Gesprächsführung

Talkaholics: Was hilft, wenn das Gegenüber redet und redet

Wenn Menschen scheinbar ununterbrochen sprechen, kann das für andere äußerst herausfordernd sein. Doch wie sich als "zugetextete" Person in so einer Situation verhalten - wenn man kaum zu Wort kommt?  

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Wenn zwei Menschen sich treffen, aber ...n - und kann dem anderen sogar helfen.  | Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Wenn zwei Menschen sich treffen, aber nur einer redet, ist echte Kommunikation schwierig. Doch auch als Zuhörer hat man etwas zu sagen - und kann dem anderen sogar helfen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

Sie sprechen quasi ohne Punkt und Komma. Manche Menschen haben einen offensichtlichen Drang zum Reden. Das kann dem Gegenüber gehörig auf die Nerven gehen. Zum Beispiel die Kollegin, die bei der Teambesprechung Monologe hält. Der Nachbar, der einen beim Treffen offenkundig ohne Pause zutextet. Die Freundin, die in einem fort auf einen einredet und einem keinen Raum gibt, dass man selbst etwas erzählt. Solche Menschen heißen auch "Talkaholics".

Und häufig ist ihnen nicht bewusst, dass ihr ununterbrochener Redefluss andere stören kann. Denn mitunter sendet das Gegenüber ein falsches Signal. Michaela Albrecht, Kommunikationstrainerin im hessischen Hohenroda, nennt ein Beispiel: "Wenn jemand zu dem Redeschwall des Gegenübers aus Höflichkeit nickt, obgleich es ihn nervt, kann dies der übermäßig mitteilsame Mensch als Interesse deuten", sagt sie.

Welche Ursachen ein gesteigertes Redebedürfnis haben kann

Wenn jemand ununterbrochen redet und dem oder der anderen keine Gelegenheit lässt, selbst etwas zu sagen, kann dies unterschiedliche Ursachen haben.

  • Einsamkeit: "Manche leben allein und haben kaum jemand, mit dem sie sprechen können", sagt Judith Lurweg, Systemische Therapeutin in Münster. Treffen diese Menschen dann auf andere und sehen die Möglichkeit, lange Ungesagtes zu sagen, machen sie es auch: "Es ist, als wenn sich etwas in ihnen löst und Angestautes nach außen drängt" so Lurweg.
  • Unsicherheit: Andere reden unaufhörlich in der Erwartung, dass sie Bestätigung erhalten. "Sie sind sich unsicher, ob es richtig ist, was sie tun oder wie sie sich verhalten", sagt Lurweg, "und wollen das mit einem Redeschwall ausgleichen".
  • Persönlichkeitseigenschaft: Manchen wurde als Kind nicht zugehört – und das kompensieren sie als Erwachsene damit, dass sie reden und erwarten, dass andere ihnen zuhören. "Andere sind es einfach gewohnt, dass man ihnen zuhört und reden allein deshalb unaufhörlich", so Lurweg. Dieses Muster sei aufgrund der geschlechtlichen Sozialisation öfter bei Männern im Verhalten gegenüber Frauen anzutreffen. Die Frauen fügten sich und hörten zu, obwohl sie genervt sind, weil sie gelernt haben, zu gefallen.
  • "Mitunter hat es auch etwas mit dem Alter zu tun, weshalb manche Menschen unaufhörlich auf andere einreden", sagt Albrecht. Je älter man ist, desto mehr hat man zumeist erlebt – und manche Ältere verspüren den Drang, die dabei gemachten Erfahrungen weiterzugeben, damit andere davon profitieren könnten.

Tipps für den Umgang mit "Talkaholics"

Wie man auf jemanden am besten reagiert, der oder die unaufhörlich redet, hängt davon ab, in welchem Zusammenhang die Kommunikation erfolgt. "Im beruflichen Kontext, zum Beispiel bei einer Teambesprechung, können Strukturen mit festgelegten Sprechzeiten dafür sorgen, dass die Wortmeldung eines Teammitglieds sich nicht in die Länge zieht", so Albrecht.

1. Unterbrechen

Wenn das Gespräch etwa mit der guten Freundin zu einseitig ist und sie diejenige ist, die unaufhörlich erzählt, sollte man sie freundlich, aber bestimmt unterbrechen. "Dann geht es nicht darum, sie mit Vorwürfen zu überhäufen nach dem Motto "Was textest Du mich eigentlich so zu?", sondern in Ich-Formulierungen zu sprechen", sagt Lurweg.

Also etwa: "Ich habe den Eindruck, dass Du mehr redest als ich und mir keine Gelegenheit gibst, dass ich auch etwas aus meinem Leben erzählen kann." Oder: "Hey, ich kann Dir gerade nicht so konzentriert zuhören, weil Du schon längere Zeit redest; lass mich mal was sagen."

2. Gesten

Auch die Körpersprache kann dabei helfen, dem Gegenüber zu signalisieren: Ich möchte etwas sagen. "Das kann etwa sein, indem man die Hand hebt oder mit einem Finger auf den anderen zeigt", sagt Albrecht.

"Ein Gespräch ist ein Austausch und kein Monolog"Judith Lurweg, Systemische Therapeutin in Münster

3. Grenzen setzen

"Ein Gespräch ist ein Austausch und kein Monolog", erklärt Lurweg. Dies sollte man dem oder der anderen unmissverständlich klarmachen und ihn zuvor freundlich in seinem Redefluss unterbrechen. Je nach Situation kann es auch hilfreich sein, dem oder der anderen mitzuteilen, dass man nicht bereit ist, länger zuzuhören – etwa, weil man in Zeitdruck ist. Dann verabredet man sich womöglich zu einem weiteren Gespräch. Und der- oder diejenige, die ununterbrochen zugehört hat, sagt dann etwa: "Beim nächsten Mal erzähle ich auch etwas von mir."

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Schlagworte: Judith Lurweg, Michaela Albrecht

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