Zisch-Interview mit Reinhold Ewald

Was tun, wenn man im All mal muss?

Was macht man im All, wenn man mal muss? Diese und viele weitere spannenden Fragen stellten Schüler aus Rust einem richtigen Astronauten: Reinhold Ewald.  

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Während ihrer Zeit im All ist das Spaceshuttle das Zuhause für die Astronauten. Foto: ddp
Reinhold Ewald ist ein richtiger Astronaut. 1997 flog er ins Weltall und forschte auf der Mir, der sowjetischen Raumstation. Schüler der Klassen 4a und 4b aus Rust trafen ihn im Europapark. Als Zisch-Reporter des Projektes "Zeitung in der Schule" durften sie den Raumfahrer mit ihren Fragen löchern.

Zisch: Wollten Sie schon als Kind Astronaut werden?
Reinhold Ewald: Als Kind sah ich, wie Alexei Leonow als erster Mensch ein Raumschiff verließ und frei im All schwebte. Davon habe ich ein Bild gemalt, aber Astronaut wollte ich nicht werden. Dann habe ich Physik und Medizin studiert und mich einfach bei der Europäischen Weltraumbehörde beworben. Später könnte ich Alexei Leonow kennen lernen. Dass ich ihn wirklich einmal treffen würde, daran hab ich als Kind nie gedacht.

Zisch: Wie lange dauert eine Ausbildung zum Astronauten?
Reinhold Ewald: Nach einem Studium der Physik, Medizin oder Raumfahrttechnik beginnt die Ausbildung. Die jüngsten Astronauten sind dann Anfang 30 und Mitte 30, wenn sie ins All fliegen

Zisch: Wie bereiten Sie sich auf die Weltraummission vor?
Reinhold Ewald: Für jeden Astronauten gibt es zehn Trainer. Sie kümmern sich darum, dass jedes Detail und jeder Handgriff, den man später im All braucht, richtig sitzt. Alles muss immer wieder wiederholt werden, das dauert so zwischen drei und vier Jahren.

Zisch: Was mögen Sie an ihrem Beruf am meisten?
Reinhold Ewald: Jeder Tag ist anders, man lernt immer etwa Neues. Heute spreche ich mit Kindern, die ja vielleicht selbst mal Physik oder Technik studieren wollen, oder Raumfahrtingenieur werden. Morgen muss ich mich um ein Experiment kümmern, übermorgen ist es vielleicht ein technisches Problem bei der Raumstation.

Zisch: Wie viele Kilometer kann eine Rakete in einer Stunde fliegen?
Reinhold Ewald: 28 000 Kilometer. Einfacher ist es, sich das für eine Sekunde vorzustellen. Zack, solange dauert eine Sekunde. In jeder Sekunde fliegt eine Rakete siebeneinhalb Kilometer weit.

Zisch: Wie weit waren Sie von der Erde entfernt?
Reinhold Ewald: Ich war nur 400 Kilometer von der Erde weg. Das Weiteste aber, was ein Mensch von der Erde ins All zurückgelegt hat, das waren 400 000 Kilometer, nämlich zum Mond. Und es gibt Raumsonden, die fliegen jetzt schon außerhalb unseres Sonnensystems zu anderen Sternen.

Zisch: Wie schwer ist ein Raumanzug?
Reinhold Ewald: Auf der Erde wiegt er 80 kg. Er ist schwerer als man selbst. Deshalb übt man im Wasser, sich damit zu bewegen. Aber auch im All ist es körperlich sehr anstrengend, sich darin zu bewegen, man muss Krafttraining machen.

Zisch: Als sie 1997 zur Raumstation Mir flogen, waren sie vor dem Start der Rakete sicher aufgeregt. Wie schafften Sie es, trotzdem alles richtig zu machen?
Reinhold Ewald: Am Start war ich nicht allein. Ich schaute zu meinen beiden russischen Kollegen, mit denen ich lange trainiert hatte. Die wirkten ganz ruhig. Wir hatten ja jeden Schritt lange geübt, da konnten wir in diesem wichtigen Moment einfach unsere Arbeit tun. Keiner von uns wollte derjenige sein, an dem der Start scheitert. Vieles im Leben ist im Team einfacher.

Zisch: Wie lange bleiben die Astronauten auf der Raumstation?
Reinhold Ewald: Die Kollegen, die jetzt oben sind, bleiben ein halbes Jahr.

