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USA

Spektakulärer Fall der Kindesentführung nach 18 Jahren gelöst

  • dpa

  • Mo, 16. Januar 2017, 00:00 Uhr
    Panorama

     

Ein vor 18 Jahren entführtes Kind aus Florida wuchs bei seinen Entführern auf – der Fall wurde erst jetzt gelöst. In den USA werden jährlich 460.000 Kinder als vermisst gemeldet.

Freude bei der Familie über das Auffinden von  Kamiyah   | Foto: dpa
Freude bei der Familie über das Auffinden von Kamiyah Foto: dpa
Kamiyah ist am ersten Tag ihres Lebens, nur acht Stunden nach der Geburt, entführt worden. Ihr Mutter Shanara Mobley aus Jacksonville im US-Bundesstaat Florida hat jedes Jahr einen Geburtstagskuchen für ihre Tochter gebacken. Jetzt, 18 Jahre später, hat die Polizei die junge Frau gefunden. Sie wusste 18 Jahre lang von nichts, hielt eine eigentlich fremde Frau für ihre Mutter. Nach Einschätzung von Nachbarn sei sie gut erzogen, unauffällig aufgewachsen. Einer der spektakulärsten Fälle von Kindesentführung in den USA ist damit aufgeklärt.
"Wir haben eine Reihe von Tipps bekommen", beschrieb Sheriff Mike Williams die unspektakulären letzten Schritte einer Aufsehen erregenden und lange Zeit hoffnungslos erscheinenden Ermittlung am Freitag (Ortszeit). Es war wohl aufgefallen, dass mit den Papieren der jungen Frau irgendetwas nicht stimmig war. Ein schneller DNA-Abgleich, dann herrschte Gewissheit. "Es ist ein Fall, wie wir ihn in diesem Land lange Zeit nicht gesehen haben", sagte Williams.

Und die USA haben einiges gesehen. Jedes Jahr werden dort nach Angaben des Internationalen Zentrums für vermisste Kinder 460 000 Jungen und Mädchen als vermisst gemeldet. In der Zwischenzeit bekommen Mutter und Kind in vielen Krankenhäusern sogar Alarm-Armbänder, die ein Signal auslösen, sobald sie sich auf eine bestimmte Distanz voneinander entfernen. Der Fall der 18-Jährigen könnte nun auch anderen verzweifelten Eltern in aller Welt wieder Hoffnung geben. Einer der Aufsehen erregendsten und weltweit bekannten Fälle ist der des britischen Ehepaars McCann, dessen Tochter Maddie 2007 in Portugal verschwunden war.

Die Geschichte von Kamiyah klingt unglaublich: Unmittelbar nach der Geburt des Mädchens hatte sich eine Frau ans Bett der erst 16 Jahre alten Mutter gesellt. Acht Stunden nach der Geburt schlich die Frau mit dem Kind auf dem Arm, verkleidet als Krankenschwester, aus der Klinik. Die Großmutter war der Frau noch auf dem Flur begegnet. "Ich hatte Verdacht geschöpft, weil sie eine Handtasche umhatte", sagte die Frau vor acht Jahren einer lokalen Zeitung. Doch da war es schon zu spät.

Hubschrauber kreisten kurz darauf über der Klinik, jeder einzelne Raum der Klinik wurde von Beamten durchkämmt. Auf den umliegenden Autobahnen machten Leuchtschilder die Autofahrer darauf aufmerksam: "Achtung! Kindesentführung!" 250 000 Dollar Belohnung wurden für sachdienliche Hinweise ausgesetzt. Nichts brachte etwas – Täterin und Opfer blieben verschwunden.

Der Vater war bereits während der Geburt wegen eines Drogendeliktes in Haft. Er kooperierte mit der Polizei, um die Chancen auf das Auffinden seines Kindes zu verbessern. Damit gab er aber auch zu: Er hatte ein Kind mit einer 15-Jährigen gezeugt. Eine Straftat in Florida, die ihm erneut eine Haftstrafe einbrockte. Nicht annähernd so schlimm wie die Familie, aber dennoch gnadenlos litten auch die Ermittler. Teilweise wühlten die Polizisten zehn Jahre, um zum Erfolg zu kommen. Manche gingen in der Zwischenzeit in den Ruhestand, ohne dass der Fall gelöst war. "Wir haben ein paar von ihnen angerufen und sie informiert", sagte der Sheriff.

Die Gespräche mit der Familie waren schwieriger. "Man muss sich vorstellen, was diese Leute zu verdauen haben", sagte Williams. "Sie wird Zeit und Hilfe brauchen, um das zu verkraften", sagte der Sheriff über die 18-Jährige, die urplötzlich ihre Identität verloren hat. Schon am Tag der Bekanntgabe habe die junge Frau mit ihrer echten Verwandtschaft im drei Autostunden entfernten Jacksonville telefoniert, berichtete die Times Union.

"Nennt mich Kamiyah", sagte sie dem Bericht zufolge zu ihrer Familie, die nicht sicher war, ob sie die junge Frau mit ihrem Rufnamen Alexis ansprechen sollten – den hatte sie von der Entführerin bekommen. Einen Tag später fuhren die Eltern die 200 Meilen nach South Carolina. Nach Informationen örtlicher Medien kam es zu einem Treffen in der Polizeistation von Walterboro. "Sie hat mir gesagt, dass sie sich freut, uns zu treffen", sagte ihr Vater Craig Aiken dem Sender CBS anschließend.

Die 51-jährige Entführerin sitzt derweil in Haft. Beim ersten Gerichtstermin war die Tochter nach Informationen der Times Union sogar dabei. Sie habe ihrer Kidnapperin, die sie ihr Leben lang für ihre Mutter hielt, versichert: "Ich liebe Dich und ich bete für Dich."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 16. Januar 2017: PDF-Version herunterladen

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