"Ich dachte an Winnetou, nicht an Gold"

BZ-INTERVIEW mit Jahrhundertsportler Georg Thoma (82), der heute vor 60 Jahren mit seinem Olympiasieg in Squaw Valley vom Hirtenbub zur Legende wurde.
HINTERZARTEN. Dass er eine Legende ist, weiß er seit Jahrzehnten: "Isch halt so." Tausend Mal erzählt hat Georg Thoma (82), berühmtester Schwarzwaldsportler, als Dreikäsehoch bettelarmer Hirtenbub auf dem Wunderlehof, was damals geschah im Tal der Indianerfrau. Als Niemand war er in die USA geflogen, in einer Superconstellation, des Englischen nicht mächtig. Heute vor 60 Jahren wurde Georg Thoma in Squaw Valley Olympiasieger in der Nordischen Kombination. Johannes Bachmann ließ sich Thomas tausendunderste Gold-Geschichte erzählen.
Thoma: Liegt an der Mütze, ich war grad draußen. Ich wollte heut’ morgen auf die Langlaufski. Aber in diesem Schwarzwälder Katastrophenwinter ging halt nur laufen. Ich war stramm zu Fuß eine Stunde lang in Alpersbach unterwegs. Zusammen mit meinem Hund. Wir zwei schwätzen dann halt miteinander.
BZ: Jetzt wird ausgeruht.
Thoma: Hä neiii. Wenn wir zwei fertig sind mit dem Interview, dann geht’s raus zum Holz spalten. Der Kachelofen braucht Nachschub.
BZ: Erinnern Sie sich? Squaw Valley, 21. Februar 1960, dritter Durchgang des olympischen Kombinationsspringens. Was ging Ihnen durch den Kopf?
Thoma: Ich seh’ das vor mir, als wär’s gestern gewesen. Es gab noch keinen sogenannten Happlebalken. Wir sind seitwärts reingerutscht in die Spur. Da unten im weiten Rund standen 30 000 Zuschauer. Ich hab’ mir gesagt, spring’ jetzt so ruhig und so schön wie möglich.
BZ: Sie wussten, was Sie drauf haben?
Thoma: Klar, ich konnte schon immer gut springen, nicht erst bei Olympia, ich war ja deutscher Meister. Ich konnte mich sehr gut auf den Moment konzentrieren. Und ich wusste, wie man die Kampfrichter im Parallelstil beeindruckt. Wir Springer und Kombinierer mussten damals weiße Handschuhe tragen. Ich bin mit den Strickhandschuhen meiner Oma gesprungen. Die Dinger waren toll. ...