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Klimademo

Über 300 Schulschwänzer in Lahr?

  • Emily Fautz, Klasse 9a, Scheffel-Gymnasium (Lahr)

  • Sa, 15. Juni 2019, 00:00 Uhr
    Schülertexte

Auch in Lahr gingen Schüler für das Klima auf die Straße. Emily Fautz aus der Klasse 9a des Scheffel-Gymnasiums in Lahr war dabei und berichtet für Zischup über die Demo.

In immer mehr Ländern, auch in Deutschland, setzten sich vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene für den Schutz des Klimas ein. Auch in Lahr tut sich was. Am 15 März 2019, dem internationalen Klimaschutztag, wollen Kinder und Jugendliche, dass sich durch die Bewegung Fridays for Future die Politik mehr für den Klimaschutz einsetzt. Es geht ihnen nicht darum, die Schule zu schwänzen, sondern um für ihre Zukunft zu kämpfen.

"Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut", rufen die Demonstranten. Auf dem Lahrer Rathausplatz versammeln sich immer mehr Schüler und Schülerinnen, aber auch Erwachsene. Die meisten haben selbstgemachte Plakate und schrille Pfeifen dabei, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Auch wenn die Jugendlichen auf den ersten Blick gar nicht unterschiedlicher sein könnten, so haben sie doch ein gemeinsames Ziel: Ihre Zukunft zu retten.
Einen Monat lang haben die Jugendlichen alles selber vorbereitet, Werbung gemacht und die Demo organisiert. Nun ist der große Tag endlich da. Heute, am internationalen Klimaschutztag, wird in über 100 Nationen demonstriert.

Manchen Schülern wurde als Strafe für die Demo unter anderem mit Nachsitzen gedroht, doch das ist ihnen egal. In Lahr sind mittlerweile schon über 300 Schüler und Schülerinnen zusammengekommen. Der Demozug geht los, die Jugendlichen laufen mit ihren Plakaten durch ganz Lahr, um für ein besseres Klima zu demonstrieren. Aus einer Ecke hört man "...hopp, hopp, hopp, Kohle Stop". Sofort rufen alle laut im Chor das Gleiche mit. Manche Plakate stechen sofort ins Auge, sie sind bunt bemalt mit lustigen und provokanten Sprüchen, wie beispielsweise: "Wir lernen nicht für eine zerstörte Zukunft" und "Das Klima ist aussichtsloser als unser Mathe-Abi".

Angekommen an den einzelnen Schulen, wie zum Beispiel dem Max-Planck-Gymnasium in Lahr, schreien manche in ein Megafon, für was sie heute demonstrieren: eine lebenswerte Zukunft. Es gibt viele unterschiedliche Reaktionen. Manche Erwachsene nehmen die Jugendlichen nicht ernst. Manche Autofahrer sitzen gelangweilt in ihren Autos und warten darauf, dass die Jugendlichen von der Straße gehen, bis der Weg wieder frei ist. Andere wiederum kommen spontan dazu, um mitzumachen.

Nun fängt es stärker an zu regnen, doch die Jugendlichen zeigen echtes Engagement und lassen nicht nach. Sie hüpfen, pfeifen und schreien lauter als zuvor. Zurück am Lahrer Rathausplatz versammeln sich die Schüler in einem Kreis um die Redner. Auch die Politiker wurden zuvor eingeladen. Einige Parteien wie zum Beispiel die Linken haben auch zugesagt, sind jedoch nicht erschienen, erklärt Enrico Schandl, Mitglied der Grünen Jugend. Die demonstrierenden Jugendlichen lassen sich davon nicht unterkriegen. Eine laute Stimme ertönt, die erste Rede geht los.

Viele Schüler haben Reden vorbereitet, in denen sie Lösungen vorschlagen, wie ein früherer Braunkohleausstieg gelingen kann, denn das ist das Hauptziel von Fridays for Future. Manche halten sogar eine spontane Rede. Nach jeder Rede wird laut gepfiffen und geschrien. Man merkt, wie ein Gemeinschaftsgefühl unter den Jugendlichen entsteht.

