Informationsveranstaltung

Wie geht würdevolles Sterben? Das hat eine Expertenrunde im Offenburger Bonhoeffer-Haus diskutiert

Um das Thema "Mensch bleiben bis zum Schluss" ging es am Dienstag im Dietrich-Bonhoeffer-Haus Bohlsbach. Ergebnis: Unbedingt empfehlenswert zur Patientenverfügung ist auch eine Betreuungsvollmacht.  

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Silke Boschert  | Foto: Paul-Gerhardt-Werk /Diakonie
Silke Boschert Foto: Paul-Gerhardt-Werk /Diakonie

Mit dem Wachsen der medizinischen Möglichkeiten hat auch die Angst zugenommen, immer älter zu werden und trotz Patientenverfügung am Ende ein unwürdiges Leben führen zu müssen. Da erscheint die Möglichkeit des assistierten Suizids als Ausweg. Aber sowohl die Diakonie als auch die Deutsche Palliativvereinigung lassen das in ihren Einrichtungen nicht zu. Was alternativ möglich ist, war Thema des Abends. Im Gespräch solle ein Eindruck davon vermittelt werden, was in Situationen, die man sich nicht wünsche, doch noch getan werden könne, sagte Bezirksdiakonie-Pfarrer Andreas Bordne. Er moderierte die Veranstaltung, bei der Fachkräfte aus der Pflege aber auch Gäste zu Wort kamen.

Zum Auftakt schilderte Silke Boschert, Geschäftsführerin des Paul Gerhardt Werkes, den Fall einer 46-jährigen Patientin, genannt Olga, die an zunehmendem Muskelversagen litt und sich in der Endphase den Tod wünschte. Eine Sedierung habe ihr schließlich das Sterben erleichtert. "Wir geben Medikamente, um die Symptome zu lindern, und nehmen dann auch ein vorzeitiges Sterben in Kauf, aber wir beschleunigen den Tod nicht", stellte Oliver Herrmann, Palliativmediziner, dazu klar. Dahinter stehe die Überzeugung, dass der Tod nicht verfügbar sein darf. "Mensch bleiben bis zum Schluss", bedeute, den Sterbenden mit seinen Bedürfnissen, Wünschen, mit seiner Biografie zu achten bis zum letzten Atemzug. "Wir sehen ihn als wertvollen Menschen und nicht als Objekt oder als jemand, der sagt, ich möchte niemandem zur Last fallen", so der Mediziner. Seelsorgerliche Gespräche am Krankenbett, auch der Austausch mit Angehörigen, Ärzten und Pflegepersonal gehören zum Auftrag von Birgit Proske. Sie begleitet als Sterbe- und Trauerbegleiterin Menschen im Paul-Gerhardt-Werk. Wie bei allen Häusern der Diakonie stünden auch im Dietrich-Bonhoeffer-Haus die individuellen Bedürfnisse im Mittelpunkt.

Als Langzeitpflegeeinrichtung mit internem Palliativteam gebe es im Dietrich- Bonhoeffer-Haus eine Abschiedskultur, erklärte Christine Schnepp, Krankenschwester und Palliativ-Fachkraft. Die vielfältigen Wünsche der Bewohner würden respektiert, man achte etwa darauf, ob sie Schmerzen haben oder vielleicht einsam sind, und sei bestrebt, ihnen die Symptome zu nehmen und etwas Lebensqualität zu geben. "Wenn jemand sagt, ich möchte nicht mehr ins Krankenhaus, kann er im vertrauten Bett seine letzte Reise antreten. Aber auch der Bewohner, der sagt, ich möchte bis zum Schluss, dass alles gemacht wird, wird respektiert", so Schnepp. Das Palliativ-Team wies eindringlich auf die Notwendigkeit von Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht hin. "Eine Patientenverfügung ist unwirksam, Sie brauchen jemand, der sie für Sie durchsetzt", warnte Oliver Herrmann. Jeder ab 18 sollte soll sich darum kümmern und sich unbedingt dabei beraten lassen – kostenlos möglich etwa beim Seniorenbüro oder beim Hospizverein. Er verlas zum Schluss eine fiktive Ergänzung zu seiner persönlichen Patientenverfügung. Sie richtet sich an Pflegepersonal und Arztkollegen und drückt humorig den vermutlich letzten Wunsch vieler Menschen aus, beim Sterben in guten Händen zu sein: "Überlegen Sie, was mir guttun könnte, hören Sie auf Ihren Verstand, wie auf Ihr Bauchgefühl und machen Sie das Beste daraus. Sollte jemand auf die aberwitzige Idee kommen mir an meinem Sterbebett die Hand mit den Worten zu tätscheln – Sie können jetzt ruhig gehen – oder loslassen – schmeißen Sie ihn bitte raus."

Schlagworte: Oliver Herrmann, Christine Schnepp, Birgit Proske
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