Vögel, die nie mehr fliegen

Die Präparatorin Daniela Starke stopft Tiere für das Adelhausermuseum aus.  

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Vögel, wohin man schaut: kleine und große. Manche lassen ein wenig müde die Flügel hängen. Kein Wunder. Sie stehen hier schon lange. Und sie sind tot. Sie sind ausgestopft wie das Reh, dem ein Ohr fehlt und wie das Eichhörnchen, das sehr lebendig wirkt, wickelte sich nicht dieser Draht um das Tierchen. Auf einem riesigen Tisch liegen Pinzetten, Messer, Hammer, Zangen und ein Bolzenschneider. In einer abgedeckten Schüssel schwimmen Fische, haltbar gemacht in einer speziellen Tunke.

Wir sind im Adelhausermuseum in Freiburg. Dort im Labor hat Daniela Starke ihren Arbeitplatz. Sie ist die einzige Tierpräparatorin in Freiburg und versucht seit neun Jahren mit toten Tieren das wirkliche Leben nachzubilden. Sie stopft Tiere aus, die dann in den Vitrinen des Museums stehen.

Für den Laien scheint das eine eklige Arbeit zu sein. Wer zieht schon gern Mäusen und Katzen das Fell ab oder verpasst toten Füchsen bunte (Glas)-Augen? Doch man wundert sich: Bei der Arbeit fließt kein Blut. Auch Innereien quellen nirgendwo hervor. Deshalb sagt Daniela Starke auch, dass die Vorbereitung für die Präparation für sie nichts anderes sei, als einem Brathähnchen die Pelle abzuziehen. Sie sieht ihren Beruf als "abwechslungsreichen Traumjob". Sie hat ihn in Deutschlands einziger Schule für Tierpräparatoren in Bochum und an einem Museum in Münster erlernt.

Daniela Starke führt uns in einzelnen Schritten ihr Handwerk vor. Erst schneidet sie den Bauch des Vogels auf, dann schiebt sie die Hülle zur Seite. Nun kann sie den Muskelkörper mit samt seinem Innenleben herausholen. Die Haut nebst Federkleid wird gründlich gewaschen und dann konserviert. Das ist wichtig, damit sich später keine Käfer oder Larven darin finden. Schließlich wird der "nasse Lappen" geföhnt und mit Ton und Holzwolle gefüllt.

Dann setzt sie Augen aus Glas ein, die es in unglaublicher Vielfalt zu kaufen gibt. Der leblose Körper wird verdrahtet und zurechtgezupft bis er seine endgültige Form hat. Hier beginnt die eigentliche Kunst. Dem Vogel wird durch diese Handgriffe erst sein typisches Aussehen, seine ihm eigene Haltung verliehen. "Ein Huhn hockt einfach anders auf der Stange als ein Papagei", sagt Daniela Starke.

Ein schimmernder Makrelenschwarm

Rund 2000 ausgestopfte Tiere gehören dem Adelhausermuseum. Nur etwa zehn Prozent davon hat Daniela Starke gefertigt. Ein Großteil ihrer Arbeitszeit gehört der Pflege der vorhandenen "Tiere". Manche Stücke müssen neu aufgearbeitet werden. Und alle müssen immer wieder auf Insektenfraß untersucht werden. Mit weiteren Mitarbeitern des Museums ordnet sie die Vitrinen neu. Die sind oft so voll gestopft, dass man Einzelheiten kaum noch wahrnehmen kann.

Zu besonderen Ausstellungen im Adelhausermuseum trägt sie mit ihrer Kunst natürlich auch bei. Im Dezember wurde die Schau "Mit Haut und Haaren - Faszination Tierbekleidung" eröffnet. Daniela Starke hat dafür einen Makrelenschwarm hergestellt. Das silbern schimmernde Gewimmel im blaugrünen Licht sieht echt aus. In Wirklichkeit sind die Makrelen aber aus Kunststoff, mit metallisch glänzendem Sprühlack überzogen und mit Ölfarbe verschönert. Die Prä-

paratorin hat dafür echte Makrelen beim Fischhändler besorgt und deren Formen in Gips gegossen. In die hat sie dann Kunststoff gefüllt, der nach dem Erkalten gefräst und geschliffen wurde. Was herauskam, sieht - zumindest von der Form her - einer echten Makrele täuschend ähnlich.

Nur wenige Museen leisten sich eine eigene Präparatorin. Schließlich kann man ausge- stopfte Tiere auch im Spezialgeschäft kaufen. Aber auch das ist teuer. Die Preise beginnen bei ein paar hundert Euro für einen Vogel und haben nach oben kaum Grenzen. Für Daniela Starke ist ihr Beruf stets aufs Neue faszinierend: "Ich wollte immer schon die sein, die in den Vitrinen krabbelt."

Ulrike Ehrlacher-Dörfler

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