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Nach Kot-Fund

Wo überquerte Hannibal die Alpen?

  • dpa

  • Di, 03. Mai 2016
    Panorama

Nach dem Fund antiker Kotreste glauben kanadische Forscher nun eine Antwort gefunden zu haben.

NEW YORK (dpa). Wohl kaum ein antiker Kriegsschachzug fasziniert die Menschheit heute noch so wie Hannibals Alpen-Überquerung. Mit mehreren Tausend Soldaten und Pferden sowie 37 Elefanten soll der Feldherr um 218 vor Christus ins heutige Italien marschiert sein. Dort kämpfte der karthagische Heerführer mehrere Jahre gegen Rom und musste sich am Ende geschlagen geben. Seine Alpen-Überquerung aber gilt bis heute als logistische und taktische Meisterleistung, die Wissenschaftler begeistert – und verwirrt. Denn wo genau Hannibals Tross langzog, ist auch nach mehr als 2000 Jahren immer noch nicht geklärt.

Ein Team von Forschern rund um den Geologen Bill Mahaney von der kanadischen York Universität in Toronto behauptet, eine Lösung des Rätsels gefunden zu haben. Das Ergebnis: Hannibal kam demnach wohl über den Col de la Traversette. Dieser fast 3000 Meter hoch gelegene Pass liegt an der französisch-italienischen Grenze, südöstlich von Grenoble und südwestlich von Turin.

An einem kleinen See am Rand des Alpen-Passes fanden die Forscher eine große Menge uralter Kotreste, möglicherweise von Pferden, die sie auf etwa 200 vor Christus datieren konnten. "Das ist eine der wenigen Stellen in der Gegend, die zum Tränken großer Tiergruppen benutzt werden konnte", schreibt Forscher Allen. "Sie wurde ursprünglich bei geologischen Expeditionen in die Gegend entdeckt und entspricht Beschreibungen von dem Terrain, durch das Hannibal zog."

Diese Beschreibungen stammen hauptsächlich von den Geschichtsschreibern Polybios und Titus Livius, die selbst nicht Teil von Hannibals Tross waren, aber wohl mit Augenzeugen oder deren Nachfahren gesprochen hatten. Auf Basis dieser Quellen hatten Wissenschaftler bislang zu drei Routen tendiert: Neben dem Col de Traversette waren das der französische Col de Montgenèvre und der Col de Clapier zwischen Frankreich und Italien.

Der Col de Clapier war bislang der Favorit der Wissenschaftler, da er ziemlich genau auf die Beschreibungen von Titus Livius zu passen schien. Forscher hatten den Pass auch schon mit Elefanten überquert – erfolgreich. Archäologische Beweise waren aber bislang ausgeblieben.

"Möglicherweise waren die Berichte von Titus Livius eher Fiktion als Fakt", schreibt Forscher Allen, der jetzt den Col de Traversette als Route Hannibals ausgemacht haben will. "Warum Hannibal die schwierigere Traversette-Überquerung ausgewählt hat? Darüber können wir im Moment nur spekulieren."

Abgeschlossen sei der Beweis der Forscher noch nicht, warnt Allen. Erst mit genauerer Gen-Analyse des antiken Kots könne nachgewiesen werden, dass er wirklich von Pferden oder Menschen stamme. Das könne dauern.

Trotzdem sorgt die im Fachmagazin Archaeometry veröffentlichte Studie in der Wissenschaftswelt für Wirbel. "Wenn die Beweise in der Studie wirklich auf das dritte Jahrhundert vor Christus zurückzuführen sind, dann sind das fantastische Nachrichten, die die Diskussion aus dem Hypothetischen ins Nachgewiesene heben", sagt die Archäologin und Hannibal-Expertin Eve McDonald.

Ressort: Panorama

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