Stevie will sterben

Meg Hastons Jugendroman "Alles so leicht".  

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Ungeduscht, verkatert, tätowiert – das ist Stevie an ihrem ersten Therapietag. Die 16-Jährige aus Atlanta wurde von ihrem Vater eingewiesen. Der Grund: sie isst nicht mehr, trinkt höchstens noch. Dass sie im Therapiezentrum mit den Worten "Willkommen zum ersten Tag Deiner Heilung" begrüßt wird, findet Stevie lächerlich. Sie hat andere Pläne: Sie will in 27 Tagen tot sein – am ersten Jahrestag, an dem ihr älterer Bruder Josh starb.

Widerstrebend durchlebt das Mädchen den Therapiealltag in dieser "Villa" in der Wüste von New Mexico: Einzeltherapie mit Anna, Mahlzeiten mit den anderen Mädchen, Gruppentherapie und Schlafen im Bungalow mit Ashley – für Stevie "Weißblondchen". Sie wertet alles ab und freut sich nur an ihrem Zustand. Als die Therapeutin Anna ihr bestätigt, dass sie unglaublich unterernährt sei, ist Stevie froh: "Ich beiße mir auf die Innenseite meiner Wange, aber mein Lächeln ist wohl trotzdem zu sehen. Der Drang zu fliehen ist verschwunden, und jetzt will ich nur noch meine Augen schließen und mich in das Wort einsinken lassen, mich darin einweichen, bis meine Haut ganz schrumpelig geworden ist. Anorexie." Magersucht durch Hungern bewundert sie. Auf die Mädchen, die an Bulimie, Ess-Brech-Sucht, leiden, schaut sie herab.

Die Wildnis ist in uns

Stevies Geschichte fesselt vom ersten Moment an. Ihr innerer Monolog ist lebendig, trotzig und unterhaltend. Sie kommentiert, erinnert sich und deutet vieles an. Warum will sie sich zu Tode hungern, woher hat sie die große Narbe am Bein, wer ist Eden und vor allem: Was ist mit Josh passiert? In Rückblenden, Gesprächen mit Anna und Briefen ergeben die Geschehnisse nach und nach ein Bild. Die Mutter verließ die Familie, es folgen Stevies erste Exzesse mit Essen, Alkohol und mit der Studentin Eden; eine ausschweifende Beziehung entwickelt sich. Als Josh sich auch in Eden verliebt, erwischt er die beiden beim Küssen. Dann kommt es zu einem tödlichen Unfall.

Die Schuldgefühle kann Stevie kaum aushalten. Sie hat sich und die Therapie satt. Am dreizehnten Tag reißt sie aus und bestellt im nächsten Imbiss: ein Glas Wasser und einen kleinen Salat. Was danach kommt, lässt einen beim Lesen verzweifeln. Stevie isst noch eine Gemüsesuppe, einen Cheeseburger, Pommes, Pfirsichkuchen mit Vanille-Eis und trinkt Cola. Dann geht sie kotzen. Ist Stevie noch zu retten? Im Nachwort schreibt die Autorin, dass Stevies Geschichte auf dem basiert, was sie selbst empfinde – als "Überlebende". Meg Haston wurde 2010 stationär wegen Anorexie behandelt. "Alles so leicht" ist ein Survival-Thriller – die Wildnis ist in uns selbst.
– Meg Haston: Alles so leicht. Roman. Aus dem Amerikanischen von Alexandra Ernst. Thienemann Verlag, Stuttgart 2015. 320 Seiten, 19,99 Euro. Ab 13.

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