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Was die frustrierten Mieter in Freiburg-Rieselfeld erleben, ist ein Fall für Kafka

Uwe Mauch
  • Do, 01. Februar 2024, 19:59 Uhr
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Ein Immobilien-Konzern kauft hunderte Wohnungen in Freiburg-Rieselfeld, erklärt die Befürchtungen der Mieter für unbegründet – und bestätigt sie dann. Klingt nach Franz Kafka, ist Freiburger Realität.

Das die altbekannte Wohnung nach der N...ür viele Mieter nicht nachvollziehbar.  | Foto: Fotolia.com/WoGi
Das die altbekannte Wohnung nach der Neuvermessung plötzlich größer – und teuer – sein soll, ist für viele Mieter nicht nachvollziehbar. Foto: Fotolia.com/WoGi
Die Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen. Als die Soka-Bau, eine Einrichtung der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft, vor drei Jahren ihre Rieselfelder Wohnanlagen an die Deutsche Invest Immobilien verkaufte, schwante den Mietern nichts Gutes. Doch der DII-Chef beteuerte, Wert auf ein gutes Miteinander zu legen und kündigte eine bessere Kommunikation an. Finanzbürgermeister Stefan Breiter sekundierte, die DII habe kein Interesse an Unruhe, und er versicherte, die Entwicklung genau zu beobachten.

Die neueste Entwicklung scheint an ihm vorbeigegangen zu sein. Das Referat für bezahlbares Wohnen, das OB Martin Horn einst öffentlichkeitswirksam als Stabsstelle in seinem Dezernat installierte und vergangenen Oktober an Baubürgermeister Martin Haag abgab, ist merkwürdig defensiv. Dabei soll es doch – nicht zuletzt – bezahlbare Wohnungen erhalten helfen.

Stattdessen erleben einige Mieter der DII, wie ihre Wohnungen plötzlich um einige Quadratmeter wachsen und entsprechend teurer werden. Nachfragen enden im Nirwana. Statt in Gesprächen den Sachverhalt zu klären, stellt die DII auf stumm und zieht vor Gericht. Franz Kafka hätte seine Freude gehabt. In ihrer Verzweiflung nutzte eine Mieterin den Verwendungszweck auf der Überweisung, um eine Anfrage zu platzieren – mit Erfolg übrigens. Spätestens jetzt sollte die Stadt politischen Druck aufbauen und zumindest eine Vermittlerrolle auf höchster Ebene versuchen.
Kontakt zum Autor: [email protected]

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Gregor Mohlberg

1026 seit 10. Jul 2009

Nicht alles was rechtlich erlaubt ist, ist auch angebracht. Die Deutsche Invest Immobilien GmbH nutzt jede Möglichkeit auch noch den letzten Cent aus ihrern Mieter:innen zu quetschen, zu Gunsten der Renditeversprechungen gegenüber ihren Anleger:innen.

Die ca. 300 Wohnungen im Rieselfeld dürften sich dabei über die letzten Jahre allerdings längst refinanziert haben. Instandhaltung und Betriebskosten waren seitdem zudem im Mietpreis enthalten. Ab jetzt soll mit dem Wohungsbestand ordentlich Kohle gescheffelt werden. Mit den jetzt vollzogenen Mieterhöhungen, aufgrund von Nachmessungen bei der Quadratmeterzahl werden, über die Regel-Rendite hinaus, zusätzliche Einnahmen in die Kassen der Investor:innen gespühlt. Da wo Wohngeld oder Kosten der Unterkunft bezahlt werden zudem, über den Sozialetat des Bundes, des Landes und der Kommunen, diese privaten Renditen und Mietgewinne auch noch mitfinanziert.

Gregor Mohlberg

1026 seit 10. Jul 2009

FORTSETZUNG

Hier zeigt sich Funktionsweise eines Kapital- und Renditegetriebenen Wohnungsmarktes. Mitten in die allgemeine Teuerung hinein, kommen zu den gesetzlich erlaubten Miet- und Nebenkostenerhöhungen, zusätzliche Belastungen auf die Mieter:innen zu. Nicht Bedarf und leistbare Mieten sind hier des Ausgangspunkt, sondern das Wohnen als Rendite-abwerfenden Ware und eben nicht als Menschenrecht verstanden.

Dieses Beispiel zeigt wie wichtig Wohnungsbestände sind, die sich in öffentlicher und gemeinwohlorientierter Hand sind. Bei öffentlichen Wohnungsbeständen werden die Mieten demokratisch kontrolliert, nah an den Betriebskosten berechnet und eine Refinanzierung muss nicht schon bereits nach 20 Jahren erfolgt sein. Die Einnahmen fließen zudem nicht in private Hände, sondern bleiben der öffentlichen Hand zu Refinanzierung weiterer Projekte erhalten.


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