadi Baddah (16), 10. Klasse, Pestalozzi-Realschule
In unseren Hauptfächern haben wir jetzt endlich wieder Präsenzunterricht. Das ist gut, der Online-Unterricht war für einige von uns dann doch sehr kompliziert. Man sitzt zu Hause und muss sich ganz alleine für das Lernen entscheiden. In der Schule macht der Lehrer Druck. Da muss man, und das funktioniert dann auch. Die Prüfungsvorbereitungen machen viel Arbeit.
"Wir bekommen viele Extra-Aufgaben zum Üben, und bewerben sollte man sich auch noch." Ali El-Hadi Baddah
In manchen Wir bekommen viele Extra-Aufgaben zum Üben, und bewerben sollte man sich auch noch. Fächern müssen wir auch noch Stoff nachholen, das macht uns noch mehr Druck. Ich bin der Meinung, dass unser Jahrgang es schwerer hat als andere Jahrgänge. Die Prüfungen sind auch so schon anspruchsvoll, aber Corona streut noch mehr Salz in die Wunde. Ob gefeiert wird, wenn die Prüfungen vorbei sind? Mal sehen, unser Lehrer will eine kleine Abschiedsfeier machen, wenn Corona es zulässt. Für mich fühlt es sich aber auch nicht so an, als sei das Zusammensein mit meiner Klasse nach den Prüfungen vorbei. Wir werden uns ganz sicher auch noch danach treffen.


Isa Tritsch (18), Berufskolleg, Max-Weber-Schule
Meine erste Prüfung mache ich Mitte Mai, die letzte Mitte Juni. Ich versuche gerade, viel Stoff nachzuholen. Einige Inhalte sind wegen des Online-Unterrichts auf der Strecke geblieben, unter anderem weil Stunden ausfielen oder Moodle nicht funktioniert hat oder weil man mit dem Nacharbeiten nicht hinterherkam. Die Umstellung von Online- auf Präsenzunterricht fällt einigen auch nicht leicht, auf Stand ist man noch nicht, Zeit für Wiederholungsstunden gibt es aber auch nicht. Einige unserer Lehrer machen jetzt Druck, eben weil wir bald Prüfungen haben. Sie versuchen zwar, auf uns einzugehen, trotzdem wird angezogen.
"Ich finde es unfair, unter diesen Bedingungen Prüfungen zu machen." Isa Tritsch
Das merken wir. Ich finde es unfair, unter diesen Bedingungen Prüfungen zu machen. Die Politik hatte lang genug Zeit, sich auf die Situation einzustellen, hat aber viel zu wenig gemacht, um die Schulen mit guten Konzepten, etwa im Online-Unterricht, durch die Pandemie zu führen. Da wird zu viel improvisiert. Aktuell werden wir nicht in Kleingruppen eingeteilt, sondern sitzen zusammen im Klassenzimmer. Ich finde aber auch, dass ein Teil des prüfungsrelevanten Stoffs wegen Corona gestrichen werden müsste. Wir bekommen in den Prüfungen zwar mehr Bearbeitungszeit, aber die Inhalte müssen wir trotzdem können.
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