"Wir rappen ehrlich und weil wir's lieben"
JUZ-INTERVIEW mit der erfolgreichen Chemnitzer HipHop-Formation Tefla & Jaleel, die bei der diesjährigen Regio-Jam in Neuenburg zu Gast sein wird.
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Seit 1996 gibt es die Regio-Jam in Neuenburg und seit 1996 gibt es auch die Chemnitzer HipHop-Formation Tefla & Jaleel. Am Freitag, 22. Juni, spielen T & J bei der Regio-Jam. Für die JuZ unterhielt sich Jennifer Karger mit Tefla über Rap und Rassismus.
Tefla: Sie ist nicht unüberschaubar groß. Aber Chemnitz ist schon länger für seine HipHop-Szene bekannt. Zumindest was so Konzerte angeht. Und es gab auch ziemlich fähige Leute, die probiert haben, irgendwas auf die Beine zu stellen.
JuZ: Stieß eure HipHop-Szene auf sehr krasse Gegensätze? Also auf Rechte?
Tefla: Man darf Ostdeutschland nicht immer so pauschalisieren, dass es jetzt überall im Osten nur Nazis gibt, oder so. In den ländlichen Gegenden sind die Unterschiede schon wieder sehr krass zu spüren. Chemnitz ist für den Osten aber 'ne relativ große Stadt und da gab es diese Probleme vor allem so um 1992. Es gab 'ne HipHop-Szene und es gab auch Rechtsradikale und natürlich jede Menge Probleme damit. Es gibt hier halt wenig Ausländer, also hat sich diese Aggression gegen andere Gruppierungen gerichtet, und das waren halt die Linken, die HipHopper, die Punks und so.
JuZ: Es gibt ja nicht besonders viele erfolgreiche Rapper aus den neuen Bundesländern. Woran liegt das?
Tefla: An der fehlenden Infrastruktur. Also allgemein was Musik betrifft, du hast ja auch sonst keine sonderlich bekannten Bands aus Ostdeutschland. Rammstein fällt mir ein, die Prinzen und dieser Typ, der da letztens dieses beschissene "Bei uns im Osten ist alles besser"-Lied hatte. Sonst hat es niemand geschafft, mal ein bisschen größer rauszukommen aus Ostdeutschland. Bei uns gibt es nicht so die Medienstädte. Hier gibt's ja nie jemanden, der 'nen Freund hat, dessen Cousin bei Viva arbeitet zum Beispiel. In Köln wäre das anders. Für uns als ostdeutsche Gruppe war es deshalb schwerer, uns überhaupt irgendwie mal 'nem größeren Publikum zu stellen und auch mal in Westdeutschland aufzutreten. Und dann gibt es auch keine Plattenindustrie in Ostdeutschland und nix, wo du mal 'n Demotape hinschicken kannst.
JuZ: Warum sollte man euer neues Album "Interview" kaufen? Überzeug uns mal.
Tefla: Ich würde niemanden dazu anheizen. Wir haben einfach das Album gemacht, das wir machen wollten. Es ist sehr persönlich. Und wenn jemand da draußen diesen Musikgeschmack teilt, dann freuen wir uns, wenn er's kauft. Ich sage nicht, ey, das ist das dopeste Album! Isses vielleicht gar nicht. Wir haben das Album gemacht, das für uns zu dem Zeitpunkt am besten gewesen ist.
JuZ: Wie viel tragen die Features auf eurem Album zum Erfolg der Platte bei?
Tefla: Eigentlich wollten wir weniger Features machen. Ist ja ganz logisch, 'n Fremder kann natürlich nicht unbedingt so 'n Beitrag zu unserem Leben abliefern. Deswegen haben wir auch die beiden Solo-Tracks drauf, wo jeder von uns über sich erzählt. Features sind für den Erfolg der Platte nicht wichtig.
JuZ: Ist euer Leben "privilegiert"?
Tefla: Wir haben angefangen zu rappen, weil wir's lieben und weil wir so viel Geld rein investiert haben, wie wir wahrscheinlich nie verdienen werden. Die Wenigsten wissen wie krass am Boden die Plattenindustrie ist und dass mittlerweile so wenig Platten verkauft werden, dass es fast schon unrentable ist. Keine Ahnung, warum man noch versucht, in dieser Branche was zu machen. Wir machen es aus Idealismus und ich denke, das sollten viel mehr Leute sehen. Damit sie sich die Scheiße nicht aus dem Internet ziehen, sondern sie kaufen. Nur das unterstützt deine Szene.
JuZ: Der Titel "I.H.R." - für was steht der?
Tefla: Intoleranz, Hass und Rassismus. Die drei Sachen stecken auf 'ne Art in jedem, auch in dir und mir, in allen. Auch ohne dass sie Nazis sind oder rechtsradikal oder dass sie was gegen andere Hautfarben haben, trotzdem sagen die dann: Ja, die Türken sind alles Messerstecher.
JuZ: Mit dem Jamaikaner Kiprich habt ihr 'nen Dancehall-angehauchten Track auf dem Album. Reitet ihr auf 'ner Modewelle?
Tefla: Ich hab auch früher Boot-, Camp-, Clique-Sachen angehört, zum Beispiel Heltah Skeltah. Oder Bushbabies, die auch viel Reggae-Einflüsse hatten, die Musik hat mir schon immer gefallen. Das hat nichts mit 'ner Modewelle zu tun.
JuZ: In einem Track sagt ihr, HipHop läge krank im "Pflegeheim". Warum?
Tefla: Da geht's mehr um unser Umfeld hier in Chemnitz, nicht um die HipHop-Szene in der ganzen Bundesrepublik, sondern um persönliche Erfahrungen. Leute, die früher gesprüht haben und mit denen du unterwegs warst, die dann irgendwann mal House gehört haben. . .
JuZ: Was sind eure Ziele?
Tefla: Einfach ehrliche Musik zu machen, also Musik, die aus unserem Herzen kommt.
JuZ: 1999 ward ihr mit Dynamite Deluxe das erste Mal auf der "Regio- Jam". Was war daran irgendwie besonders?
Tefla: Damals hatten wir nur 'n Demotape draußen und keiner kannte unsere Musik und trotzdem haben die Leute mitgemacht. Auf jeden Fall haben wir doch sehr viel Liebe abbekommen von den Leuten und das freut uns und deshalb kommen wir jetzt auch gerne wieder zurück.
JuZ: Was wäre für euch wie der Oscar für einen Schauspieler?
Tefla: So große Erwartungen haben wir gar nicht. Uns ist es genug, wenn die Leute, die unser Album gehört haben, uns mailen oder zu uns sagen: "Hey, is' 'n cooles Album, das gefällt uns." Da zählt jeder einzelne.
JuZ: Habt ihr irgendwelche Vorbilder?
Tefla: Ich hab ja vorhin schon 'n paar Gruppen genannt, die mir viel gegeben haben. Und dann gibt's noch Redman, der ist 'n supergeiler Rapper, oder Jay-Z. Ob das jetzt Vorbilder sind, das will ich jetzt nicht so sagen, aber es sind Leute, deren Musik wir sehr mögen.
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