Erstmals am 20. August 2018 demonstrierte die 16 Jahre junge schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg gegen den Klimawandel. Sie saß zunächst jeden Tag während der Unterrichtszeit vor dem schwedischen Reichstagsgebäude in Stockholm und zeigte ein Schild mit der Aufschrift "Skolstrejk för klimatet" ( deutsch: Schulstreik fürs Klima). Durch ihren Protest erzeugte sie nationale und internationale Aufmerksamkeit, sodass sich in verschiedenen Städten weltweit Gruppen bildeten, die sich der von ihr initiierten Bewegung anschlossen. Nun findet diese Bewegung, wir der Name schon sagt, jeden Freitag in unterschiedlichen Städten statt.

In Deutschland wurde das erste Mal im Dezember 2018 unter anderem auch in Berlin gestreikt. Für ihren Einsatz ist Greta Thunberg jetzt für den Friedensnobelpreis nominiert. Es geht ihr nicht darum, dass sie zwei Unterrichtsstunden weniger pro Woche hat, sondern um die Zukunft ihrer und folgender Generationen. Diese Generation ist die letzte, die den Klimawandel stoppen kann. Ein Argument der Jugendlichen ist, dass die Politiker und Politikerinnen nichts unternehmen, um die Klimakrise abzuwenden. Noch immer werden vor allem Kohle, Öl und Gas abgebaut. Das ist der Grund, warum die Schüler an diesem Freitag nach der vierten Unterrichtsstunde bewusst fehlen. "Denn mit jedem Tag, der ungenutzt vergeht, setzen wir unsere Zukunft aufs Spiel! Vielleicht sind wir rechtlich gesehen Schulschwänzer, doch darauf könnten wir nicht stolzer sein!", sagt Gloria Mann, die die neunte Klasse des Scheffel-Gymnasiums besucht. "Was wir hier machen, ist nicht Schule schwänzen, sondern Schule verweigern! Schule schwänzen ist für mich, wenn man aus Faulheit nicht zur Schule geht. Doch was wir hier machen, ist für etwas viel Bedeutenderes", erklärt der Elftklässler Sebastian Schwärzel.

Auch viele Gegner von Fridays for Future sind anwesend, manche Autofahrer hupen, um die Rufe und Reden zu übertönen, was ihnen nicht gelingt. Jedes Mal, wenn jemand versucht, die Demonstrierenden zu unterbrechen, schreien die Schüler und Schülerinnen nur noch lauter. Manche meinen, es ist nicht die Aufgabe der Schüler, sich um so ein komplexes Thema zu kümmern, sondern die der Politiker. Der 22-jährige Enrico Schandl sagt voller Überzeugung, dass ihm Klimaschutz sehr wichtig ist: "Für was sollte ich lernen, wenn es keine Zukunft gibt? Und falls irgendein Politiker meint, es wäre seine Aufgabe, sich um den Klimaschutz zu kümmern ... Ja, es ist auch eure Aufgabe, nur nehmt ihr sie nicht ernst. Wenn nicht wir, wer dann?""Ja, natürlich wollen wir provozieren, denn es muss sich etwas ändern, so schnell wie möglich. Lieber opfere ich drei Unterrichtsstunden, als mich zu fragen: Was wäre wenn? Wenn man während der Schulzeit streikt, bekommt man natürlich mehr Aufmerksamkeit, als wenn man es in seiner Freizeit tut. Dies ist natürlich gewollt. Denn wenn die Regierung uns unsere Zukunft klaut, halten wir uns auch nicht an Gesetze", sagt Emilia Schabinger, die ebenfalls die neunte Klasse des Scheffel-Gymnasiums besucht.

Mittlerweile sind die Ohren schon fast taub von der lauten Pfeiferei. Die Demo ist zu Ende, doch viele bleiben noch länger da, um beim Abbau zu helfen. Für die Jugendlichen war die heutige Demonstration ein voller Erfolg. Deshalb soll auch bald eine weitere Demonstration in Lahr stattfinden.

Ressort: Schülertexte

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