"Brigitte Bardot in 11 Teilen"
Sebastian Bronst (AFP)
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Fr, 26. August 2016
Computer & Medien
Seit 60 Jahren lesen Teenager die Zeitschrift Bravo.
Zwar hat das einst unangefochtene Pionierheft aus dem Verlagshaus Bauer seit längerem starke Konkurrenz, erscheint nur noch alle zwei Wochen in gedruckter Form und musste sich an das Zeitalter von Internet und sozialen Netzwerken anpassen. Aber den Sprung in die Zukunft hat die Kultzeitschrift geschafft, sie bleibt bei Jugendlichen gefragt.
Ein Heft für junge Filmliebhaber sollte die Bravo ursprünglich werden. Und so startet Deutschlands erstes Jugendmagazin am 26. August 1956 als "Zeitschrift für Film und Fernsehen", herausgegeben vom 2005 gestorbenen Journalisten Peter Boenisch. Für 50 Pfennige geht Bravo damals mit dem Covergirl Marilyn Monroe über die Ladentheke.
Dann kommen die 60er Jahre – und die Beatles. Musikstars verdrängen Leinwandhelden vom Titel, das Interesse an immer neuen globalen Popikonen befeuert auch den Absatz der Bravo. Auf die "Fab Four" folgen Abba, Nena, Michael Jackson, Take That und Britney Spears. Zum Renner entwickelt sich der Starschnitt. Fans sammeln Woche für Woche Fototeile und kleben ihre Stars in Lebensgröße zusammen. Nach "Brigitte Bardot in 11 Teilen" entstehen 122 Starschnitte in mehr als 50 Jahren, bevor die Rubrik endet. Der letzte zeigt Bill und Tom Kaulitz von Tokio Hotel.
Doch nicht nur Geschichten über Musik- und TV-Stars schlagen die jungen Leser in den Bann. Als die Auflage Ende der 60er Jahre einbricht, heben die Bravo-Macher ein neues Thema ins Blatt: Sex. Dr. Sommer heißt die Vertrauensperson, die auf delikate Fragen antwortet und so zum Teenie-Chefaufklärer avanciert. Damals eine absolute Neuerung.
Hinter dem Pseudonym verbirgt sich zunächst der inzwischen verstorbene Jugendtherapeut Martin Goldstein, später gibt es ein ganzes Expertenteam. Gefragt ist der Rat von Dr. Sommer trotz fast allgegenwärtiger Sexualität noch immer. Wöchentlich erreichen das Team laut Bravo rund 300 Anfragen.
Doch die Teenager-Bibel erlebt schwierige Zeiten, droht durch geänderte Lese- und Konsumgewohnheiten ins Abseits zu geraten. Liegt die Auflage Anfang der 90er noch bei rund einer Million Exemplaren, sind es 2006 knapp 511 000 und heute etwa 131 500. Kein Wunder: An den Kiosken ist die Konkurrenz inzwischen groß, das Internet tut das Übrige. Der Verlag reagiert und baut das Blatt zu etwas um, was er selbst heute als "Europas größte Jugend-Multichannel-Marke" bezeichnet.
Neben die gedruckte Ausgabe tritt die Online-Plattform Bravo.de. Außer der klassischen Bravo erscheinen Spezial-Magazine wie Bravo Sport und Bravo Girl. Seit 2014 setzt das Blatt außerdem voll auf soziale Medien. Leser können über Messengerdienste wie WhatsApp mit der Redaktion kommunizieren oder Interviewfragen über Instagram stellen. Die klassische Star-Berichterstattung wird heruntergefahren, Bravo setzt mehr auf lebensnähere und ratgeberartige Geschichten. Social-Media-Promis wie die Lochi-Zwillinge und Dagi Bee treten als neue Stars an die Seite der alten. "Wir haben früh erkannt, wie wichtig diese nahbaren Idole für unsere Zielgruppe sind", sagt Chefredakteurin Nadine Nordmann. Das Ergebnis? Die Facebook-Seite der Bravo hat mehr als 950 000 Fans. Eine Sache gilt für die Bravo auch nach 3079 Ausgaben immer noch: Um erfolgreiche Jugendzeitschrift zu bleiben, muss sie sich für jede Lesergeneration neu erfinden.
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