"Unvorbereitet loslaufen geht gar nicht"
Wattführerin Regina Matthiesen wandert fast täglich durch den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Seit vielen Jahren läuft Anneli Drexler mit ihr zu den Halligen und zur Insel Amrum. Sie hat Regina Matthiesen interviewt. .
Anneli Drexler, Klasse 4b, Grundschule Rimsingen (Breisach)
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BZ: Und? Was muss man erfüllen?
Man muss einige Zeit mit einem Wattführer auf verschiedenen Strecken mitlaufen und von diesem bestätigt bekommen, dass man mit den Gezeiten und Strömungsverhältnissen vertraut ist. Man muss dann für jede Strecke, die man für Gruppen anbieten möchte, beim Amt einen Antrag stellen. Dafür muss man auch ein ärztliches Attest vorlegen, dass man gesund ist. Man muss alle zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs nachweisen, ebenso eine Wattführerhaftpflichtversicherung. Wird der Antrag genehmigt, bekommt man ein Schriftstück, das man dann mitführen muss. Außerdem muss man immer einen Kompass dabeihaben. Ich habe auch einen GPS-Empfänger dabei, aber ich laufe immer noch am liebsten mit einem manuellen Kompass. Dann kann keine Technik ausfallen. Ganz wichtig ist auch eine Uhr am Handgelenk. Man muss immer die Zeit im Blick haben, denn das Wasser kommt wieder! Und mit vom Watt verschmutzten Händen fasst man nicht mal schnell in die Tasche und holt das Handy raus, um nach der Zeit zu schauen.
BZ: Was finden Sie schön am Wattenmeer?
Dass sich das Wattenmeer zweimal am Tag verändert. Man hat zweimal am Tag die Ebbe und zweimal am Tag ist die Flut da. Also diese ständige Veränderung. Und diese unendliche Weite, also dass das Wattenmeer irgendwann mit dem Horizont aufeinandertrifft. Wunderschön. Das ist Balsam für die Seele, sage ich immer.
BZ: Was ist Ihre Lieblingswattstrecke?
Ich gehe am liebsten vom Festland zur Insel Föhr. Ich gehe aber auch sehr gerne von Lüttmoorsiel zur Hallig Nordstrandischmoor. Da bin ich immer ein bisschen zuhause.
BZ: Wie viele Touren laufen Sie im Jahr so ungefähr?
Ich habe fast 100 offene Termine mit unterschiedlichen Zielen, zu denen man sich anmelden kann. Aber so ungefähr zwei Drittel fallen aus. Zum einen spielt manchmal das Wetter nicht mit, zum anderen ist oft die Beteiligung zu gering. Die ist die letzten Jahre merklich zurückgegangen, das berichten auch die anderen Wattführerinnen und Wattführer. Diejenigen, die früher mitgekommen sind, sind älter geworden und schaffen die weiten Strecken nicht mehr. Die Strecken sind so ungefähr zwischen sechs und zwölf Kilometer lang. Und trödeln darf man nicht, denn das Wasser kommt bestimmt wieder. Und die Jungen? Entweder sie haben keine Lust mehr oder trauen sich die längeren Strecken nicht mehr zu. Daneben bin ich auch noch mit Privatgruppen oder Firmengruppen unterwegs. Aber auch da geht die Nachfrage zurück, leider auch bei Schulklassen.
BZ: Welche Jahreszeit ist die schönste im Watt und warum?
Die schönsten Monate sind für mich der Mai und der Juni, weil dann besonders viele Vögel unterwegs sind. Zum einen sind es die Vögel, die das ganze Jahr hier über bei uns sind, und zum anderen sind es Vögel, die hier brüten und die dann Ende Juli wieder in ihre Winterquartiere fliegen. In diesen Monaten geht es auch noch ruhiger her, da auch die Pfingstferien nicht bundesweit stattfinden. Während der Sommerferien ist hier richtig viel los.
BZ: Ein Kollege von Ihnen wurde jüngst im Watt vom Wasser eingeschossen. Ist es also gefährlich, im Watt zu wandern?
Bevor man startet, muss man genau gucken, wann ist Niedrigwasser. Und man muss auch wissen, wie die Wasserstände vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg aktuell vorhergesagt sind. Die kann man zum Beispiel im Internet abrufen. Und natürlich muss man die Wettervorhersage im Blick haben. Gewitter im Watt sind gefährlich. Man muss sich schon gut vorbereiten und das Wissen mitnehmen. Völlig unvorbereitet einfach loslaufen, das geht gar nicht.
BZ: Ist Ihnen schon mal etwas in Watt passiert?
Nein, Gott sei Dank nicht. Ich habe das auch schon gehabt, dass das Wasser mal früher zurückkam oder die Strömung im Priel mal stärker war als erwartet – aber das war alles noch im Rahmen und überschaubar. Leider hat man manchmal fiese Muscheln, die für einen Schnitt in der Fußsohle sorgen. Aber was Ernstes ist noch nicht passiert.