Zisch: Wie groß ist eine Raumstation?
Reinhold Ewald: Stellt euch ein Fußballfeld vor auf dem Erwachsene spielen, 80 mal 100 Meter groß. So viel Raum nimmt eine Raumstation ein. Die ISS, die internationale Raumstation wiegt dazu etwa 500 Tonnen.

Zisch: Was hat Ihnen an der Schwerelosigkeit am besten gefallen?
Reinhold Ewald: Mit einem winzigen Druck vom Finger stößt man sich ab und schon ist man in Bewegung. Bei der Schwerelosigkeit muss man lernen, sich nicht zu fest abzustoßen, sonst verletzt man sich. Das ist mir am Anfang passiert. Man braucht nur die große Zehe krumm zu machen und schon bewegt man sich wie ein Fisch im Wasser.

Zisch: Können Sie sich die Lebensmittel in den Mund fliegen lassen?
Reinhold Ewald: Mit einem Stück Käse geht das sogar ganz gut. Aber Astronauten essen auch mit Löffeln. Alles mit Sauce oder Gelee bleibt am Löffel kleben. Nur Wasser, Fruchtsaft oder Kaffee, lässt man nicht frei schweben, das trinkt man mit einer Art Strohhalm. Auf der Mir haben wir zum Wassertrinken aus Spaß auch die Spritzpistole eines Wasserschlauchs benutzt. Man muss nur gut zielen können, denn alles was daneben geht, fliegt herum und dann muss man lange sauber machen.

Zisch: Was macht der Astronaut eigentlich, wenn er mal muss?
Reinhold Ewald: Die Astronautentoilette funktioniert wie eine Art Staubsauger. Im Weltall fließt das Wasser wegen der Schwerelosigkeit nicht nach unten ab. Damit kein Tropfen daneben geht, ist die Toilette mit einem Absauggerät verbunden. Wird im Raumanzug außerhalb der Raumstation gearbeitet, trägt der Astronaut eine Windel. Aber er muss sie ja nicht benutzen!

Zisch: Wie duscht man denn im All?
Reinhold Ewald: Auf der Mir haben wir ausprobiert, wie das gehen könnte. Es gab eine Duschvorrichtung an der Decke mit einem dicken Plastiksack, den man herunterziehen konnte. Aber er war nicht dicht zu kriegen. Die russischen Kollegen haben dann einfach das Wasser abgedreht, die warme Luft aber angelassen und haben es als Sauna benutzt.

Zisch: Wie waschen sich die Astronauten dann?
Reinhold Ewald: Mit feuchten Tüchern. Fließendes Wasser gibt es nicht, denn die Wassertropfen würden überall frei herumschweben und den technischen Geräten schaden. Beim Zähne putzen kann man das Wasser auch nicht einfach ausspucken. Die Zahnpaste muss man runterschlucken.

Zisch: Wie oft waren Sie im All?
Reinhold Ewald: Ich war einmal im All, vor zwölf Jahren, das war für drei Wochen. In Europa haben wir kein eigenes Raumfahrzeug, insofern fliegen wir nur selten ins All.

Zisch: Warum gibt es nicht öfter Flüge ins All?
Reinhold Ewald: Es ist sehr energieaufwendig und teuer eine Rakete an den Start zu stellen. Man schmeißt von 40 Teilen einer Rakete 39 weg, nur ein Teil kommt ins All. Wenn man das mit dem Auto machen würde, dann würde keiner mehr Auto fahren. Insgesamt waren im All bisher etwa 450 Menschen und auf dem Mond sogar nur zwölf.

Zisch: Wer ist ihr Vorbild?
Reinhold Ewald: Ich war immer glücklich und zufrieden so wie ich war und hatte eigentlich nie ein Vorbild. Faszinierend finde ich Alexei Leonow. Der hat nicht nur in der Raumfahrt Tolles geleistet, sondern sich auch noch auf anderen Gebieten bewährt. Er hat gemalt und Kunst gemacht.

Zisch: Glauben Sie, dass es im All andere menschliche Lebewesen gibt, würden Sie gerne Außerirdische treffen?
Reinhold Ewald: Ich würde gerne Außerirdische treffen. Ich fände das spannend, mit denen mal so ein bisschen die Bundesligaspiele abzugleichen. Aber wir wissen nicht, ob es mit Sicherheit Außerirdische gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es die gibt, ist sehr groß, das Problem ist nur, dass der Weltraum auch sehr groß ist. Von einem Planeten zum anderen zu reisen und zu sagen "Hallo, da bin Ich – wer seid ihr", ist zeitlich und räumlich sehr unwahrscheinlich.

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