Was man mit Sprache alles anstellen kann

Im Projekt "Jugend schreibt" des Literatur Forums Südwest lassen junge Menschen eine alte Kunst wieder aufleben.  

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"Deutsche Schülerinnen und Schüler haben ein besonders geringes Interesse am Lesen." Dies war nur eine der vernichtenden Wahrheiten, die die Pisa-Studie vor vier Jahren ans Licht brachte. Dabei gibt es eine Gruppe von Jugendlichen aus Freiburg und Umgebung, die nicht nur leidenschaftlich gerne lesen, sondern auch selbst Texte verfassen und Gedichte schreiben. Sie haben dank des Projektes "Jugend schreibt" des Literatur Forums Südwest alle zwei bis drei Monate die Möglichkeit, ihre Werke vorzustellen und sich auszutauschen.

"Die Treffen sind von großer Solidarität und Ernsthaftigkeit geprägt", erzählt Martin Gülich, einer der Projektleiter. "Alles verläuft so uneitel, das gefällt mir." Tatsächlich: Taucht ein neuer Gast auf, wird er freundlich begrüßt, man rückt näher zusammen, und der Kreis öffnet sich. Seit fast zehn Jahren existiert das vom Oberschulamt geförderte Projekt nun schon, geändert haben sich mit dem Umzug in den Alten Wiehrebahnhof nur die Räumlichkeiten. Organisiert werden die Treffen von Martin Gülich und Bernd-Jürgen Thiel, die beide großen Wert darauf legen, nicht wie Lehrer, sondern eher wie Moderatoren zu wirken. Während der Gespräche und Diskussionen über die vorgelesenen Texte halten sie sich im Hintergrund und sie nehmen keine Sonderrolle ein. "Es gibt kein Richtig und Falsch", meint Gülich, "für mich ist es wichtig, die Leute zu motivieren". Viele brauchen und suchen in der Runde Anerkennung für ihre Texte. Sie sind zwar keine Außenseiter, kämpfen aber mit dem schlechten Image der Literatur unter Jugendlichen. Die gilt nämlich als uncool.

Die Gruppe der 25 bis 30 Schülerinnen und Schülern ist eine Insel im Meer des endlosen Fernsehkonsums. "Es macht Spaß auszuprobieren, was man mit Sprache alles machen kann", sagt die 18-jährige Lenka Fehrenbach. Sie selbst liest ihre Kurzgeschichte vor, in der ein Mädchen ohne Partner eine Tanzstunde besucht und schließlich doch von einem Jungen aufgefordert wird. Im Text des 18-jährigen Victor Kümel berichtet ein Ich-Erzähler über seine Rolle als ewiger Mädchen-Kumpel.

"Das Schreiben sensibilisiert die Wahrnehmungsweise", weiß Bernd-Jürgen Thiel, "man ist stärker auf sein Inneres ausgerichtet." Beide Projektleiter kritisieren, dass die Literatur an den Schulen entweder zu wenig oder falsch gefördert werde. Der Deutschunterricht sollte sich mehr dem Kunstunterricht annähern, meinen sie. Das Pragmatische und Theoretische müsse sich abwechseln, nur so könne man die Jugendlichen wieder mehr für das Lesen begeistern.

Das Literatur Forum veranstaltet neben den Treffen einmal im Jahr eine Schreibwerkstatt, Lesungen und Anthologien mit den besten Texten der Schüler werden veröffentlicht. Für einige Jugendliche soll das Hobby vielleicht sogar zum Beruf werden. Zum Beispiel für Marie Martin, die schon während der Schulzeit an den "Jugend schreibt"-Projekten teilgenommen hat. 2002 bewarb sie sich für das Studium am deutschen Literaturinstitut Leipzig - und zählte zu den wenigen, die aufgenommen wurden.


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