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Träumen von love, peace, happiness

  • Do, 27. Februar 2003
    Zisch

     

JUZ-INTERVIEW mit der Musicaldarstellerin Yasmine Meguid, die ab Samstag in Basel die Rolle der Sheila im Musical "Hair" spielt.

"Hair" ist Kult, sagen die ungefähr mittelalten Eltern. Und "Hair" ist Kult, sagen auch die ungefähr mitteljungen Kinder. Nicht erst seit wieder einmal ein Krieg "made in USA" zu befürchten ist, hat das Musical, das 1967 in New York uraufgeführt wurde, Brisanz - und boomt. Ab Samstag ist "Hair" einen Monat lang in Basel im Musical Theater zu sehen. Klara Wehrle sprach für die JuZ mit Yasmine Meguid, die in Basel die Sheila spielt.

JuZ: Was reizt an der Rolle der Sheila?
Yasmine Meguid: Also erstens finde ich die Lieder, die Sheila singt, sehr schön. Natürlich ist sie auch ein klar definierter Charakter in dem Musical. Sie ist Studentin, sie ist immer an Demos dabei, sie ist politisch sehr involviert und sie möchte etwas ändern auf diesem Planeten - und in ihrer Umgebung. Also, es ist schon toll, dass sie nicht so eine crazy bekiffte Frau ist - wobei das auch eine Herausforderung wäre, das zu spielen.

JuZ: Können Sie sich vorstellen, zu Hippiezeiten so gelebt zu haben wie Sheila?
Yasmine Meguid: Oh, das ist schwierig zu sagen. Also wahrscheinlich schon eher in dieser Richtung. Und sehr wahrscheinlich würde ich mich ganz ähnlich für meine Umwelt und das, was da passiert, interessiert haben.

JuZ: Sie haben die Maria Magdalena in "Jesus Christ Superstar" gespielt und jetzt die Sheila in "Hair". Das sind ja beides irgendwie "moralische" Musicals - würden Sie gerne mal in "Cats" oder "Grease" spielen?
Yasmine Meguid: Doch, das würde ich sehr gerne probieren. Musical muss ja nicht jedes Mal bedeutungsvoll oder traurig sein. "Grease" würde mich reizen. Und "Cats" sowieso, weil ich Katzen sehr gerne habe. Aber ich hab' da noch ein paar Jahre Zeit, bis ich "Memories" singen kann, weil das eben eher eine ältere "Katze" singt. Ob ich das dann immer machen wollte, weiß ich nicht. Bis jetzt haben mir "Jesus Christ" und "Hair" viel Spaß gemacht - und vielleicht würden mich die anderen Stories auf Dauer gar nicht so packen.

JuZ: Stimmt, "Hair" ist packend und aktuell. Könnte denn so eine Art Hippiebewegung heute wieder entstehen?
Yasmine Meguid: Nein, so wie es in den Siebzigern war sicher nicht mehr. Aber man sieht ja, dass im Moment sehr, sehr viele Leute gegen den drohenden Krieg im Irak demonstrieren, dass sie auf die Straße gehen und sagen "lieber Liebe und nicht Hass". Das ist natürlich schon toll. Dass die dann aber auch ihre Jobs aufgeben und im Central Park wohnen würden, glaub' ich nicht. Außerdem ist es heutzutage auch viel schwieriger mit der "freien Liebe". Es gibt inzwischen immerhin Aids . . .

JuZ: "Hair" hat eine klare politische Ausrichtung - es geht unter anderem um eine Antikriegsbotschaft. Gilt die heute wieder oder immer noch? Das heißt, ist die damalige weltpolitische Lage mit unserer heutigen überhaupt vergleichbar?
Yasmine Meguid: Ich denke schon, dass man da einiges vergleichen kann, auch wenn ein Krieg im Irak wohl nicht zuletzt mit dem Interesse an Ölquellen zusammenhängt. Aber auch das wäre ein Krieg, den man einfach nicht so richtig gewinnen kann, glaube ich. Es geht nicht nur um den Irak, sondern um die ganze große, schreckliche Situation im Mittleren Osten und im Golf. Das ist schon ein bisschen anders als zu Vietnamkriegzeiten, aber auf der anderen Seite sind auch diesmal sehr viele Leute dagegen und sagen das auch laut. Das war damals genau so.

