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Was soll Maria in Unterflossing?

  • Sabine Dobel (dpa)

  • Mi, 28. Februar 2018
    Panorama

Ein selbsternannter Seher behauptet, die Muttergottes in dem oberbayerischen Dorf gesehen zu haben / Die Kirche dementiert.

Der selbsternannte Seher Caputa   | Foto: dpa
Der selbsternannte Seher Caputa Foto: dpa

UNTERFLOSSING. In einem kleinen Ort in Oberbayern, nicht weit vom Pilgerzentrum Altötting, soll es eine Marienerscheinung geben. Hunderte kamen dafür schon 2017 nach Unterflossing. Nun ist die heilige Jungfrau wieder angekündigt. Und erstmals äußert sich auch die katholische Kirche dazu.

Die heilige Maria riecht nach Rosen. Und kommt nach Oberbayern. Am 17. März pünktlich um 16.30 Uhr soll die Mutter Gottes erscheinen, an der kleinen St.-Laurentius-Kapelle in Unterflossing. So jedenfalls kündigt es Otto Masszi an, der die Kapelle vor einigen Jahren gekauft und eigenhändig renoviert hat. Das Örtchen mit rund 100 Einwohnern zählt zur Gemeinde Polling im Landkreis Mühldorf am Inn – eben nahe an Altötting.

Schon zweimal soll sich die Maria hier gezeigt haben, zuletzt im September. Hunderte Menschen pilgerten mit einem selbsternannten Seher namens Salvatore Caputa in den Ort, einige wollen Maria gerochen haben: "Es war dieser Rosenduft unmissverständlich da", sagt Erich Neumann, Vorsitzender des Vereins Förderer und Freunde der St.-Laurentius-Kapelle, der das Treffen organisiert. "Ja, da hat sich was getan. Da ist etwas." Masszi, als Organist und Chorleiter in mehreren Gemeinden sowie als Ingenieur im Landratsamt München tätig, sagt, eine Frau habe die Gottesmutter sogar gesehen: braune Haare, samtblaues Gewand.

Nun nahm erstmals das Erzbistum München und Freising dazu Stellung: Es handele sich nicht um kirchlich anerkannte Vorgänge. Um den Anschein einer kirchlichen Legitimation zu vermeiden, verbot das Erzbistum allen Klerikern die Mitwirkung. Der örtliche Pfarrer Armin Thaller hatte sich schon vor dem Statement des Erzbistums zurückgehalten – und darauf verwiesen, dass die Kirche das Phänomen prüfen müsse. Er sprach von einer Wanderung "auf einem Grat, so scharf, dass man sich die Füße zerschneidet".

Denn es gibt auch von der Kirche anerkannte Marienerscheinungen: im französischen Lourdes, wo aus dem Jahr 1858 eine Serie von Erscheinungen übermittelt ist, und im portugiesischen Fátima, einem der bedeutendsten katholischen Wallfahrtsorte, wo sich die Mutter Jesu 1917 gezeigt haben soll. Weitere gab es in Mexiko-Stadt und in Philippsdorf in Böhmen. Die Anerkennung bedeutet indes nur, dass die Erscheinungen nicht dem Glauben widersprechen.

Doch warum sollte die heilige Maria ausgerechnet in Unterflossing auftauchen? Gut, das Geburtshaus des emeritierten Papstes Benedikt in Marktl ist nur etwa 30 Autokilometer entfernt. Nach Altötting mit seiner berühmten schwarzen Madonna sind es keine 20 Kilometer. Und im nahen Aschau am Inn gingen die Ratzinger-Brüder Joseph und Georg zur Schule. Reicht das aus, um Maria anzulocken? "Das wären menschliche Interpretationen", meint Neumann.

Maria habe in Oberbayern erscheinen wollen, sagt Masszi. Vorher soll sie sich einen Ort gesucht haben, an dem sie nicht willkommen war: Bei einer Privatkapelle auf dem Grund eines Bauern in Walpertskirchen im Landkreis Erding soll sie erstmals aufgetaucht sein, auch dort erwartete sie der Italiener Caputa mit seinem Gefolge. Laut Masszi hat er den kurzen Draht zu ihr und reist voraus, wenn sie sich zeigen möchte – und hunderte Pilger mit ihm. Dem Sohn des Bauern platzte schließlich der Kragen – er scheuchte die Gesellschaft fort. Er habe gar den Mistwagen in den Weg gestellt, berichtet Masszi entrüstet. "Ein Trauerspiel – man kann nicht der Mutter Gottes das Wasser abgraben." So habe er den Entschluss gefasst, Maria in seine Kapelle einzuladen. Er habe sich an Caputa gewandt, der die Einladung übermitteln solle.

Dass Maria stets pünktlich um 16.30 Uhr erscheint, ist für Masszi kein besonderes Wunder. "Sie kennt doch die Uhr." Er warnt aber Gäste, zu knapp zum Termin zu kommen. Wer zuvor nicht bete, habe wenig Chancen auf Offenbarung. Also sind von Mittag an Gebete angesagt. Ein Gottesdienst nachmittags muss nach dem Verbot des Erzbistums ohne Kleriker stattfinden. Masszi ist das Urteil der Kirche nicht wichtig. "Ob das ein Wallfahrtsort wird oder nicht, ist mir relativ wurst." Was er nicht wolle, sei ein Geschäft mit Maria, wie es im nahen Altötting stattfinde. "Das gefällt der Mutter Gottes nicht."

Die Menschen in der Region sind vor allem mit einem irdischen Phänomen konfrontiert: dem Ansturm auf die Marienerscheinung. "Sie sind der dreihundertste Anrufer", sagt Hans Söhl, Inhaber der Firma Soehlmetall im nahen Obertaufkirchen, deren Nummer wohl aus Versehen auf einer früheren Seite zu der Erscheinung vermerkt war. "Wir haben mit der Marienerscheinung nichts zu tun – außer der Telefonnummer."

Ressort: Panorama

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