JuZ: Lohnt es sich denn noch, für das zu kämpfen, für das die Hippiebewegung damals kämpfte?
Yasmine Meguid: Ich finde, es lohnt sich sehr. Es sieht so aus, als ob sich heute die Leute eher um ihre Handys kümmern als um Liebe und Frieden, aber man soll immer noch dafür kämpfen, das ist ganz klar. Ich sag jetzt nicht, dass ich ein perfektes Beispiel dafür bin, aber ich gebe mir auf jeden Fall Mühe. Ich glaube auch, dass die Welt ein schönerer Ort wäre, wenn sich alle ein bisschen mehr akzeptieren würden. Das klingt vielleicht ein bisschen klischeehaft, aber es wäre wirklich so.

JuZ: Kann man eigentlich heute auch noch mit Demos was bewegen?
Yasmine Meguid: Ich glaube schon. Wenn wir da nicht mehr dran glauben würden, dann würde sich nichts mehr lohnen. Das ist wie beim Wählen - jede Stimme zählt. Und es zählt auch jeder einzelne Mensch, der auf die Straße geht und sagt "so nicht". Und es ist super, wenn man auf der ganzen Welt sieht, dass ganz normale Leute auch eine Meinung haben und nicht alles abnicken und bei allem mitmachen.

JuZ: Schafft "Hair" es heute noch, seine Botschaft rüberzubringen?
Yasmine Meguid: Ich glaube schon. Es kommt zwar mit sehr viel Humor an, mit sehr vielen witzigen Szenen und auch ganz toller Musik, aber es kommt doch auch eine sehr deutliche Botschaft heraus - und regt zum Denken an. Vor allem der Schluss macht, dass man nach diesem Musical noch was zu diskutieren hat - und zwar nicht irgendwelche Tanzszenen, sondern Inhalte.

JuZ: Wie stehen Sie zum Drogenkonsum, der in "Hair" ja geradezu zelebriert wird?
Yasmine Meguid: Ich finde, alles sollte in geregeltem Maß stattfinden. Ich selbst trink' auch gern ein Glas Rotwein und ich würde vielleicht auch an einem Joint ziehen. Aber natürlich hab' ich auch Angst vor Drogen. Und ich habe Angst um Leute, die zu viel Drogen nehmen - es macht einen sehr kaputt. Ich glaube aber nicht, dass junge Leute zum Beispiel nach diesem Musical sagen, das ist cool, das müssen wir auch machen. Denn das war eine ganz andere Zeit. "Hair" erzählt eine Geschichte, und Drogen gehörten halt auch zu dieser Geschichte.

JuZ: Ihr Vater ist Ägypter, Sie selbst sind in New York aufgewachsen und dann hierher in die Schweiz gezogen. Wo fühlen Sie sich wirklich zu Hause?


"Nach "Hair" redet man nicht über Tanzszenen, sondern über Inhalte." Yasmine Meguid, Musicalstar

Yasmine Meguid: Das ist eine sehr gute Frage, die stelle ich mir selbst dauernd. Es kommt immer darauf an, in was für einer Stimmung ich bin. Ich betrachte mich schon als Amerikanerin, aber ich sehe eher ägyptisch aus und ich besuche meine Verwandten in Ägypten sehr gerne und ich fühl mich auch wohl dort. Ich könnte nie da wohnen, aber für zwei Wochen ist das noch gut. Auf der anderen Seite vermisse ich New York City sehr und ich geh' sehr gerne meine Freunde besuchen und gehe gerne zu Fuß durch die Stadt. Ich bin aber auch sehr glücklich in Zürich. Ich bin irgendwie überall ein bisschen verwurzelt.

JuZ: Wollen Sie Ihre Zuschauer "nur" unterhalten - oder wollen Sie mit Ihrer Arbeit auch eine Botschaft rüberbringen?
Yasmine Meguid: Ich hoffe, dass das beides irgendwie gelingt. Dass wir alle zusammen eine gute Show abliefern, damit die Leute wirklich gut unterhalten werden. Auf der anderen Seite möchte ich auch, dass sie danach interessante und angeregte Gespräche darüber führen und dass es nicht einfach nur zwei Stunden waren, um abzuschalten. Gerade "Hair" ist kein "Abschalt-Musical". Es ist zwar sehr unterhaltsam, aber auch voller Inhalt und Bedeutung.


Infos zu Hair in Basel gibt's unter: http://www.fineartsonline.ch - dort kann man auch Karten online reservieren (nur noch für etwa 10 Aufführungstermine)

Ressort: Zisch

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 27. Februar 2003: PDF-Version herunterladen

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